König 02 - Königsmacher
gewöhnt zu warten. Daran gewöhnt zu lachen. Und sie hatte sich an seine Gesellschaft gewöhnt. Also war ihr das Warten nicht länger wie Warten vorgekommen. Stattdessen hat es sich irgendwann angefühlt wie Glück.
Jetzt war das Warten endlich vorüber, und sie konnte sich nur noch nach der Stille sehnen und nach den Nächten, die frei gewesen waren von Träumen. Denn nach dem Traum, aus dem sie schreiend in der Dunkelheit erwacht war, hatte sich ein neues Wissen in sie eingebrannt. Das Begreifen, dass
dies
die Letzten Tage waren, die in Chaos münden würden. Das letzte Jahr hatte einer Art Fruchtreife gegolten, und nun stand die blutige Geburt bevor. Das Wissen lastete auf ihren Schultern wie eine mitternächtliche Krähe, die ihre Ängste und Vorhersagen in die dunklen, geheimen Nischen ihres Geistes schrie, wo es kein Verstecken gab, kein Vergessen, keinen Aufschub der Sorgen.
Aber sie zwang sich, sich ihre Erschöpfung und Furcht nicht anmerken zu lassen, während sie in Knoblauch geröstete Nüsse aß und darauf wartete, dass Matt mit einem frischen Becher Bier zurückkehrte. Noch immer eingekeilt in der lärmenden Menge, drehte er sich zu ihr um und lächelte ihr mit einem Schulterzucken entschuldigend zu. Sie lächelte zurück, aber es kostete sie große Anstrengung. Dann endete die fröhliche Melodie des Orchesters, und als an ihre Stelle ein süßes, langsames Klagelied trat, schlossen sich kraftvolle Finger um ihr Handgelenk.
»Das ist mein Lieblingsstück«, erklärte Asher, dessen Atem sie am Ohr kitzelte und in die widerspenstigen Locken blies, die sich aus der Enge ihres praktischen Zopfes befreit hatten. »Tanz mit mir, Dathne.«
Sie hatte ihn nicht hereinkommen sehen. Bevor sie protestieren oder ihn ablenken konnte, hatte er sie auch schon in die wogende Masse von Leibern auf der winzigen Tanzfläche der Gans gezogen. Er hielt sie locker umfangen und zog sie an sich. Sein Geruch war überall um sie herum, sauber und männlich und leicht von Pferd getönt, und es war falsch, so falsch, er war nicht ihr bestimmt, konnte ihr nicht bestimmt sein, ihr war niemand bestimmt. Sie war für andere Dinge erwählt worden, genau wie er…
Dennoch bettete sie den Kopf an seine breite Brust und überließ sich für einen Refrain und einen halben Vers der Musik. Er umfasste sie fester, und zum ersten Mal seit langer Zeit - zum ersten Mal überhaupt - fühlte sie sich sicher. Geborgen.
Närrin!,
schrie eine innere Stimme, und der wunderbare Augenblick war Vergangenheit.
Sie trat zurück, bis wieder ein geziemender Abstand zwischen ihnen herrschte. Dann sagte sie unbefangen und strahlend in dem gleichen neckischen Tonfall, den sie ihm gegenüber seit ihrer ersten Begegnung auf dem lärmenden Marktplatz angeschlagen hatte: »Du mischst dich also wieder einmal unter das gemeine Volk. Soll ich mich geehrt fühlen, oder soll ich vor Überraschung einfach lang hinschlagen?«
Er runzelte die Stirn. »Haha. Ich habe eine ganze Woche lang in diesem verdammten Türm festgesessen. Ich habe mich um all die Kleinigkeiten gekümmert, die Gar vergessen hat, weil die Decke womöglich eingestürzt wäre, wenn er nicht irgendeine dämliche Geschichte fertig übersetzt hätte.« »Oh, hm«, sagte sie. »Er hat sich Sorgen um seinen Vater gemacht.« Genau wie sie, genau wie Veira. Bei der Erinnerung an ihre Furcht fragte sie: »Geht es Seiner Majestät wirklich besser?«
Asher nickte und zog sie verstohlen wieder an sich. »O ja. Zumindest schien es ihm recht gut zu gehen, als ich heute Morgen mit ihm gesprochen habe. Er ist müde, aber auf dem Wege der Genesung, genau wie Nix es gesagt hat.«
»Du hast mit dem König gesprochen? Heute Morgen?« Sie sah ihn mit großen Augen an. »In seinem Schlafgemach?« Und dann wurden ihre Augen noch ein wenig größer, als sich ein Schatten über seine Züge legte. »Stimmt etwas nicht? Was wollte er von dir?«
Er nagte einen Moment lang auf seiner Unterlippe, dann antwortete er zögernd: »Gar wird an die Küste reisen, nach Westjammer. Das Fest der Meeresernte steht bevor, und da der König noch immer zu krank ist, um dort zu singen, wird Gar hingehen. Ich begleite ihn. Wir brechen in drei Tagen auf.«
»Oh, ich verstehe. Nun, das klingt sehr aufregend. Ich freue mich schon darauf, mir alles erzählen zu lassen, wenn du wieder da bist.«
»Die Sache ist die…«, sagte Asher nach einem weiteren Augenblick des Schweigens. »Ich komme nicht zurück.«
Es waren zu viele Menschen auf
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