König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
mit einem gestohlenen Schwert am Wegesrand steht?«, erwiderte der Fürst und sprach noch immer ganz ruhig.
Gegen das »gestohlen« konnte ich mich nicht wehren, aber an dem »Kind« nahm ich Anstoß. »Vierzehn ist hierzulande das Alter eines Mannes, und ich weiß mit diesem Schwert besser umzugehen als jeder andere, der es vor mir besaß.«
Der Fürst lachte, sanft und ungezwungen. Selbst wenn er ein Buch darüber gelesen hätte, wie man mich zur Weißglut brachte, er hätte in dieser Hinsicht keine bessere Arbeit leisten können. Stolz ist immer meine Schwäche gewesen, und gelegentlich auch meine Stärke.
»Dann bitte ich um Entschuldigung, junger Mann.« Der Ritter an seiner Seite trug ein Visier, aber ich konnte trotzdem sehen, wie er bei diesen Worten die Stirn runzelte. »Ich reise, um die Länder zu sehen, über die ich als Kaiser herrschen werde, um ihre Bewohner und Städte kennenzulernen. Und um mit den Adligen zu sprechen, mit den Baronen und Grafen … auch mit den Königen, die mir dienen werden, wenn ich auf dem Thron des Reiches sitze. Ich ziehe es vor, ihre Dienste mit Weisheit, Worten und Gunst zu gewinnen anstatt mit Schwert und Feuer.«
Eine pompöse kleine Rede, aber mit Worten konnte dieser Mann gut umgehen. O meine Brüder, wie er sie sprach! Es war
eine neue Art von Magier. Hintergründiger als Sageous’ versteckte Fallen – selbst der Heide mit seinem Traumzauber hätte den Fürsten um diese Art von Überzeugungskraft beneidet. Jetzt verstand ich, warum Orrin den Helm abgenommen hatte. Die Magie lag nicht allein in den Worten, sondern auch im Blick, der Ehrlichkeit und Vertrauen vermittelte, als ob jeder Mann, der den Fürsten hörte, seine Freundschaft verdiente. Ein Talent, vor dem man auf der Hut sein sollte, vielleicht noch wirkungsvoller als die Macht, mit der Corion mich durchs Reich geschickt und meinen Onkel von hinter seinem Thron gelenkt hatte.
Der Hund setzte sich, sah mich an und bleckte die Zähne. Er schien groß genug zu sein, ein kleines Lamm zu verschlingen.
»Und warum sollten die Leute auf Euch hören, Fürst von Pfeil?« Ich hörte Trotz in meiner Stimme und hasste mich dafür.
»Der Hundertkrieg muss beendet werden«, sagte Orrin. »Er wird enden. Aber wie viele müssen vor dem Frieden in Blut ertrinken? Es muss wieder jemand auf dem Thron sitzen. Sollen die Adligen ihre Schlösser und Burgen behalten, ihr Land regieren und ihr Gold sammeln. Nichts geht verloren. Nichts geht zu Ende, bis auf den Krieg.«
Und da war sie wieder, die Magie. Ich glaubte ihm. Er brauchte gar nicht extra darauf hinzuweisen – ich glaubte, dass es ihm tatsächlich um den Frieden ging, dass er ein gerechter Kaiser sein würde, dem Wohl und Wehe seiner Untertanen am Herz lagen. Er würde dafür sorgen, dass die Bauern ihr Land bestellen, Händler Handel treiben und Gelehrte Wissen sammeln konnten.
»Wenn man dir den Thron des Reiches böte«, sagte Orrin und sah nur mich an, »würdest du ihn nehmen?«
»Ja.« Ich wollte ihn auch, ohne dass man ihn mir anbot.
»Warum?«, fragte der Fürst. »Warum willst du ihn?«
Er leuchtete in meine dunklen Ecken, dieser Bilderbuch-Fürst mit dem ruhigen Blick. Ich wollte gewinnen, und der Thron war nur die Trophäe meines Sieges. Ich wollte auch gewinnen, weil andere Männer gesagt hatten, dass ich nicht siegreich sein würde. Ich wollte kämpfen, weil der Kampf mich durchdrang. Auf die Leute gab ich nicht mehr als auf den Dunghaufen, in dem wir Makin gerollt hatten.
»Er gehört mir.« Das war die einzige Antwort, die ich finden konnte.
»Tatsächlich?«, entgegnete Orrin. »Er gehört dir, Verwalter?«
Er untermalte das letzte Wort mit einer schwungvollen Geste, die mir meine Schande zeigte. Ihr solltet wissen, dass die Männer, die im Hundertkrieg kämpfen – und es sind nur Männer, bis auf die Königin von Rot – von zwei Seiten eines großen Baumes stammen. Die Linie der Verwalter, wie unsere Feinde uns nennen, reicht auf direktem Weg zum Thron, aber es ist der Große Verwalter, Honorous, der fünfzig Jahre diente, bei dem die Saat des Reiches versagte. Und Honorous saß damals vor dem Thron, nicht auf ihm. Dennoch, Erbe des Mannes zu sein, der der eigentliche Kaiser war, auch wenn er nicht den Titel trug, führt zu größerem Anspruch auf den Thron als die schwache Behauptung, Erbe des letzten nominellen Kaisers zu sein. So sehen wir »Verwalter« das jedenfalls. Wie dem auch sei: Ich würde mir selbst dann mit dem Schwert
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