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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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Egolf-Geschichte war sehr frech, aber übrigens auch sehr gut.“
    „Gut genug, um mich damit bei der Geschäftsführung auflaufen zu lassen.“
    „Das war eine andere Sache. Aber das ist vorbei, ich will das jetzt nicht aufgreifen. Wie Sie von Herrn Crähenberger gehört haben, sind Sie künftig mir unterstellt, nicht mehr dem Herrn Wonschack. Ich will Ihnen nur sagen, dass ich mich nicht mit einer beleidigten Leberwurst herumärgern will. Wenn Sie bereit sind, das Gewesene zu vergessen und gut mit mir zusammenzuarbeiten, werden wir auch gut miteinander auskommen. Sind Sie dazu bereit?“
    „Ich will mich auch nicht dauernd ärgern müssen“, wich er aus.
    „Schön, dann auf eine gute Zusammenarbeit, Lothar.“
    Sie stand auf und bot ihm ihre Hand an.
     
    „Sie können mich Liane nennen.“
    Er schlug ein, ohne diesem seltsamen neuen Frieden zu trauen. Sie Liane nennen – das gab’s doch wohl nicht! Ihre Hand fühlte sich rau an, eiskalt und ein wenig feucht. Er war froh, gleich wieder loslassen zu können.
    „Ich habe da übrigens schon was für Sie zu tun. Ich weiß, dass Sie für Polizeimeldungen nicht allzu viel übrig haben, aber die da könnte auch Ihnen Spaß machen. Danke einstweilen, Lothar.“
    Sie reichte ihm ein Blatt Papier, und er verließ damit ihr Büro. Das war wirklich mal ein Polizeibericht, der eine Nachfrage wert war: Leichenfund im Stadtwäldchen!
    Für den Rest des Tages war er so beschäftigt, dass er gar nicht dazu kam, sich wegen seiner neuen Handlangerfunktion leid zu tun. Ein etwa 40jähriger Mann war am frühen Morgen von einem Jogger mit dem Gesicht nach unten in einem Bach-Nebenlauf des Stadtwäldchens gefunden worden, mit nacktem Oberkörper und nur einem Schuh. Nach momentanem Stand der Ermittlungen handelte es sich um Selbstmord, aber Mord war nicht auszuschließen, der Mann war noch nicht mal identifiziert.
    Als er mit seinem Artikel fertig war, klopfte er damit bei Liane Czibull an. Die zeigte sich sehr zufrieden und blieb konstant zuvorkommend, gab die Geschichte zur Veröffentlichung als Aufmacher auf Seite 1 frei und entließ ihn in den Feierabend. Das holte ihn aus seiner spannenden Story zurück in seine eigene Wirklichkeit. Er fieberte nicht mehr dem nächsten Tag und damit einer Antwort auf die Frage entgegen, was wohl bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung herauskommen würde, sondern litt sich in seine Degradierung hinein: Auf einmal war er nicht nur vom Titel her wieder ein gewöhnlicher Redakteur, er musste sich gar behandeln lassen wie ein Praktikant, hatte keinerlei Entscheidungsbefugnisse mehr, war dieser Frau ausgeliefert, und die konnte noch so freundlich tun, er traute ihr nicht über den Weg.
    Aber das war nicht mal das Schlimmste, am meisten Kopfzerbrechen machte ihm: Er würde künftig monatlich mindestens netto 500 Euro weniger in der Tasche haben. Nicht, dass er sich deswegen hätte einschränken müssen, aber nun konnte er weniger sparen, und damit würde es noch länger dauern, bis er endlich genug auf dem Konto haben würde, um sich vorzeitig aus dem ungeliebten Beruf verabschieden zu können.
    Lothar Sahm hockte sich in einen Sessel und starrte durch die Terrassentür in seinen Garten hinaus, von dem in dieser finsteren Nacht nicht mehr als die Fichte im Vordergrund zu erkennen war. Eine Weile saß er da leeren Kopfes, dann klingelte das Telefon.
    „Ellen hier, hi!“
    Heftiges Geschirrklappern und laute Stimmen waren im Hintergrund zu hören.
    „Seid doch mal ein bisschen ruhiger, Mensch!“, rief Ellen, vom Hörer abgewandt, dann wieder zu ihm: „Tschuldigung, stör ich?“
    „Nein, nein. Was ist denn das für ein Krach?“
    „Ich bin in der Gemeinschaftsküche. Hier hat’s das einzige öffentliche Telefon auf dem Campingplatz, das funktioniert. Was ich fragen wollte...“
    „Ja?“
    „Du, also, es hat sich immer noch niemand gemeldet. Könntest du morgen noch mal einen Aufruf bringen, du weißt schon, wegen der Kanada-Reise?“
    „Würde ich schon, aber ich kann es nicht versprechen.“
    „Ich bring dir auch noch ein Stück Kuchen. Mit viel Sahne.“
    Er musste lächeln.
    „Auch wenn du mir ne ganze Torte bringst, ich kann das nicht mehr entscheiden. Weißt du...“
    Eigentlich ging sie das überhaupt nichts an, aber er hatte niemanden, mit dem er über diesen Tag sprechen konnte. Und ihm war so zum Reden zumute.
    „Weißt du, ich bin nicht mehr verantwortlich, ich darf gar nichts mehr entscheiden, die haben mich

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