Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
anteilig zurückzuerstatten.
rechtsgrundlage: OLG Frankfurt, Az 1 U 108/99
10. Abschied mit Tritt
gebührenräuber-praktik: Weil Sie die Nase voll haben, lösen Sie Ihr Girokonto auf. Die Bank verabschiedet sich nach Art des Hauses: Sie stellt Ihnen für die Auflösung und den damit verbundenen Aufwand eine Gebühr in Rechnung.
juristische realität: Sie dürfen ein Girokonto jederzeit auflösen. Dabei müssen Sie keine Gründe nennen und keine Kündigungsfrist einhalten. Eine Auflösungsgebühr darf die Bank nicht erheben.
rechtsgrundlage: Paragraf 307 BGB
Zocken mit Zinsen
Eine große Abbuchung erwischte mich auf dem falschen Fuß: Erstmals seit Jahren glitt mein Girokonto ins Minus. Ein Grund zu Sorge? Nein, denn genau dafür hatte ich mit meiner Bank ein Dispo-Limit vereinbart. Mein Zinssatz war variabel und hing vom Leitzins der Europäischen Zentralbank ab. Dieser Referenzzins gibt an, zu welchem Mindestsatz sich Banken bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen können.
Und ich hatte unverschämtes Glück: Der Referenzzins war von 4,25 Prozent im Oktober 2008 auf 2 Prozent Anfang 2009 gefallen. Sicher würde ich das Geld zu einem Satz bekommen, den mein Portemonnaie locker verkraften konnte.
Achtlos ließ ich mein Konto im Minus. Doch als ich die nächsten Kontoauszüge bekam, traute ich meinen Augen kaum: Die Bank knöpfte mir 12,5 Prozent ab! Das Sechsfache von dem, was sie selbst für das Geld bezahlte! In mehreren Jahrzehnten, in denen mein Girokonto Tag für Tag wohlgefüllt war, hatte ich nie einen Cent an Zins bekommen. Mein Geld stand der Bank kostenfrei zur Verfügung. Aber im umgekehrten Fall, einer einmaligen Ausnahme, griff mir die Bank wie ein Straßenräuber in die Tasche.
Doch damit nicht genug: Während ich meinen Dispo in An spruch nahm, wurde der Leitzins weiter gesenkt, auf 1,5 Prozent im März 2009. Und was tat die Bank? Sie gab den Vorteil nicht an mich weiter, sondern sackte den Differenzbetrag ein.
Stellen Sie sich vor, Sie schicken Ihren Nachbarn los, um ein Möbelstück für Sie zu bezahlen. Er kommt zurück und kassiert von Ihnen die angeblich ausgelegten 750 Euro. Später erfahren Sie, dass er in dem Geschäft 250 Euro Rabatt bekommen und nur 500 Euro bezahlt hat. Würden Sie sich mit der Ausrede abspeisen lassen, er sei ja gar kein Betrüger, er habe nur den Preisvorteil nicht im vollen Umfang an Sie weitergegeben?
Genau mit diesem Argument wollen die Banken die Differenz zwischen der Entwicklung des Referenzzinses und der variablen Zinssätze ihrer Kunden schönfärben – als handele es sich um eine geringfügige Nachlässigkeit, nicht um systematische Abzocke.
Laut Statistik stehen von hundert Bankkunden 17 mit ihrem Girokonto in den Miesen. Das läppert sich auf rund 40 Milliarden Euro zusammen, die von den Banken monatlich als Überziehungskredite gewährt werden. Da macht schon ein Prozentpunkt Zinsen, den die Banken zu Unrecht kassieren, 400 Millionen Euro im Jahr aus – ein Bankraub von unglaublicher Dimension! 43
Wer den Banken auf die Finger klopft, sind wieder einmal die Gerichte. Tenor diverser Urteile: Flexible Zinsen haben sich nach den Referenzzinsen zu richten (BGH III ZR 195/84, OLG Celle 3 U 240/89 und 3 U 69/00). Je billiger die Bank das Geld bekommt, desto billiger hat sie es an ihre Kunden weiterzugeben.
Dieser millionenfache Zinsklau ist kein Kavaliersdelikt, er kann den Kunden Kopf und Kragen kosten. Ein Beispiel dafür lieferte am 13. April 2010 das TV-Magazin Frontal 21 : Mit Jens Leschmann, einem gerichtlich bestellten Sachverständigen für Bankkredite, beleuchteten die Reporter ein Einzelschicksal. Karl Ruschitzka, ein gelernter Koch, hatte vor vielen Jahren ein Restaurant übernommen. Für seine Altersversorgung erwarb er eine Immobilie. Auf seinem Verrechnungskonto herrschte lebhafter Zahlungsverkehr: Mieten gingen ein, Reparaturen wurden abgerechnet, Kredite getilgt. Immer wieder rutschte das Konto ins Minus.
Die Bank regte an, er solle unnötige Kosten vermeiden. Diese Anregung nahm der Kunde wörtlich: Er bat Jens Leschmann, die Abbuchungen der Bank zu prüfen. Das Ergebnis war krimireif: In den 1990er Jahren hatte sie 2 – 4 Prozent zu viel Zinsen verlangt. Dieser Satz stieg zwischen 1997 und 2008 auf 6 – 8 Prozent. Und mit Beginn der Finanzkrise schnellte er hoch auf einen zweistelligen Rekordwert – eine Entwicklung, die sich auch bei anderen Banken beobachten ließ. Offenbar wollten sich die Institute nach ihren geplatzten
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