König 02 - Königsmacher
der Tanzfläche. Alle Luft war aus dem verräucherten Raum hinausgesaugt worden. Während sie von allen Seiten bedrängt wurde, stand sie da, und er hielt sie immer noch - jetzt mit Abstand im Arm und blickte auf sie hinab. Furcht, Erregung und eine Art törichter Tapferkeit strahlten ihr aus seinen Zügen entgegen.
»Wie bitte?« Sie hätte ihre eigene Stimme um ein Haar nicht erkannt, so atemlos und unsicher klang sie.
»Was
hast du gesagt?«
»Ich werde Dorana verlassen. Und nach Restharven zurückkehren. Vielleicht werde ich dort bleiben, vielleicht werde ich in eins der anderen Fischerdörfer ziehen. Das hängt von Pa ab. Und von meinen Brüdern. Aber…«
»Weiß der Prinz davon?«, fragte sie ein wenig schrill, eine Spur zänkisch. Ganz ruhig, ermahnte sie ihr vernünftigeres Ich aus großer Ferne. Aber Ruhe war nirgends zu finden.
Asher zuckte unbehaglich die Achseln. »Noch nicht.«
Sie starrte ihn an. »Du hast es ihm
nicht
gesagt?«
Zumindest hatte er den Anstand, beschämt zu wirken. »Ich hatte es vor. Jetzt hat der König mich gebeten, es nicht zu tun. Aber Gar hat immer gewusst, dass ich auf keinen Fall länger als ein Jahr in der Stadt bleiben würde.«
»Ich habe es nicht gewusst. Du hast es mir nie erzählt.«
Er verzog das Gesicht. »Ich fand, dass es alles in allem einfacher wäre, wenn ich das für mich behielt. Niemand außer Gar brauchte davon zu wissen.«
Sie hätte ihn am liebsten geschlagen. Hätte am liebsten geschrien:
Ich musste es wissen.
Stattdessen sagte sie: »Und wenn er es verbietet, kannst du nicht fortgehen?«
»Das wird er nicht tun. Ich habe sein Wort. Ich kann gehen, wann immer ich will.«
»Und jetzt willst du gehen.« In ihrer Brust war plötzlich ein Schmerz wie von glühenden Kohlen. »Ich kann nicht glauben, dass du es mir nie erzählt hast. Ich dachte, wir wären Freunde.«
»Das sind wir auch«, erwiderte Asher unglücklich. »Du und Matt, ihr seid die besten Freunde, die ich je hatte. Und Gar natürlich.«
Sie reckte das Kinn vor. »Und so behandelst du uns?«
»Sei nicht wütend, Dathne…« Asher strich ihr mit den Fingerspitzen über die Wange.
Sie fasste ihn unsanft am Arm und zerrte ihn, ohne auf das Gelächter und die Pfiffe zu achten, durch die tanzenden und zechenden Menschen nach draußen auf die verlassene Straße, die im goldenen Licht von den fernen, magiegetränkten Bergen leuchtete. Barls Mauer, die den nächtlichen Himmel beherrschte, erhob sich mühelos über das Land und verlor sich zwischen den Sternen.
»Du darfst nicht fortgehen«, sagte sie scharf. »Gar braucht dich.«
Er entzog ihr seinen Arm. »Mein Pa braucht mich mehr.«
Sie atmete tief durch, um sich ein wenig zu fassen. Man musste vorsichtig zu Werke gehen, immer vorsichtig, das war der Schlüssel zu Ashers Wesen. Aus vielen Gründen. Also beschwichtigte sie ihr angstvolles Herz, schlug einen weichen Tonfall an und sagte schmeichelnd: »Dessen kannst du dir nicht sicher sein. Aber selbst wenn es der Wahrheit entspräche, dein Vater hat andere Söhne. Gar hat nur dich allein. Wie wird er zurechtkommen, wenn du gehst? Du bist seine starke rechte Hand, Asher. Der wichtigste Olk im ganzen Königreich. Wenn du dir Sorgen um deinen Vater machst, lass ihn herbringen. Du kannst dich auch hier um ihn kümmern.«
Asher schüttelte den Kopf. »Er würde das Leben hier fernab vom Meer schrecklich finden. All das trockene Land, keine salzige Luft, keine wilden Wellen. Es würde ihn umbringen.«
»Du kannst nicht einfach fortgehen!«
»Warte es ab«, erwiderte Asher, die Brauen zusammengezogen, die Kiefermuskeln gespannt.
Sie trat einen Schritt auf ihn zu und legte ihm ihre Hände flach auf die Brust. »Bitte, geh nicht.«
Er blickte auf sie hinab, und sein breites, wettergegerbtes Gesicht war umwölkt von Kummer. Er öffnete den Mund, und sie konnte die Zurückweisung in ihm sehen, mit der er halsstarrig und unwissend ihrer aller Verderben heraufbeschwor… Und dann schaute er auf ihre Hände hinab, und seine Miene hellte sich auf. Plötzlich war Hoffnung in ihm und Staunen und eine Art angstvollen Glücks.
»Komm mit mir«, entgegnete er und legte seine Hände auf ihre.
Lärm und Licht quollen durch die offenen Türen und Fenster der Schänke. Seine Hände waren warm, die Haut schwielig, arbeitende Hände, Männerhände. Bei seiner unerwarteten Berührung überlief sie eine Gänsehaut, und sie schauderte, als die winzigen Härchen in ihrem Nacken sich aufstellten und die Feuer
Weitere Kostenlose Bücher