Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
systematisch in den E-Mail-Verkehr und hortete eine Flut privater Daten.
Und warum diese Schnüffelei? Hartmut Mehdorn, der langjährige Konzernchef, wollte mit allen Mitteln unterbinden, dass seine Mitarbeiter kritische Informationen an Politiker oder Journalisten weitergeben. Deshalb ließ er bis Mitte 2008 den kompletten E-Mail-Verkehr der Bahn auf mehr als 100 Suchbegriffe filtern. 27
Wer arglos ein Wort in seiner Mail verwendete, das in dieses Ras ter passte – möglicherweise den Begriff »Fehlentscheidung« –, dessen Mail landete auf dem Schreibtisch der Fahnder. Dabei kam vielleicht heraus, dass der Mitarbeiter nur eine Schiedsrichterentscheidung vom letzten Wochenende kritisiert hatte, nicht seinen unfehlbaren Arbeitgeber.
Ebenso standen die Namen etlicher Journalisten und Politiker auf der Fahndungsliste. Bei jeder Mail an eine dieser Personen lasen die Spione des Konzerns heimlich mit. Ob es geschäftliche oder private Inhalte waren, kümmerte niemanden.
Jahre zuvor hatte die Bahn ihren arglosen Mitarbeitern sogar eine Spezialdetektei auf den Hals gehetzt, geführt von einem Exmitarbeiter des britischen Auslandsgeheimdienstes. Die Detektive trieben solange die Kontodaten von Mitarbeitern auf, bis das Bankgeheimnis ausgehebelt war und jedes intime Detail auf dem Tisch lag, vom Kreditrahmen über die Unterhaltszahlungen bis zum Arzthonorar.
Die Detektive pirschten sich in jeden Bereich des Privatlebens vor: Grundbücher wurden durchschnüffelt, Kfz-Zulassungen geprüft, und sogar bei der Einkommenssteuererklärung lasen die eifrigen Spione mit.
Beim Spionieren zeigte die Bahn genau das, was man als Kunde so oft vergeblich erwartet: höchstes Engagement. Dass am Ende keine Beweise für Schmiergelder erbracht werden konnten (was der Sinn der Aktion war) – wen kümmerte es! Die vertraulichen Daten wurden vorsichtshalber dennoch gespeichert.
Für die Detektei lohnte sich das Geschäft: Sie sackte 800 000 Euro ein. Als der Skandal aufflog, konnte die Bahn nicht einmal einen Vertrag vorlegen. Offenbar war der schmutzige Deal per Handschlag besiegelt und der Umgang mit den Mitarbeiterdaten in keiner Weise geregelt worden.
In einem anderen Fall fiel die Bahn über einen ungeliebten Mitarbeiter der Revisionsabteilung her. Sie verdächtigte ihn, vertrauliche Daten weitergeleitet zu haben – offenbar zu Unrecht, denn auf seinem (heimlich durchsuchten) Computer fanden sich keinerlei Beweise. Aber dafür – welch Zufall! – spuckte die Festplatte des Mitarbeiters zahlreiche Tierpornos aus. Jeden Tag habe er diese Filme bis zu vier Stunden geschaut, behauptete die Bahn. Doch die Hobbyspione ver wickelten sich in Widersprüche: Der Mitarbeiter sollte die Pornos auch zu Zeiten geschaut haben, als er nachweislich dienstlich verreist war.
Der Beschuldigte ist sich sicher, wer ihm diese Pornos untergejubelt hat: sein eigener Arbeitgeber. Als Vorwand für eine Kündigung. Das Arbeitsgericht traute der Bahn ebenfalls nicht über den Weg: Es urteilte in allen Instanzen zugunsten des Mitarbeiters.
Warum ich keine Bahncard-Punkte sammle – jetzt werden Sie’s verstehen!
4. Horror im Hotel: Mini-Bar und Mini-Service
H oteliers sind wie Raubritter: Sie nehmen ihre Kunden aus. Heute kostet schon das Parkhaus so viel wie früher die ganze Übernachtung. In diesem Kapitel lesen Sie …
wie ich meinen Flirt mit einer Mini-Bar teuer bezahlen musste,
weshalb man in Hotels alles Mögliche findet, nur keinen Schlaf,
warum die Zimmer so schmutzig sind, obwohl spätestens um 7.15 Uhr eine Putzkolonne über den Flur scheppert,
und wie ein Hotel, das meinen Namen vergaß, mich fast als Betrüger ins Gefängnis gebracht hätte.
Die Raubritter der Hotels
Ungläubig starre ich auf meine Hotelrechnung. Warum 122 Euro? Die Übernachtung sollte doch nur 80 kosten! Der kühle Rezeptions engel hat sein Verabschiedungslächeln schon angeknipst, doch lang sam erlischt es: »Alles in Ordnung?« Ich schüttle den Kopf: »Die Rechnung ist falsch. Ich hatte nur ein Einzelzimmer.«
Sie wirft einen Blick auf ihren Bildschirm und knipst ihr Lächeln wieder an: »Hinzu kommen: dreimal Minibar. Und ein Telefonat.«
Minibar? Bei diesem Wort steigen die verdrängten Bilder wieder auf: Ich sehe mich, wie ich müde von einem Kongress in mein Zimmer schlurfe. Mein Mund ist vom vielen Reden so trocken, dass ich nur zwei Überlebenschancen sehe: Entweder ich gehe runter an die Bar – die ist sechs Stockwerke entfernt. Oder ich bediene mich an
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