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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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diesen vier Söhnen von ihm.« Sindri deutete auf den niedrigen Buckel von Halradra. »Aber er schläft schon seit Jahrhunderten.«
    »Dann lass uns dorthin reiten«, sagte ich. »Ich möchte mir einen schlafenden Riesen ansehen, bevor ich mir einen wachen vornehme.«
    »Dies sind keine Menschen, Jorg«, hatte mir Makin gesagt, bevor wir aufgebrochen waren. »Es sind keine Feinde. Man kann nicht gegen sie kämpfen.«
    Er wusste nicht, was ich zu erreichen hoffte, indem ich durch die Landschaft zog. Ich wusste es ebenfalls nicht, aber es ist immer von Vorteil, sich gut umzusehen. Wenn ich auf meine Erfolge zurückblicke, sofern man sie so nennen kann: Ich verdanke sie oft dem Umstand, dass ich zwei unterschiedliche Fakten zusammengefügt und sie in eine Waffe verwandelt habe. Gelleth habe ich mit zwei Fakten zerstört, die übereinander gelegt etwas Gefährliches ergaben. Eine solche Sache
existiert im Herzen der Erbauer-Waffen, zwei Brocken Magie, jeder für sich genommen harmlos; aber es ergibt sich eine kritische Masse, wenn man sie zusammenbringt.
    Der Halradra ist nicht so groß wie seine Söhne, aber er ist trotzdem groß. Jahre haben den unteren Hängen ihre Kanten genommen. Sie bestehen zum größten Teil aus schwarzem Schotter, der unter den Hufen knirscht, und die Felsen sind von Blasen durchsetzt, sodass man sie in der Hand zerbröckeln kann. Das Feuer ist seit so langer Zeit fort, dass man es nicht mehr riecht. In dem Durcheinander aus Asche und zerbrochenen Felsen sprießt üppig der Feuerbusch, beziehungsweise das Schmalblättrige Weidenröschen, wie es in Lehrer Lundists Büchern hieß. Es wächst als erste Pflanze dort, wo Feuer gewesen ist. Selbst nach vierhundert Jahren gab es kaum etwas anderes, das im schwarzen Dreck Wurzeln schlagen wollte.
    »Hast du sie gesehen?«, grollte Gorgoth neben mir. Die Tiefe seiner Stimme überraschte mich manchmal.
    »Wenn du mit ›sie‹ die Berge meinst, ja. Andernfalls lautet meine Antwort nein.«
    Er deutete mit einem Finger, der fast so dick war wie Gogs Unterarm. »Höhlen.«
    Ich sah sie erst später: dunkle Höhlenöffnungen am steilen Hang. Sie ähnelten Gorgoths altem Zuhause unter dem Honasberg.
    »Ja«, sagte ich schließlich. »Ich sehe sie.«
    Wir ritten weiter. Oben wurde es steil und der Boden zu trügerisch für Pferde. Wir ließen sie bei Sim und Grumlow zurück, setzten den Weg zu Fuß fort und stapften durch eine dünne Schicht aus eisigem Schnee. Die Gipfel von Halradras Söhnen sahen wie abgebrochen aus, zerklüftet, von Gewalt geformt. Der alte Mann konnte als gewöhnlicher Berg durchgehen,
denn nichts deutete auf einen Krater hin, bis man durch schneeverkrustete Rinnen aufstieg und plötzlich, von einem Augenblick zum anderen, den See erblickte.
    »Zufrieden?« Sindri kletterte neben mich und setzte sich dorthin, wo der Wind den Schnee von einem Felsen geweht hatte. Es klang wie eine Klage, aber er wirkte selbst zufrieden genug.
    »Ein beeindruckender Anblick, nicht wahr?«, erwiderte ich.
    Gorgoth kletterte mit Gog auf seiner Schulter zu uns.
    »Ich mag diesen Berg«, sagte Gog. »Er hat ein Herz.«
    »Das Blau des Sees sieht seltsam aus«, sagte ich. »Ist das Wasser giftig?«
    »Eis«, sagte Sindri. »Das Wasser ist Schmelzwasser von den Kraterhängen, vielleicht einen Meter tief. Der See darunter bleibt das ganze Jahr gefroren.«
    »Na so was«, sagte ich und hatte zwei Fakten an den Ecken.
    Wir kauerten uns in den Windschatten einiger Felsen ein Stück unter dem Kraterrand und beobachteten das seltsam blaue Wasser, während wir eine kalte Mahlzeit einnahmen, die aus Alarichs Küche stammte.
    »Was für ein Herz hat der Berg, Gog?« Ich warf Hühnerknochen den Hang hinunter und leckte mir Fett von den Fingern.
    Gog zögerte, schloss die Augen und dachte nach. »Alt, langsam, warm.«
    »Schlägt es?«, fragte ich.
    »Viermal«, sagte Gog.
    »Seit wir mit dem Aufstieg begannen?«
    »Seit wir den Rauch sahen, als wir von der Brücke ritten«, antwortete Gog.
    »Adler«, sagte Row und deutete zum dunstigen Blau über uns empor. Er langte nach seinem Bogen.
    »Hast gute Augen wie immer, Row.« Ich legte ihm die Hand auf den Arm. »Lass den Vogel fliegen.«
    »Nun …« Sindri schlang die Arme um sich. Seine Zöpfe flatterten im Wind. »Was jetzt?«
    »Ich würde mir gern die Höhlen ansehen«, sagte ich. Sie schienen mir plötzlich wichtig zu sein.
    Wir machten uns auf den Weg nach unten, der erstaunlicherweise schwieriger war als der

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