König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Aufmerksamkeit fest. Ein Tropfen Blut hing an ihr, und darin zeigte sich das Abbild eines kleinen Kindes, von der Wölbung ein wenig verzerrt. Ich sah ein rotes Messer und Katherine zwischen den Gräbern.
»Hallo, Jorg«, hatte sie gesagt.
»Er tot.« Kent kniete ebenfalls neben Maical. »Wie?« Der Pfeil war deutlich zu sehen, schien die Frage aber nicht zu beantworten.
Ich stand auf, ging an Makins Pferd vorbei und zog den Schild von seinen Satteltaschen. Ich blieb in Bewegung, ging weiter. Eine Kälte kroch durch mich und prickelte auf meinen Wangen. Ich nahm die Armbrust des Nubiers von ihrem Platz auf Braths Rücken und überprüfte sie.
»Jorg?« Kent stand auf.
»Ich gehe hinein«, sagte ich. »Niemand kommt lebend heraus. Ist das klar? Wenn mir jemand folgt, werde ich ihn töten.« Ich stapfte weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.
Hundert Meter weit kam ich, bevor der zweite Pfeil fiel und mich weit auf der linken Seite verfehlte. Der Schuss, der Maical getötet hatte, musste wirklich ein Glückstreffer gewesen sein, ohne jede Hoffnung des Schützen, dass der Pfeil sein Ziel erreichte. Ich schlang mir die Armbrust des Nubiers über die Schulter. Dünne Bänder hielten die Bolzen an ihrem Platz.
Vier Männer sah ich jetzt auf dem Wehrgang. Noch einmal fünfzig Meter, und mehrere Pfeile kamen von ihnen. Ich hob den Schild. Ein Pfeil traf ihn und zeigte seine Spitze an der Innenseite. Die anderen klapperten um mich herum zwischen den Felsen.
Es war keine große Festung, mehr ein Wachpunkt. Dreißig Soldaten hätten sie Ellenbogen an Ellenbogen gefüllt, und es schien viele Jahre her zu sein, dass es dort eine volle Garnison gegeben hatte.
Als ich in guter Reichweite war, schienen die Männer dort oben ihrer Sache sehr sicher zu sein. Ein einzelner Krieger schlenderte zu den anderen, jemand, der nicht älter als sechzehn zu sein schien, und von der anderen Seite kamen drei weitere. Keine Soldaten, keine Uniformen, ein bunt gemischter Haufen. Weitere Leute blickten durchs Fallgatter.
»Wollt ihr mich nicht hereinlassen?«, rief ich ihnen zu.
»Wie geht es deinem Freund?«, rief ein Dicker vom Wehrgang. Die anderen lachten.
»Es geht ihm gut«, sagte ich. »Etwas hat sein Pferd erschreckt, und er fiel. Aber er wird wieder auf den Beinen sein, sobald er zu Atem gekommen ist.« Ich spähte über den Schild hinweg und zog den Pfeil heraus. »Möchte den jemand zurück?« Ich war vollkommen ruhig und gelassen, und gleichzeitig fühlte ich, wie etwas auf mich zukam, eine Sturmbö, die unter einem dunklen Himmel übers Grasland fauchte.
»Na klar.« Einer von den fünf oder sechs Burschen hinter dem Tor schnaubte und drehte das Rad. Das Fallgatter kam langsam nach oben, während die Kette in ihren Führungen rasselte. Die dicken Muskeln an den Armen des Mannes glänzten weiß durch den Schmutz, als er sich anstrengte.
Ich beobachtete, wie zwei der Männer auf dem Wehrgang einen Blick wechselten. Wahrscheinlich wollten sie mehr von mir als nur den Pfeil. Ich ging langsam los, um das Tor zu erreichen, wenn das Fallgatter hoch genug war, damit ich mich nicht darunter bücken musste. Der Gestank des Ortes nach all den Nächten im Freien trieb mir Tränen in die Augen.
Das Unwetter, das mir aus einer verborgenen Wüste in meinem Geist entgegenraste, erreichte mich in dem Moment, als ich die Festung betrat. Ich bot dem nächsten Mann den Pfeil an, einem dünnen Burschen, der ausgerechnet die Axt eines Scharfrichters in der Hand hielt. Er streckte die Hand nach dem Pfeil aus, und ich rammte ihm das Ding ins Auge.
Ein stiller Moment folgt, wenn so etwas geschieht, wenn der Pfeil aus einem Auge ragt, dessen Besitzer erst noch schreien muss. Männer, die in solchen stillen Momenten handeln, leben länger. Von den Kriegern hinter dem Tor bewegte sich nur einer, bevor der Mann mit dem Pfeil im Auge schrie, aber ich war schneller, packte ihn am Handgelenk und rammte Makins Schild gegen seinen Ellenbogen. Dann drehte ich ihn am ausgestreckten Arm, damit er gegen den nächsten Mann stieß, bevor er an die Mauer prallte. Schnelle Männer leben oft länger, aber manchmal kommen sie dadurch nur als erste an die Reihe.
Ich wich zurück, bis fast zum Fallgatter, das sich zu senken begann, schüttelte die Armbrust des Nubiers von der Schulter und ließ sie mir von ihrem eigenen Gewicht in die Hand
gleiten. Dort kam sie nach oben, und ich drückte beide Abzüge, ohne zu zielen. Die beiden Bolzen trafen denselben Mann, was auf
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