Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
Vom Netzwerk:
eindrucksvoll gewesen sein. Jetzt waren nur noch die unteren Teile der Mauern übrig, sechs Meter hoch und ebenso dick. Die Zeit hatte schwarze Steine aus ihnen herausgebrochen, und die Bauern bedienten sich aus diesen Haufen, für den Bau von Hütten und Grenzwällen für ihre Felder.
    Mir gefiel die Stadt sofort, als wir hineinritten. Exotische Gerüche lagen in der Luft, von Gewürzen und Kochdämpfen, bei denen mir der Magen knurrte. In den Straßen waren viele Menschen unterwegs, mit lauten Stimmen und bunter Kleidung, mit Seide und Schmuck aus Glas und Basismetallen. Das Angebot an Hautfarben hätte größer nicht sein können. Es gab Männer und Frauen so blass wie ich, so dunkel wie der Nubier und mit allen Schattierungen dazwischen. Aber so hell wie Sindri und Herzog Alarich war hier niemand; sie wären vermutlich in der Sonne geschmolzen.
    Fast an jeder Ecke erklang Musik, mit ähnlicher Vielfalt wie die vielen verschiedenen Hautfarben. Die Bürger der Stadt
schienen sich im Takt von tausend Trommeln, Hörnern und Stimmen zu bewegen. Solche Geräusche hörte ich zum ersten Mal, so viele sonderbare Melodien. Einige erinnerten mich an das Marschklopfen des Nubiers – ich sah noch immer seine Hand, wie sie an den Oberschenkel schlug, während wir gingen, oder abends am Lagerfeuer. Andere wiesen Ähnlichkeit mit dem seltsam atonalen Summen auf, das Lehrer Lundist manchmal angestimmt hatte.
    Ein Hafen ist ein offenes Ohr für die Welt, ein Mund bereit für neue Geschmäcke. Ich näherte mich meinem fünfzehnten Jahr und war mehr als bereit, die von Barlona angebotene Weite der Welt zu erforschen.
    »Weißt du, Makin, von hier aus kannst du mit dem Schiff zu fast allen Orten reisen, die du kennst, und zu tausend anderen, die du nicht kennst«, sagte ich.
    »Auf Schiffen muss ich kotzen.« Makin sah aus, als würde ihm schon jetzt schlecht.
    »Du magst sie nicht?«
    »Es liegt an den Wellen. Ich werde seekrank. Ich übergebe mich von einem Ufer bis zum nächsten. Schon bei der Fahrt über den Reim musste ich würgen.«
    »Gut zu wissen.« Bei Makin kann man graben und immer wieder Neues finden. Ich erfuhr erst jetzt, dass er jemals einen Ozean überquert hatte oder auch nur mit einem Schiff unterwegs gewesen war.
    »Wieso ist das gut zu wissen?« Er runzelte die Stirn und musterte mich.
    »Die Pferdeküste ist nur vom Meer aus zu erreichen, und ich mache mich allein auf den Weg. Da ich jetzt weiß, dass du kein guter Seemann bist, fällt es mir leichter, dich zur Spukburg zurückzuschicken.«
    »Wir können dorthin reiten«, sagte Makin. »Es sind weniger als hundert Meilen.«
    »Durch das Herzogtum von Aramas und dann das Land von König Philip dem Neunhundertsten«, erwiderte ich.
    »Dem Sechsunddreißigsten«, korrigierte Makin.
    »Wie auch immer. Worauf es ankommt, ist dies: Es sind keine Gegenden, in denen Leute wie wir unbemerkt bleiben. Ein Schiff hingegen kann mich in ein oder zwei Tagen vor die Tür meines Großvaters bringen.«
    »Wir fahren also mit dem Schiff, und ich kotze die ganze Zeit aufs Deck. Wo ist das Problem?«
    »Das Problem, lieber Makin, besteht darin, dass ich Rike, Grumlow oder Kent nicht dabeihaben möchte. Ich möchte nicht einmal dich dabeihaben. Ich möchte mich meinem Großvater allein präsentieren, wenn ich den Zeitpunkt für geeignet halte. Dies ist eine Familienangelegenheit, und ich möchte dabei auf meine eigene Weise vorgehen.«
    »Das ist keine gute Idee, Jorg.« Makin kehrte wieder den Sturen heraus: die Lippen zusammengepresst, eine vertikale Linie zwischen den Brauen.
    »Ich brauche dich in Renar«, sagte ich. »Ich habe dich dort von Anfang an gebraucht. Vielleicht weißt du noch, dass ich dich davon abbringen wollte, mich zu begleiten. Coddins ist ein guter Mann, aber wie lange kann er ein Königreich zusammenhalten? Kehr zurück, rück die Köpfe zurecht, die zurechtgerückt werden müssen, und lass meine Untertanen wissen, dass ich bald wieder da bin.«
    »Oi!« Grumlows Ruf. Und ein Mann, der durch die Menge weglief. Ich beobachtete, wie Grumlow ausholte, wie sich sein Arm nach hinten neigte und dann nach vorn. Zwanzig Meter entfernt fiel der Mann ohne einen Laut.
    Zusammen mit Grumlow ging ich dorthin, wo er lag. Die Leute gingen uns aus dem Weg, abgesehen von den Kindern, die überall herumliefen, als wären sie Teil eines Spektakels. Grumlow zog seine Satteltasche aus der erschlafften Hand des Mannes.
    »Er hat den verdammten Riemen durchgeschnitten!«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher