Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Koenig der Murgos

Koenig der Murgos

Titel: Koenig der Murgos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
blicken konnte. Unser Vater wich den Rest seines Lebens nie wieder von ihrer Seite und ließ sie nie spüren, was er sah, wenn er sie anschaute.«
    Silks Gesicht hatte sich verdüstert, und er preßte kurz die Lippen zusammen, ehe er fortfuhr. »Es war das Tapferste, was ich je einen Mann tun sah – und um so schlimmer, weil es eine endlose Qual war bis zu seinem Tod.« Er wandte das Gesicht ab. »Könnten wir nicht über etwas anderes sprechen?«
    »Tut mir leid, Kheldar«, sagte Urgit voll Mitgefühl. »Es lag nicht in meiner Absicht, alte Wunden aufzureißen.«
    »Wie war es, in Rak Goska aufzuwachsen?« fragte Silk nach kurzer Pause.
    »Schlimm«, antwortete Urgit. »Die ersten Zeichen begin-nenden Wahnsinns machten sich bei Taur Urgas schon viel früher bemerkbar, als in der Familie der Urgas bisher üblich gewesen war, und es gab allerlei Rituale, denen wir uns beugen mußten.«
    »Ich habe einige davon gesehen.«
    »Oh, ich meine nicht nur die im Tempel, Kheldar, obwohl es auch genügend davon gab. Ich spreche von seinen persönlichen Eigenheiten. Niemand durfte je zu seiner Rechten stehen, und es bedeutete den Tod für denjenigen, dessen Schatten auf den König fiel. Meine Brüder und ich wurden unseren Müttern schon mit sieben weggenommen, um geschult zu werden
    – hauptsächlich militärisch – , was mit großer körperlicher Anstrengung verbunden war. Fehler jeglicher Art wurden mit Auspeitschen bestraft, gewöhnlich beim Abendessen.«
    »Das kann einem schon den Appetit rauben.«
    »Und wie. Ich esse nie mehr zu Abend – zu viele unangenehme Erinnerungen. Meine Brüder und ich fingen sehr früh an, gegeneinander zu intrigieren. Taur Urgas hatte viele Gemahlinnen und ganze Kompanien von Kindern. Da der älteste überlebende Sohn der Thronerbe ist, verschworen wir uns alle gegen unsere älteren Brüder und versuchten uns gegen die Komplotte der jüngeren zu schützen. Ein besonders liebenswerter erstach einen anderen, als er noch nicht einmal ganz neun war.«
    »Frühreif«, murmelte Silk.
    »Oh, das war er wahrhaftig. Taur Urgas war natürlich zu-höchst erfreut, und eine Zeitlang war der Rückenstecher sein bevorzugter Liebling. Das machte uns ältere Brüder ziemlich nervös, da es durchaus vorstellbar war, daß unser irrsinniger Vater auf den Gedanken kam, uns erwürgen zu lassen, um Platz für das kleine Ungeheuer zu schaffen. Also unternahmen wir Schritte.«
    »Oh?«
    »Wir erwischten ihn eines Tages allein in einem oberen Stockwerk des Palasts und warfen ihn aus dem Fenster.« Urgit starrte düster über die langen Wellen, die vom Großen Westmeer herwogten. »Von dem Tag an, als wir unseren Müttern weggenommen wurden, bestand unser Leben aus ständiger Furcht und sinnloser Brutalität. Wir sollten die vollkommenen Murgos sein – stark, tapfer, absolut loyal und Torak treu ergeben. Jeder hatte einen Grolim als Lehrer, und Tag für Tag mußten wir uns stundenlang Gequatsche über den Gott der Angarakaner anhören. Es war nicht gerade eine schöne Kindheit.«
    »Taur Urgas zeigte nie Zuneigung?«
    »Nicht zu mir jedenfalls. Ich war immer der kleinste, und für mich hatte er nur Verachtung. Murgos sollen groß und stämmig sein. Selbst nachdem es mir gelungen war, mich so weit hochzuarbeiten, daß ich der Thronerbe sein würde, hatte er kein gutes Wort für mich, im Gegenteil, er ermutigte meine jüngeren Brüder in jeder Weise, mich umzubringen.«
    »Wie gelang es dir zu überleben?«
    »Durch meinen Verstand – und indem ich einen Schlüssel benutzte, den es mir geglückt war zu stehlen.«
    »Einen Schlüssel?«
    »Zur Schatzkammer. Du würdest dich wundern, wieviel Hilfe man sich selbst in Cthol Murgos erkaufen kann, wenn man mit Geld nicht sparen muß.«
    Silk fröstelte. »Die Kälte hier an Deck geht mir durch Mark und Bein«, sagte er. »Wie wär's, wenn wir uns in die Kabine setzen und uns mit einer Kanne Glühwein erwärmen?«
    »Ich trinke nicht, Kheldar.«
    »Du trinkst nicht?« staunte Silk.
    »Ich muß stets bei klarem Verstand sein. Jemand, der seinen Kopf im Weinfaß stecken hat, kann nicht sehen, wenn sich einer mit einem Dolch anschleicht, nicht wahr?«
    »Bei mir bist du völlig sicher, Bruder.«
    »Ich bin bei niemandem sicher, Kheldar – schon gar nicht bei einem Bruder. Du mußt verstehen, das ist nicht persönlich gemeint – lediglich die Folgen einer sehr nervösen Kindheit.«
    »Na gut«, sagte Silk keineswegs gekränkt, »gehen wir hinein, dann kannst du zusehen, wie

Weitere Kostenlose Bücher