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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Wächtern vorbei und eilte zur Treppe des Ostturms. Miana musste ihr Gewand heben und halb laufen, um mit mir Schritt zu halten. Ich nahm jeweils zwei oder drei Stufen auf einmal.
    Ein wuchtiger Tritt öffnete die Tür meines Schlafzimmers. »Hinaus!«, rief ich, und mehrere Dienstmädchen stoben mit Tüchern und Bürsten fort. Ich glaube, sie haben nicht saubergemacht, sondern sich versteckt.
    »Lord Jost verlangt, dass ich dir deine Jungfräulichkeit nehme«, sagte ich zu Miana. »Andernfalls kann mir das Haus Morrow nicht helfen.« Ich hatte nicht so unverblümt sein wollen, doch ich steckte voller Ärger, und außerdem war mir dies peinlich.
    Miana biss sich auf die Lippe. Sie schien sich zu fürchten, wirkte aber auch entschlossen. Ihre Finger tasteten nach den Schnüren an der Seite des Gewands.
    »Halt«, sagte ich. Es hatte mir noch nie gefallen, unter Druck gesetzt zu werden. Miana war recht hübsch, und zwölf ist so jung nicht. Ich hatte mit zwölf getötet. Aber manche Frauen erblühen früh und andere spät. Miana mochte den Verstand einer Piratin haben, aber sie sah aus wie ein Kind.
    »Du willst mich nicht?« Sie zögerte. Dem Schmerz von Enttäuschung und Zorn gesellten sich Furcht und Entschlossenheit hinzu.
    Auf der Straße habe ich beobachtet, dass es alte Männer sind, denen junge Mädchen gefallen. Bruder Row und Bruder Lügner hatten es auf die Jüngsten abgesehen, auf Mädchen, die noch jünger als Miana waren. Bruder Sim und ich haben
immer Erfahrung zu schätzen gewusst. Die reifere Form. Deshalb: Nein, ich wollte sie nicht. Und wenn man aufgefordert wird, etwas zu nehmen, das man nicht nehmen mag … Es ist wie die Aufforderung, pikanten Tintenfisch zu essen, wenn man lieber Rindfleisch und Bratkartoffeln möchte. So etwas bringt einen um den Appetit. Um jede Art von Appetit.
    »Ich möchte dich derzeit nicht«, sagte ich. Das war diplomatischer, als sie pikanten Tintenfisch zu nennen.
    Ich legte die Hand auf meinen linken Oberschenkel, wo nach dem Lauf die Treppe hoch ein gemeiner Schmerz pulsierte. Es hatte sich eine Wunde geöffnet, an die ich mich gar nicht erinnerte. Vielleicht habe ich sie mir zugezogen, als ich in die Höhle gefallen bin, kurz vor der Lawine. Sechstausend Tote, das Ergebnis der Arbeit dieses Morgens, und ich hatte eine Wunde am Hintern. Als ich die Hand zurückzog, klebte Blut an den Fingern.
    Vier schnelle Schritte brachten mich zum Bett. Ich riss die Decke zur Seite, und Miana zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen. Meine Hand strich übers saubere Laken, kehrte zur Wunde im Oberschenkel zurück, drückte mehr Blut heraus und wiederholte den Vorgang.
    »Hier«, sagte ich. »Sieht das echt genug aus?«
    Miana machte große Augen. »Ich …«
    »Es muss genügen. Für mich sieht’s echt aus. Es muss reichen. Mehr Blut quetsche ich nicht aus mir heraus, verdammt.«
    Ich riss das Laken vom Bett und schob es durch die Lücke zwischen den Gitterstäben am Fenster. Dabei bemerkte ich zwei Pfeile auf dem Boden, die offenbar von den Bogenschützen auf der Anhöhe stammten. Ich band das Laken an einem Gitterstab fest und ließ es im Wind flattern, damit alle sehen konnten, dass ich eine Frau aus Miana gemacht hatte.
    »Wenn du jemandem auch nur ein Wort davon sagst, besteht Lord Jost darauf, dass wir es auf dem Tisch im Festsaal tun, während alle zusehen«, sagte ich.
    Miana nickte.
    »Wohin willst du?«, fragte sie, als ich zur Tür eilte.
    »Nach unten.«
    »Gut.« Sie setzte sich aufs Bett. Ihre Füße erreichten den Boden nicht.
    Ich legte die Hand auf die Klinke.
    »Aber man wird jahrelang Lieder über den Schnellen Jorg singen. Schnell mit dem einen Schwert, noch schneller mit dem anderen«, sagte sie.
    Ich nahm die Hand von der Klinke, drehte mich um und ging besiegt zum Bett.
    »Worüber möchtest du sprechen?«, fragte ich und setzte mich neben sie.
    »Ich bin Orrin von Pfeil und seinem Bruder Egan begegnet«, sagte Miana.
    »Ich ebenfalls.« Wenn ich daran dachte, wie jener Schwertkampf ausgegangen war, bekam ich Kopfschmerzen. »Und wo fand eure Begegnung statt?«
    »Sie besuchten die Burg meines Vaters in Wennith, bei einer ihrer großen Reisen durchs Reich. Orrin hatte seine neue Frau dabei.« Sie beobachtete mich und hielt nach einer Reaktion Ausschau. Jemand musste ihr etwas erzählt haben.
    »Katherine.« Ich reagierte trotzdem. Die Heirat mit einem Kind änderte nichts an meiner Faszination Frauen gegenüber, insbesondere dieser. »Und welchen

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