Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
bin 1,90 Meter groß, dann doch John Wayne! Ich sprang in meine Kleidung, riss wagemutig die Tür auf und stand drei Männern gegenüber, die gerade eine Leiter ans Haus lehnten. Der Älteste, offenbar der Anführer, trat mir einen Schritt entgegen – und streckte mir zur Begrüßung die Hand hin:
»Hübner, Dachdeckermeister. Wir wollen heute mit Ihrem neuen Dach anfangen.«
»Aber wir hatten doch vereinbart, dass Sie erst in sieben Tagen beginnen«, sagte ich.
»Ja, ja, aber heute haben wir gerade eine Auftragslücke!«
Wie bitte? Nur weil er eine Auftragslücke hat, will er mir jetzt aufs Dach steigen? Ich hatte den Termin auf den Tag nach meiner Abreise gelegt, weil ich diese Woche absolute Ruhe fürs Schreiben brauchte – und kein höllisches Gehämmer auf dem Flachdach.
Was für ein Glück, dass ich nicht gerade beim Brötchenholen war! Sonst hätten die Dachdecker ihre Arbeiten einfach begonnen und sie dann, bei offenem Dach, auch fortsetzen müssen.
»Bitte fangen Sie nächste Woche an«, sagte ich. »Das haben wir so vereinbart.«
»Die meisten Kunden sind froh, wenn wir früher kommen«, sagte er patzig.
»Aber jetzt passt es nicht. Ich habe eine ruhige Arbeitswoche geplant.«
»Ich denke, das Dach soll doch noch vor dem Winter fertig werden. Und nächste Woche ist schlechtes Wetter angesagt!«
Ich musste tatsächlich diskutieren, bis die Männer murrend das Grundstück verließen. Einen Teil ihrer Werkstoffe ließen sie auf dem Parkplatz liegen. Warum die Sachen wieder aufladen, wenn man sie nächste Woche ohnehin brauchte?
Pünktliche Handwerker? Offenbar eine Rarität. Schätzungsweise die Hälfte meiner unfreiwilligen Ein-Tages-Urlaube habe ich zu Hause damit verbracht, auf Handwerker zu warten. Auf den Klempner, der sich für 11.00 Uhr angesagt hatte, aber zur Kaffeezeit noch nicht in Sicht war. Auf den Elektriker, der wie vereinbart um 14.30 Uhr auftauchte, nur einen Tag zu spät. Und auf den Monteur der Telekom, der sein Kommen zwischen 13.00 und 17.00 Uhr avisiert hatte und dann um 17.30 Uhr telefonisch anbot, mir den Ersatz für das offenbar defekte Teil meiner Telefonanlage, das für ein stetes Rauschen in der Leitung sorgte, zur Selbstmontage zu schicken (in meiner Not ließ ich mich darauf ein!).
Die Monteure der Telekom sind die ungekrönten Verspätungskönige. Ausgerechnet sie, die sich für einen Zeitkorridor von der Fläche eines Fußballfelds ankündigen, tauchen oft gar nicht auf.
Ein Bekannter von mir hatte den ganzen Nachmittag auf den Mann von der Telekom gewartet, der bis 16 Uhr hatte kommen wollen. Kurz vor 17 Uhr fuhr endlich das Auto der Telekom vor. Doch es klingelte nicht. Als mein Bekannter vor die Tür trat, war das Auto wieder verschwunden. Im Briefkasten lag eine Karte, auf der ein neuer Termin vorgegeben wurde – eine Woche später! Darunter stand in gekritzelter Handschrift: »Habe es heute leider nicht mehr geschafft«. Der Mann hatte seinen Feierabend einer späten Montage vorgezogen.
Deshalb schätzte ich mich glücklich, dass sich die Dachdecker eine Woche später an unserem Sommerhäuschen tatsächlich ans Werk machten. Doch die Arbeit blieb unvollendet, wie wir bei der Abnahme sahen: Die Verkleidung am Übergang zwischen Dach und Fassade fehlte. Darauf angesprochen, meinte der Dachdecker: »Hatten Sie nicht gesagt, dass Sie das Haus im nächsten Jahr dämmen lassen wollen? Da wäre die Verkleidung dann im Weg.«
Über eine Dämmung hatten wir tatsächlich gesprochen – aber nicht darüber, dass dies den Umfang der (voll zu bezahlenden) Dacharbeiten reduzieren würde. Als er mein verblüfftes Gesicht sah, schob er nach: »Solche Arbeiten führe ich auch aus. Ich könnte Ihnen ein Angebot machen.«
Leichtfertigerweise ließ ich mich darauf ein. »Die nächsten Tage hören Sie von mir«, sagte der Dachdecker. Das war im November. Es wurde Weihnachten. Kein Angebot. Ich hakte per Mail nach. Keine Reaktion. Ich rief an. Er versprach das Angebot für die nächsten Tage. Nichts kam.
Wir robbten verbal auf den Knien, nur um ein Angebot zu bekommen, das dem Dachdecker eine saftige Einnahme bescheren konnte. Irgendwann hatte ich die Nase voll und forderte ihn am Telefon mit einem ruppigen »aber dalli-dalli« auf, nun die Verkleidung in Ordnung zu bringen. Diese Sprache verstand er.
Der Waschmaschinen-Mann
Der Mann mit Kugelbauch, der meine Waschmaschine reparierten soll, beweist das Fingerspitzengefühl eines Elefanten. Schon im Flur erzählt er
Weitere Kostenlose Bücher