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König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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schwelende Last drückte sie nieder, presste ihr die Luft aus den Lungen und erstickte den Puls in ihren Adern. Und darin eine hasserfüllte Intelligenz: bösartig, unersättlich und unendlich geduldig wie eine Kröte, die am Boden hockte. Die wachte. Die wartete.
    Um Atem ringend riss Dathne sich los. Die Anstrengung war so groß, dass sie rückwärts die Treppe hinunterrutschte, bis sie der Länge nach und mit blauen Flecken auf dem Boden des Werkraums der Buchhandlung landete. Kopf und Herz hämmerten ihr, während sie den abgetretenen, blauen Teppich dicht vor ihren Augen anstarrte. Sie mühte sich, zu atmen, zu vergessen, sich zu erinnern. Sie fühlte sich besudelt, als seien ihre Haut und ihre Seele befleckt worden von dem unaussprechlichen Unrat des Bösen.
    Als ihr Herzschlag und ihre Atmung sich endlich verlangsamten, richtete sie sich auf und strich sich schweißnasse Haarsträhnen aus den Augen.
    »Nun«, sagte sie laut. Sie musste ihre Stimme hören. Irgendeine Stimme. Selbst eine dünne und verängstigte. »Man sagt tatsächlich, dass man vorsichtig mit dem sein solle, was man sich wünscht…« Raues Gelächter schüttelte sie und drohte in Schluchzen überzugehen. Sie presste sich die Hand auf den Mund. Sie hatte immer gewusst, dass das Ende schrecklich sein würde. Seit Jahren hatte sie immer wieder Bruchstücke dieser Vision gesehen. Hatte lückenhafte Bilder empfangen, die so schlimm waren, dass sie mitten in der Nacht schweißnass aufgewacht war. Das Wissen um ihre mögliche Zukunft, die ultimative Kulmination der Letzten Tage hatte sie verfolgt wie ein Schatten, sichtbar nur aus dem Augenwinkel. Aber jetzt kannte sie den Geschmack, das Geräusch und den Geruch dessen, was sie und die anderen zu verhindern trachteten. Sie wusste genau,
wie
schrecklich Lurs Tod sein würde, wusste es bis auf den letzten Blutstropfen und den letzten verklingenden Schrei. Die Furcht vor diesem Schicksal war gnadenlos: Eine Schlange, die sich in ihrem Bauch zusammengerollt hatte und darauf wartete zuzuschlagen.
Kalt
hatte Matt sie genannt.
    Er verstand nicht, und sie konnte es ihm niemals erklären. Es gab nur eine Möglichkeit, diese Schlange zu besiegen. Man musste die Tränen gefrieren lassen, die bei jedem Gedanken daran drohten, was ihnen bevorstand, wenn sie in ihrer Pflicht als Jervals Erbin scheiterte.
    Sie musste ihr Herz gefrieren.
    Keuchend schloss sie die Augen. Ein Fehler. Bilder von Tod und Zerstörung flammten auf. Der Magen krampfte sich ihr zusammen. Saurer Speichel flutete ihr in den Mund. Sie erhob sich taumelnd, stolperte die Treppe hinauf zu ihrem winzigen Abort und leerte ihren von Krämpfen geschüttelten Magen, erbrach das geschmorte Kaninchen und das pochierte Gemüse, die sie zu Mittag gegessen hatte. Galle brannte ihr in der Kehle, dass ihr die Tränen kamen. Als sie endlich leer war, drückte sie das Gesicht in ein feuchtes Tuch. Spülte sich den Mund mit Wasser und spuckte es aus.
    Veira musste davon erfahren. Sie musste hören, dass das, womit sie es zu tun hatten, das, wogegen sie und Asher kämpfen mussten, eine Intelligenz war. Eine Person… oder etwas, das vorgab, eine Person zu sein. Es war unklar und zu schrecklich, um darüber nachzugrübeln, zumindest so kurz nachdem sie seine stinkende Berührung ertragen hatte. Nichtsdestoweniger musste Veira davon erfahren.
    Irgendwo jenseits der zerbrechlichen Sicherheit von Barls großer Mauer wartete… irgendetwas…
irgendjemand…
Nicht dass Veira irgendetwas hätte tun können, natürlich, aber es wäre besser, wenn noch jemand Bescheid wüsste. Es wäre weniger einsam.
    Weil sie noch immer verzweifelt und wie vernichtet war, trank sie zwei gute Gläser eines starken, grünen Weins, eins gleich nach dem anderen. Das warme Lampenlicht ließ Schatten über die Wände ihres kleinen Wohnzimmers tanzen, und sie kniete sich neben die Feuerstelle und stöberte in der Deckentruhe, die ihre Mutter ihr geschenkt hatte, als sie von zuhause fortging. Am Grund der Truhe, begraben unter Papieren und Briefen und Schals mit Löchern darin, die sie demnächst einmal flicken würde, und ausgefransten Kissen, die sie nicht wegwerfen wollte, lag ihr kostbarer Zirkelstein. Sanft zog sie den unter Decken verborgenen Schatz hervor, dann wickelte sie ihn aus, legte ihn auf den niedrigen Holztisch am Fenster und ließ sich mit gekreuzten Füßen auf den Boden sinken.
    Für einen Unwissenden war er nur ein Klumpen groben Quarzkristalls mit Kratzern, Rissen und

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