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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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anschließend an den Pumpen für die Springbrunnen schuften mussten. Er mochte verschwunden sein, aber Fexler Brews und ich waren noch nicht miteinander fertig.
     
    Am Abend nach meinem Besuch in Fexlers Keller sprach ich mit meinem Onkel. Wir saßen im Beobachtungsturm, mit einem Krug Wein, der alt genug wirkte, aus dem Grab eines Pharaos zu stammen, und zwei silbernen Kelchen, von der Darstellung
aufbäumender Pferde geschmückt. Ein kühler Wind seufzte durch die Bögen, und zahlreiche Sterne leuchteten am Himmel.
    »Deine Mutter kam hierher, als wir Kinder waren«, sagte Robert.
    »Sie lehrte uns die Namen der Sterne«, erwiderte ich. »Obwohl William zu jung dafür war. Er konnte nur den Hundsstern und den Polarstern finden.« Ich sah, wie Will die Hand ausstreckte, als wollte er die Sterne am Himmel berühren.
    »Sirius und Polaris.« Robert trank einen Schluck Wein. »An viel mehr erinnere ich mich nicht. Rowen kannte sich viel besser damit aus. Bei manchen Zwillingen sind die Begabungen nicht gleichmäßig verteilt. Sie bekam den Verstand und das gute Aussehen. Dafür kann ich … gut mit Pferden umgehen.«
    »Ich bin gut im Töten.« Der Wein rann mir über die Zunge, mit einem Geschmack, der mehrere Schichten zu haben schien.
    »Das ist sogar noch untertrieben, wie mir scheint.« Durch den Fensterbogen deutete Robert auf ein Sternbild. »Was ist das?«
    »Orion.« Ich stand auf, trat einen Schritt vor und sah zum Himmel hoch. »Beteigeuze, Rigel, Bellatrix, Mintaka, Alnilam, Alnitak, Saiph.« Ich nannte die Namen der einzelnen Sterne. »Hast du ihren Tod gefühlt? Sind Zwillinge dazu fähig?«
    »Nein.« Onkel Robert starrte in seinen Kelch.
    »Vielleicht.« Er stellte den Kelch auf den kleinen Tisch. »Vielleicht war es für sie so. Als mich die Springflut an der Krabbenklippe bedrohte, schickte Rowen die Wächter mit Seilen genau zur richtigen Stelle. Wir waren nur Kinder, nicht älter als zehn, aber irgendwie wusste sie Bescheid. Ein weiteres Talent, das keine gerechte Verteilung zwischen uns fand.«
    Ich beobachtete ihn, voller Neid um die Jahre, die er mit seiner Schwester verbracht hatte. Sie war meine Mutter gewesen,
aber ich wusste kaum etwas von ihr, und was mir geblieben war, zerrann wie Sand zwischen meinen Fingern. Ich konnte mir nicht mehr ihr Gesicht vorstellen, ich erinnerte mich nicht mehr an die Farbe ihrer Augen. Es gab nichts Konkretes mehr, nur noch vage Konturen und flüchtige Momente, hier ein Duft, dort eine sanfte Berührung. Sie hatte mir ein Gefühl der Sicherheit gegeben – das sich in der Nacht der Dornen als Illusion herausgestellt hatte.
    »Heute Morgen bin ich im Meckerzimmer gewesen«, sagte ich.
    Der Seh-Ring der Erbauer hing an einer Schnur an meinem Hals, unter dem Hemd, das ich von Roberts Schneider bekommen hatte. Ich erwog die Möglichkeit, ihm den Ring zu zeigen, entschied mich aber dagegen. Die Angewohnheiten der Straße gehen einem in Fleisch und Blut über. Ich hatte den Ring genommen, er gehörte mir. Er bot mir einen Vorteil, den ich besser geheimhielt. Das Metall ruhte schwer auf meinem Herzen, vielleicht mit dem Gewicht der Schuld.
    »All der Staub und die Spinnen, nur um einen alten Geist zu haben, der einem sagt, dass man sich zum Teufel scheren soll.« Mein Onkel nahm seinen Kelch und trank. »Früher bin ich einige Male im Jahr hinuntergegangen. Aber der Meckerer ändert sich nie, und schließlich habe ich mich geändert.«
    »Weißt du, was die Maschine macht?«, fragte ich.
    »Wer weiß schon, was diese alten Teufeleien machen? Sie pumpt Wasser – so viel weiß ich. Aber es heißt, dass alles, was die Erbauer bauten, zehn verschiedenen Zwecken diente. Mein Vater hat sie sechzig Jahre in Ruhe gelassen, und sein Vater ebenfalls. Sie stammt aus einer Welt, die besser vergessen bleibt, das hätte Gelleth dich lehren sollen.«
    Mein Wein war plötzlich bitter. Das Licht der Erbauer-Sonne
war selbst an der Pferdeküste zu sehen gewesen, in einer Sommernacht. Doch Onkel Robert irrte. Die Erbauer waren nicht fort, wir konnten sie nicht vergessen. Ihre Geister wohnten in Maschinen tief unten in unseren Schatzkammern und Gewölben, ihre Augen beobachteten uns von über den Wolken, wir fochten unsere kleinen Kriege in ihrem Schatten. Vielleicht führten wir jene Kriege sogar auf ihr Betreiben hin. Vielleicht wollten sie uns damit beschäftigt halten, damit wir ans Heute dachten und nicht ans Damals.
    »Gelleth hat mich viel gelehrt. Dass wir Kinder in einer

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