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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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sie den einen oder anderen Finger verloren.
    Der Boden bebte, eine Vibration, die ein Summen in meine Zähne brachte und uns alle schweigen ließ, bis es vorbei war. Die Lampen schwangen nicht, sondern zitterten an ihren Haken, und die Schatten verschwammen.
    »Und wie hat dir Heimrift gefallen?«, fragte Alarich.
    »Recht gut«, erwiderte ich. »Ich habe Berge immer zu schätzen gewusst.«
    Im großen Kamin neben uns stieg von der Asche des vergangenen Abends ein wenig Rauch auf. Er erinnerte mich an den Vulkan Vallas und den Rauch, der aus seinen Flanken kam.
    »Und bist du bereit, dich auf die Suche nach Ferrakind zu machen?«, fragte Alarich.
    »Das bin ich«, bestätigte ich und hatte das Gefühl, dass Ferrakind schon sehr bald nach mir suchen würde, wenn ich nicht zu ihm ging.
    »Erzähl mir von den Trollen«, sagte Alarich. Er überraschte mich, dieser Herzog, mit seiner alten Art, den Göttern von damals, seinen Äxten und Fellen. Man konnte ihn für einen stumpfen Gegenstand halten, für den Krieg und kaum etwas anderes geschaffen, doch seine Gedanken waren so schnell, dass der Mund von einem Thema zum nächsten springen musste, um mit ihnen Schritt zu halten. »Von den Trollen und deinen seltsamen Begleitern«, fügte er hinzu. Und als hätte er damit das Stichwort gegeben, schwang die Tür am Ende des Saals auf, und herein kam Gorgoth, ein dunkler Riese, der aus dem Regen trat.
    Die Krieger des Herzogs schlossen ihre Hände fester um die Griffe ihrer Äxte, als Gorgoth näher kam. Stille herrschte im großen Saal; nur das Geräusch von Gorgoths schweren Schritten war zu hören. Hinter ihm lief Gog. Regennässe löste sich als Dampf von ihm, und jede Lampe, an der er vorbeikam, glühte heller.
    Wieder geriet der Boden in Bewegung, diesmal so stark, als hätte in der Nähe ein Riese seinen Hammer fallen gelassen. Draußen knirschte etwas und fiel krachend. Neben mir rutschte eine Lampe von ihrem Haken, zerbrach auf dem Boden und verspritzte brennendes Öl. Einige Spritzer trafen meine
Hosenbeine und brannten dort, ohne dass der regennasse Stoff Feuer fing. Gog reagierte schnell, richtete eine Klauenhand auf mich und die andere auf den Kamin. Er stieß einen kurzen, fast schrillen Schrei aus, und die aus dem Lampenöl züngelnden Flammen verschwanden. Dafür brannte plötzlich ein Feuer im Kamin, als läge dort trockenes Holz und keine Asche.
    Die Männer um uns herum fluchten. Ich wusste nicht, ob ihre Flüche dem starken Beben oder der Sache mit der zerbrochenen Lampe galten. Vielleicht machten sie einfach nur ihrer Anspannung Luft, die sie beim Anblick von Gorgoth erfasst hatte.
    »Das ist ein guter Trick.« Ich ging in die Hocke, um auf einer Augenhöhe mit Gog zu sein, und winkte ihn zu mir. »Wie hast du das gemacht?« Meine Finger berührten die Stellen, wo das Feuer gebrannt hatte, an den Hosenbeinen und auf dem Boden. Als ich sie hob, waren sie kalt und ölig.
    »Was gemacht?«, fragte Gog mit hoher Stimme. Er sah den Herzog an und betrachtete die Äxte in den Händen der Männer.
    »Wie hast du das Feuer ausgemacht?« Ich blickte zum Kamin. »Ich meine, wie hast du das Feuer bewegt?«, korrigierte ich mich.
    Gog wandte den Blick nicht von Alarich auf seinem hohen Stuhl ab. »Es gibt nur ein Feuer, Dummerjan«, sagte er und vergaß alles mit Königen und Herzogen. »Ich habe es nur gedrückt.«
    Ich runzelte die Stirn. Ich ahnte, was er meinte, aber das Verstehen entzog sich mir. Was ich gar nicht mochte. »Erkläre es mir.« Ich drehte ihn an den Schultern, bis sich unsere Blicke trafen.
    »Es gibt nur ein Feuer«, wiederholte er. Seine Augen waren dunkel, zeigten ihr übliches Schwarz, aber es lag etwas Heißes
darin, etwas Unangenehmes, als könnten sie entzünden, was sie sahen.
    »Ein Feuer«, sagte ich. »Und all diese …« Ich zeigte auf die Lampen. »Sind es Fenster für das eine Feuer?«
    »Ja.« Gog seufzte gereizt und begann zu zappeln. Er sehnte sich nach einem neuen Spiel.
    Vor dem inneren Auge sah ich einen Vorleger. Einen Vorleger mit einer Falte. Die Erinnerung an ihn stammte aus weicheren Tagen. Aus einer Zeit, in der ich in einer Welt geschlafen hatte, die nie bebte oder brannte, in einem Zimmer, in dem mich meine Mutter mit einem Gutenachtkuss in den Schlaf geschickt hatte. Ein Vorleger mit einer Falte, und eine Bedienstete, die versuchte, sie mit dem Fuß zu glätten. Jedes Mal, wenn sie darauf trat, entstand in der Nähe eine neue Falte. Aber nie zwei. Denn es gab nur eine

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