Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
Vom Netzwerk:
Hinsicht schwer. Gerechtigkeit zitterte nur und beobachtete mich. Er winselte und hatte den Schwanz zwischen den Beinen, ohne zu verstehen, was geschah.
    »Hol kraftvoll aus«, sagte mein Vater. »Sonst musst du zweimal zuschlagen.«
    Ich sah mir Gerechtigkeits Bein an, sein langes, schnelles Bein. Ich betrachtete das Fell, nass von Öl und flach auf Knochen und Sehnen, und die Schelle dicht über der Pfote, eine Zwinge aus dem Verhörzimmer, so fest angezogen, dass sie blutig geworden war.
    »Es tut mir leid, Vater, ich werde dich nie wieder bestehlen.« Und ich meinte es ernst.
    »Strapaziere nicht meine Geduld, Junge.« Ich sah die Kälte in Vaters Augen und fragte mich, ob er mich immer gehasst hatte.
    Ich hob den Hammer, mit Armen fast zu schwach für ihn, und ich zitterte beinah ebenso stark wie der Hund. Ich hob ihn langsam, den Hammer, und wartete darauf, dass mein Vater sagte: »Das genügt, du hast dich bewährt.«
    Aber die Worte kamen nicht. »Wenn du ihm nicht das Bein brichst, wird er brennen«, sagte mein Vater. Und mit einem Schrei holte ich aus und schlug zu.
    Das Bein brach mit einem hörbaren Knacken. Für einen Augenblick gab es kein anderes Geräusch. Das Bein sah seltsam
aus, der obere Teil bildete einen sonderbaren Winkel mit dem unteren, und weißer Knochen zeigte sich in rotem Blut und schwarzen Fell. Dann kamen das Heulen und der knurrende Zorn, das wilde Zerren an den Fesseln, als Gerechtigkeit nach etwas suchte, gegen das er kämpfen konnte, um den Schmerz zu besiegen.
    »Noch eins, Jorg«, sagte mein Vater. Er sprach leise, aber ich hörte ihn trotz des Heulens. Für einen langen Moment ergaben seine Worte keinen Sinn für mich.
    Ich sagte »Nein«, gab ihm aber keine Gelegenheit, nach der Fackel zu greifen. Wenn er noch einmal die Hand nach ihr ausstreckte, würde er sie nehmen und werfen, das wusste ich.
    Diesmal begriff Gerechtigkeit, was es mit dem Hammer auf sich hatte. Er wimmerte, jaulte und flehte, wie nur Hunde flehen können. Ich holte erneut aus, mit aller Kraft, aber die Tränen in den Augen machten mich halb blind, und deshalb verfehlte ich das Ziel. Der Karren klapperte, und Gerechtigkeit sprang und heulte. Jetzt waren alle Zwingen blutig, und beim gebrochenen Bein zeigten sich offen die Sehnen. Ich traf beim nächsten Schlag und zertrümmerte das zweite Vorderbein.
    Die eigene Kotze überraschte mich, heiß und bitter spritzte sie mir aus dem Mund. Ich kroch darin, würgte und schnappte nach Luft. Fast hätte ich meinen Vater nicht gehört, als er sagte: »Noch eins.«
    Als das dritte Bein gebrochen war, konnte Gerechtigkeit nicht mehr stehen. Er brach auf dem Karren zusammen, lag stinkend in seinen eigenen Exkrementen. Seltsamerweise jaulte oder knurrte er nicht mehr. Stattdessen beschnüffelte er mich, als ich schluchzend dalag und kaum genug Luft bekam, er beschnüffelte mich so, wie er William beschnüffelte, wenn
sich mein Bruder das Knie aufschlug oder wenn sein Ehrgeiz irgendeine Enttäuschung hinnehmen musste. So sind dumme Hunde, meine Brüder. Und so dumm war ich mit sechs. Ich hatte einer Schwäche erlaubt, von mir Besitz zu ergreifen. Ich hatte der Welt einen Hebel gegeben, mit dem sie das Eisen in meiner Seele biegen konnte.
    »Noch eins«, sagte mein Vater. »Er hat noch ein Bein übrig, auf dem er stehen kann, nicht wahr, Sir Reilly?«
    Und dieses eine Mal blieb Sir Reilly seinem König eine Antwort schuldig.
    »Noch eins, Jorg.«
    Ich sah Gerechtigkeit an, wie er mit drei gebrochenen Beinen dalag und mir Tränen und Rotz von der Hand leckte. »Nein.«
    Woraufhin mein Vater die Fackel nahm und sie auf den Karren warf.
    Ich rollte vor den plötzlich lodernden Flammen zurück. Was auch immer mein Herz von mir verlangte, der Körper erinnerte sie an die Lektion des Schürhakens und ließ mich nicht in der Nähe bleiben. Das Heulen vom Karren ließ alle anderen Geräusche, die ich zuvor gehört hatte, banal erscheinen. Ich spreche von Heulen, aber es war Geschrei. Mensch, Hund, Pferd, bei genug Schmerz klingen wir gleich.
    Ich war erst sechs, und meinen Händen mangelte es an Klugheit, aber in jenem Moment, vom Feuer fortgerollt, nahm ich den Hammer, den ich zuvor für so schwer gehalten hatte, und warf ihn ohne Mühe. Wenn sich mein Vater etwas langsamer bewegt hätte, wäre ich heute vielleicht der König zweier Länder. Doch der Hammer traf nur die Krone, er streifte und drehte sie einen Viertelkreis, prallte dann gegen die Wand hinter dem Thron, fiel zu Boden

Weitere Kostenlose Bücher