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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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»Wen?«
    »Na, den Regisseur. Jakob Singer.«
    »Äh, nein, noch nicht.«
    »Muss dir nicht peinlich sein. Kommt gerade erst von der Filmhochschule in Ludwigsburg. Ich hab in seinem Abschlussfilm mitgespielt.«
    Paula bemüht sich, unauffällig etwas von Lindas Zigarettenrauch einzuatmen.
    »Der Film lief nur auf zwei kleinen Festivals«, sagt Linda. »Aber mit ›Brainstorm‹ kommt Jakob groß raus. Darauf wette ich!«
    »›Brainstorm‹?«
    »Der Film, wegen dem wir hier sind.«
    Paula hustet. »Ja, natürlich«, sagt sie. »Entschuldige, meine Agentin hat mich erst heute wegen des Castings angerufen.«
    »Heute erst?« Linda schaut zur Seite und winkt. Ein blonder desorientiert wirkender Mann mit Hornbrille kommt aus dem Studio, in dem die Probeaufnahmen stattfinden. Er lächelt und winkt zurück.
    »Andy Warhol gehört also auch zum Team?«, fragt Paula.
    »Was?« Linda versteht den Witz nicht.
    Und Paula selbst findet ihn nicht lustig genug, um ihn zu erklären. Sie fragt sich, wovon ein Film mit dem Titel »Brainstorm« handeln mag. Vorhin am Telefon hat sie in ihrer Aufregung vergessen, Franziska danach zu fragen.
    »Wegen des Spots …«, sagt Linda und beißt sich auf die Unterlippe. »Glaub bitte nicht, dass ich dir deshalb böse bin.«
    Natürlich bist du das nicht, denkt Paula. Wen von uns beiden feiert das Feuilleton denn seit Wochen? Nach der Premiere von »Anna Karenina« hat Paula in der Süddeutschen Zeitung eine Kritik gelesen. Darin heißt es, das Stück werde durch Linda Pasek in der Titelrolle erst zu »wahrhaft großer Kunst«. Definiert hat der Kritiker diesen Begriff nicht. Aber im Fernsehen lief zwei Wochen später ein fast zehnminütiges Porträt von Linda. Der Beitrag hat den Eindruck erweckt, Linda Pasek habe die Schauspielerei neu erfunden. Auch Vico ist in dem Porträt zu Wort gekommen und hat voller Begeisterung von Linda gesprochen. Zu Paula hat er später gesagt, er sei dem Fernsehjournalisten etwas schuldig gewesen.
    »Schön, dass … du das sagst«, entgegnet Paula. Dabei befiehlt sie ihrem Gesicht zu lächeln. Und fragt sich, warum man ihr beim Geschirrspülen mehr Kompetenz zuschreibt als Linda.
    Die drückt nun ihre Zigarette auf dem Fußboden aus. Ehe Paula etwas dagegen unternehmen kann, küsst Linda sie auf die Wange.
    » The show must go on , oder?«, sagt Linda und wendet sich einer anderen Kollegin zu.
    Das Casting findet in einer ehemaligen Fabrik in Mülheim statt. Film- und Fernsehproduktionsfirmen, Werbeagenturen und Unternehmensberatungen haben sich in den Backsteingebäuden breitgemacht. Davon profitieren vor allem die Mülheimer Imbissbuden. Paula will gerade mit einer Improvisation beginnen, als jemand die Tür des Studios öffnet. Der Blonde mit der Hornbrille, den Linda Pasek vorhin nicht als Andy-Warhol-Double erkannt hat, kommt herein. Er bringt dem Team in Alufolie gewickelte Dönertaschen und Pommesschalen. Paula zögert kurz. Doch Jakob Singer fordert sie mit einer flüchtigen Handbewegung zum Weiterspielen auf.
    Zum Knistern der Alufolie wehrt sie sich gegen die Annäherungsversuche eines jüngeren Kollegen. Er soll sie provozieren. Solche Aufgaben hat Paula zuletzt vor fünfzehn Jahren auf der Schauspielschule bekommen. Sie bricht die Improvisation ab. Ob sie nicht eine Stelle aus dem Drehbuch spielen dürfe, fragt sie.
    »So arbeite ich grundsätzlich nicht«, antwortet Singer kauend. Mit einer Papierserviette wischt er sich Ketchup aus dem Mundwinkel.
    Paula protestiert nicht weiter. Stattdessen quält sie sich durch eine weitere Improvisation. Sie soll ihrem Anspielpartner erklären, warum ihre Beziehung keine Zukunft habe. Dabei darf sie jedoch keine anderen Wörter benutzen als die Namen von Obst und Gemüse.
    »Aubergine …«, beginnt sie den Dialog und sieht ihrem Kollegen traurig in die Augen. »Zwiebel, Mais … Rucola.«
    Er tritt einen Schritt näher und ergreift ihre Hände. Flehend fragt er: »Melone?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Steckrübe.«
    Erstaunt nimmt Paula im Augenwinkel wahr, dass der Kameramann diese Szene tatsächlich aufnimmt. Wenn das auf YouTube landet, denkt sie, ist meine Karriere endgültig im Eimer.
    Zehn weitere Minuten lang arbeiten sie sich durch die Obst-und-Gemüse-Abteilung. Dann lässt Singer sie endlich gehen, ohne auch nur mit einem Wort ihre Darstellung zu kommentieren. Wovon »Brainstorm« handeln soll, weiß sie noch immer nicht.
    Zu Hause auf ihrem Balkon, den Lärm der Zoobrücke in den Ohren, ärgert

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