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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Arterienblut, Violett von den Venen, Galle wie frisch geschnittenes Gras, Brauntöne aus den Eingeweiden. Doch getrocknet liegt alles zwischen Rost und Teer. Zeit für den Roten Jorg, zu einem Bach zu gehen und die Männer der Festung von sich abzuwaschen. Ich beobachtete, wie der Schmutz von mir wich, wie ihn das Wasser rosarot forttrug.
    »Was sollte das alles?«, fragte Makin und näherte sich mir.
    »Sie haben meinen Idioten getötet«, sagte ich.
    Makin zögerte. Mir gegenüber zögerte er oft, vielleicht deshalb, weil ich ihn verwirrte. »Wir haben dir gesagt, er sei in Norwood gestorben, und du hast nicht einen Moment für ihn übrig gehabt«, sagte Makin. »Wieso jetzt? Die Wahrheit, Jorg.«
    »Was ist Wahrheit?«, erwiderte ich und wusch mir das letzte Blut von den Händen. »Pilatus hat das gesagt, weißt du? ›Was ist Wahrheit?‹«
    »Na schön, dann sag es mir nicht«, brummte Makin. »Aber wir müssen die Brücke rasch überqueren, bevor dies bekannt wird.«
    Ich richtete mich auf und schüttelte Wasser aus dem Haar. »Ich bin bereit. Reiten wir los.«
    Mit den Brüdern im Sattel und auf der Straße stattete ich dem Steingrab einen letzten Besuch ab. Nekromantie pulsierte in meiner Brust, als ich darauf zuging, ein Echo des Schmerzes, den mir das Messer meines Vaters gebracht hatte. Ein Echo all der verschiedenen Arten von Schmerz, die ich in jenem Moment gefühlt hatte, als mich mein eigener Vater niederstach und die Kraft aus mir strömte, rot und warm. Raben stiegen von den Köpfen auf und flogen fort, als ich mich näherte. Stumm stand ich vor dem kleinen Hügel aus trockenen Steinen und Felsen, und wusste nicht recht, wie ich mich fühlte. Ich bemerkte die gelben Flecken von Flechten, eine Quarzader in einem Felsbrocken, dunkle Spritzer aus geronnenem Blut. Die Köpfe schienen mich zu beobachten, als ob ihre von den Raben ausgepickten Augen alle in meine Richtung starrten. Und dann gab es kein »als ob« mehr, als ich langsam um das Steingrab herumging, denn jeder Kopf drehte sich, damit mir sein Blick folgen konnte. Den ersten Mann hatte ich mit einem Pfeil ins Auge getötet. Der Pfeil zitterte, als er versuchte, mich auch mit jenem Auge anzusehen. Ich hielt den Blick des zweiten Auges fest.
    »Jorg.« Die Lippen formten meinen Namen.
    »Chella?«, fragte ich. Wer konnte es sonst sein? »Ich dachte, ich hätte dich tief genug begraben.« Für einen Moment sah ich, wie sie in den Schacht fiel und den Nubier mit sich zog, nachdem ich sie beide mit der Armbrust erschossen hatte.
    Das gleiche Lächeln zeigte sich auch auf den Lippen der anderen Männer.
    »Ich werde dich finden, Schlampe«, sagte ich leise. Sie hatte genug Ohren, um mich zu hören.
    Das Lächeln der Köpfe wurde größer, sie zeigten ihre Zähne. Lippen bewegten sich und schienen die Worte »Toter König« zu formen.
    Ich zuckte die Schultern. »Viel Spaß mit den Raben.« Und ich ging. Welche Macht auch immer hier am Werke war, ich bezweifelte, dass sie Maical unter so vielen Steinen stören konnte.
     
    Wir setzten den Weg fort, nachdem wir uns aus der Festung mit neuen Vorräten versorgt hatten, als Ersatz für jene, die vergangene Nacht in Gogs Feuer verbrannt waren. Remagen schmiegte sich an beide Ufer des Reim, eine kleine, von Schutzwällen umgebene Stadt. Rauch stieg aus den Schornsteinen zahlreicher Häuser, die wohlgeordnete Straßen säumten. Meine Aufmerksamkeit galt vor allem der Brücke. Bisher hatte ich Brücken nicht für elegant gehalten, aber diese hing glitzernd zwischen zwei silbernen Türmen, höher als die Spukburg. Sie schien an etwas aufgehängt zu sein, das nach glänzenden Drähten aussah, aber in Wirklichkeit mussten es Kabel so dick wie ein Mann sein.
    Eine halbe Stunde später standen wir vor dem Stadttor und warteten hinter Krämern, Händlern mit Wagen und Bauern, die Kühe führten oder Enten und Hühner auf Karren transportierten. Wir verstauten unsere Waffen so an den Pferden, dass man sie nicht auf den ersten Blick sah, aber wir blieben natürlich ein ziemlich rauer Haufen.
    Gorgoth zog viele Blicke auf sich, aber das übliche Gekreische und Weglaufen blieb aus.
    »Bestimmt gehört ihr zum Zirkus«, sagte der Bauer mit den Enten in Käfigen aus Flechtwerk. Er nickte, als wollte er die eigenen Worte bestätigen.
    »Ja, das stimmt«, sagte ich, bevor Rike etwas brummen
konnte. »Ich jongliere«, fügte ich hinzu und schenkte dem Bauern mein Lächeln.
    Die Männer am Tor gehörten zur gleichen bunt

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