Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
Toilette benutzen und musste nicht mehr die Nachbarin behelligen. Sie drückte jedem der Handwerker fünf Euro Trinkgeld in die Hand: »Damit es sich auch für Sie lohnt!« Die Rechnung, nahm sie an, konnte bei einem Arbeitseinsatz von zehn Minuten nur bescheiden ausfallen.
Dieses Trinkgeld sollte sie bereuen: Noch am selben Abend staute sich das Wasser in ihrer Toilette wieder. Sie rief den Notdienst der Klempnerei an. Der versprach Hilfe »im Laufe des nächsten Tages«. Jedes Mal, wenn Beate Schwer die Toilette ihrer Nachbarin benutzte, klebte sie einen Zettel an die Haustür – nur um die Monteure nicht zu verpassen.
Es wurde Abend, aber niemand hatte sich blicken lassen. Sie rief an, erreichte aber nur noch den Anrufbeantworter. Der vertröstete sie auf die offiziellen Arbeitszeiten, Montag ab 7.30 Uhr. Warum hatte man ihr Hilfe zugesagt, dieses Versprechen aber nicht gehalten? Und standen die Handwerker nicht besonders in der Pflicht, nachdem ihre erste Reparatur gescheitert war?
Der Rentnerin blieb nichts anderes übrig, als das ganze Wochenende weiter die Toilette ihrer Nachbarin zu benutzen. Am Montag rief sie um Punkt 7.30 Uhr bei dem Installationsbetrieb an:
»Warum ist niemand von Ihnen gekommen? Sie hatten mir doch Hilfe für den Samstag zugesagt.«
Eine pampige Stimme antwortete: »Da konnten wir noch nicht wissen, dass es dieses Wochenende ein halbes Dutzend Wasserschäden geben würde. Solche Notfälle gehen natürlich vor.«
»Aber mein Fall ist doch auch ein Notfall …«
»Jetzt beruhigen Sie sich mal. Die Kollegen sind doch schon auf dem Weg zu Ihnen.«
»Wirklich?«
»Sicher.«
»Dann vielen Dank!«
So läuft das immer: Am Ende bedankt sich der Kunde für Selbstverständlichkeiten, weil er von den Leistungen der Handwerker abhängt. Und tatsächlich: Um 8.30 Uhr trudelten der Monteur und sein Azubi wieder bei der alten Dame ein. »Was haben Sie denn angestellt, dass es jetzt wieder nicht geht?« fragte der Monteur.
»Nichts. Es ging einfach nicht mehr.«
»Aber Sie müssen die Toilette doch benutzt haben – sonst hätten Sie’s ja gar nicht gemerkt.«
»Ja, benutzt habe ich sie.«
Die beiden Monteure tauschten Blicke aus, als sei ihr großes Reparaturwerk das Opfer eines Bedienungsfehlers beim Spülen geworden. Die alte Dame wurde rot, weil sie weitere Detailfragen befürchtete.
Eine Viertelstunde werkelten die Klempner im Bad herum, ehe sie erneut meldeten: »Jetzt funktioniert es.« Die alte Dame war pfiffig genug, noch in Anwesenheit der Monteure mehrfach abzuspülen. Tatsächlich, es funktionierte!
Die nächste Verstopfung war ein Kloß in ihrem Hals – als sie die Rechnung sah! Insgesamt fünf Handwerkerstunden waren aufgeschrie ben, je zweieinhalb für den Gesellen und für den Lehrling. Der Geselle schlug mit 70 Euro zu Buche, für den Lehrling wurden satte 35 Euro berechnet – beim ersten Einsatz mit »Nachtzuschlag«. Seit wann sind Lehrlinge so teuer? War nicht auch der Stundensatz des Monteurs übertrieben? Und weshalb griff schon um 19 Uhr ein Nachtzuschlag?
Überhaupt: Wie um alles in der Welt kam der Installationsbetrieb auf eine Arbeitsdauer von je zweieinhalb Stunden? Die beiden hatten insgesamt 25 Minuten in der Wohnung von Frau Schwer verbracht. Die alte Dame griff zum Telefon und erfuhr: »Wir müssen natürlich rechnen, wie lange unsere Monteure unterwegs sind. Und im Berufsverkehr hat das je eine Stunde gedauert.«
Dieser Trick ist weit verbreitet: Handwerker stellen für ihre Anfahrt Entfernungen in Rechnung, als wären sie eigens vom Mond angereist. Die Verbraucherzentralen raten, schon bei der Auftragserteilung nach möglichen Fahrtkosten zu fragen. Seriöse Handwerker stellen diesen Aufwand nicht in Rechnung oder vereinbaren eine kalkulierbare Pauschale.
Noch fragwürdiger war ein zweiter Vorgang: Der Misserfolg der ersten Reparatur, das offensichtliche Versagen der Monteure, wurde der Kundin komplett in Rechnung gestellt. Sie zahlte zweimal für dieselbe Dienstleistung, obwohl diese beim ersten Mal nicht ordentlich erbracht worden war.
Stellen Sie sich vor, Sie bestellen im Lokal ein Schnitzel, bekommen aber stattdessen nur eine Schuhsohle serviert. Diese lassen Sie zurückgehen, damit Ihr ursprünglicher Wunsch erfüllt wird. Doch nun stellt Ihnen das Lokal beide Dienstleistungen in Rechnung: die Schuhsohle und das Schnitzel. Da muss man kein Jurist sein, um zu wissen, dass das Abzocke wäre.
Bei den Verbraucherzentralen gehen jedes Jahr
Weitere Kostenlose Bücher