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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Wunder, dass wir diesen Druck nicht die ganze Zeit in uns spüren, dass wir nicht einfach explodieren.
    An dieser Stelle hätte ich loslaufen sollen. Das sah der Plan schließlich vor. Mein Plan. Und die Männer der Wache hatten hinter mir bereits mit dem Rückzug begonnen. Stattdessen trat ich nach vorn, zwischen die beiden blutbespritzten Soldaten, die zur Seite gesprungen waren, als der Bärtige fiel. Ich schwang meine Klinge im Acht-Muster, von einer Seite zur anderen, und sie fielen beide, mit zerrissenen Kettenhemden, ein gebrochenes Schlüsselbein auf der rechten Seite und aufgerissene Muskeln auf der linken. Der Hieb hätte sie nicht beide zu Boden schicken sollen, doch genau das hatte er getan, und ich gelangte zu dem Schluss, dass vier Jahre anstrengendes Üben mit dem Schwert nicht völlig umsonst gewesen waren.
    Beide Männer wälzten sich auf dem Boden und klagten über ihre Wunden, als ich den sechsten zu Boden schickte, einen weiteren Taumelnden, vom Laufen erschöpft. Erst dann wandte ich mich zur Flucht, ließ die Verfolger hinter mir zurück und gab mir alle Mühe, zur Wache aufzuschließen.
    Die Männer von Pfeil hatten keine Möglichkeit, uns einzuholen, aber sie konnten auch nicht einfach stehenbleiben und uns Gelegenheit geben, zu ihnen zurückzukehren und sie mit weiteren Pfeilen zu beglücken. Deshalb setzten sie die
Verfolgung fort. Ihre Offiziere trafen unter den besonderen Umständen die richtige Entscheidung, aber es wäre besser gewesen, wenn sie sich mit ihren Soldaten zur Hauptstreitmacht zurückgezogen und darauf vertraut hätten, dass der Kommandeur so vernünftig war, seine Bogenschützen als Verteidigung gegen uns einzusetzen. Aber vielleicht hatte der Fürst von Pfeil nichts dagegen, einige Tausend Männer höher in die Berge zu schicken, um die Gefahr zurückzuhalten und dem Gros seines Heeres Gelegenheit zu geben, auf die Burg konzentriert zu bleiben.
    Ich überholte Soldaten der Wache, die weniger Kraft in den Beinen hatten als ich an jenem Tag, und einige Minuten später erreichte ich Makin. Hobbs, Kommandeur der Wache, lief neben ihm, zusammen mit seinen Hauptleuten Harold, Stodd und dem alten Keppen, der vor Jahren bei der Rulow-Kaskade eine kluge Entscheidung getroffen und sich geweigert hatte, für den früheren Befehlshaber der Wache in den Tod zu springen. Ich spreche von »laufen«, aber »flottes Gehen« trifft es eigentlich besser.
    »Vier Gruppen zu den Anhöhen dort«, sagte ich. »Sie sollen dem Feind weitere Pfeile schicken.«
    »Und wenn er sie erreicht?«, fragte Hobbs.
    »Dann wird es Zeit für sie, erneut zu laufen«, antwortete ich.
    »Wenigstens können sie ein bisschen ausruhen«, sagte Keppen und spuckte Schleim.
    »Das könnt Ihr auch bald.« Ich lächelte. »Es sind Eure Gruppen, an die ich gedacht habe.«
    »Ich hätte damals springen sollen«, brummte er. Dann schüttelte er den Kopf und hob seinen Kurzbogen, an dem ein rotes Signalband im Wind flatterte. Seine Männer kamen hinter ihm zusammen, als er in Richtung der Anhöhen davontrottete.
    »Laufen ist ja gut und schön«, sagte Hobbs und stapfte weiter. »Aber irgendwann gehen uns die Hänge aus, oder der Gegner jagt uns ganz aus dem Hochland.«
    »Was gar nicht so schlecht zu sein scheint …« Makin keuchte. »… wenn man sich’s genau überlegt.« Er wirkte noch erschöpfter als die anderen. Über zu viele Jahre hinweg hatte er Pferden das Laufen überlassen. Er kletterte auf einen großen Felsen und blickte ins Tal hinab. »Es müssen dreitausend von den Mistkerlen sein, die hinter uns her sind. Vielleicht sogar viertausend.«
    »Scheint großen Wert auf zahlenmäßige Überlegenheit zu legen, der Fürst«, sagte Hobbs. Er kratzte sich dort am Kopf, wo das Haar grauer war als an anderen Stellen und dünn wurde. »Ich hoffe, Ihr habt einen verdammt guten Plan, König Jorg.«
    Das hoffte ich ebenfalls. Ohne Norwood und Gelleth wären die Männer der Wache schon vor langer Zeit geflohen. Wie schnell sich Fakten in Fiktion verwandeln, und wie seltsam: Wenn Fakten zu Legenden werden, scheinen die Leute eher bereit zu sein, daran zu glauben. Und vielleicht war es richtig, dass sie diesen Glauben hatten, denn es stimmt, ich habe den Herrn von Gelleth, seine mächtige Burg und all seine Soldaten in Staub verwandelt. Vielleicht hatten sie recht und ich nicht, denn mir fiel es schwer, an die Tricks zu glauben, die möglicherweise in einem Kästchen aus Kupfer lagen.
    Ob ich daran glaubte oder nicht,

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