Koenig der Murgos
um sich. »Wir müssen einen Unterschlupf finden und dort das Ende des Sturms abwarten.«
»Das dürfte sich als schwierig erweisen, Pol.« Er spähte über das Grasland, ohne den geringsten Hinweis auf menschliche Behausungen zu entdecken. Das breite Tal unterhalb von ihnen war mit tiefen Klammen durchzogen, wo rauschende Wildbäche sich ein Bett durch das Tal geschnitten und so die runden Felsblöcke und Steine entblößt hatten, die unter der dünnen Erddecke und ihrem zähen Gras lagen. Der Sturm feg-te über das Gras, daß es wie Wellen wogte, und der mit Eiskörnern gemischte Regen hämmerte darauf. »Urgit«, fragte der alte Mann, »gibt es in dieser Gegend Dörfer oder Einödhö-
fe?«
Urgit wischte sich den Regen aus dem Gesicht und blickte um sich. »Ich glaube nicht«, antwortete er. »Auf den Karten ist in diesem Teil von Cthaka nichts eingetragen als die Hochstraße, die landein führt. Vielleicht stoßen wir auf einen Ein-
ödhof, aber ich bezweifle es. Die Scholle ist hier zu dünn für Feldbestellung und der Winter zu streng für Viehwirtschaft.«
Der alte Mann nickte düster. »Das habe ich befürchtet.«
»Wir könnten vielleicht die Zelte aufstellen«, meinte Durnik,
»aber eben mitten in freiem Feld, und Brennholz ist hier sicher nirgendwo zu finden.«
Eriond, der bisher stumm und geduldig auf seinem Hengst gesessen hatte, blickte auf die eintönige Landschaft, als erkenne er sie plötzlich. »Könnten wir nicht Zuflucht im Wachtturm finden?« fragte er.
»In welchem Wachtturm?« erkundigte sich Belgarath, und ließ den Blick wieder ringsum schweifen. »Ich sehe keinen.«
»Von hier kann man ihn auch nicht sehen. Er ist eingestürzt, aber der Keller ist noch vorhanden.«
»Ich weiß von keinen Wachttürmen in diesem Gebiet«, warf Urgit ein.
»Er wurde auch schon sehr lange nicht mehr benutzt.«
»Wo befindet er sich, Eriond?« fragte Polgara. »Kannst du uns hinführen?«
»Natürlich. Es ist nicht sehr weit.« Der junge Mann wendete seinen Hengst und ritt schräg hoch zum Kamm der Landzunge. Als sie ihm folgten, blickte Garion den Hang hinunter und sah eine größere Zahl von Steinblöcken aus dem Gras ragen.
Aus dieser Entfernung war es schwer, sicher zu sein, aber einige der Quader sahen aus, als wären sie behauen.
Oben angekommen, kreischte der Wind um sie, und das Gras peitschte gegen die Beine der Pferde.
»Bist du sicher, Eriond?« schrie Polgara durch den Wind.
»Wir können von der anderen Seite hinein«, antwortete er überzeugt. »Vielleicht ist es jedoch besser, wenn wir die Pferde führen. Der Eingang ist ziemlich dicht am Rand der Klippe.«
Er rutschte aus dem Sattel und ging voraus über den Kamm.
»Seid hier vorsichtig«, mahnte er, als er um eine leichte Mulde herumging. »Ein Teil des Daches gibt ein wenig nach.«
Unmittelbar außerhalb der grasüberwucherten Mulde führte ein Hang steil zu einem schmalen Sims hinunter, von dem die Klippe scharf abfiel. Eriond stieg den Hang hinunter und führ-te sein Pferd den Sims entlang. Garion folgte ihm. Als er den Sims erreichte, blickte er über den Klippenrand. Tief unten lag das Wrack auf dem Strand. Eine breite Reihe Fußabdrücke entfernte sich am Wasserrand von ihm und wurde vom Regen verschluckt.
»Hier ist es«, rief Eriond. Dann verschwand er, und es sah aus, als führe er seinen Hengst direkt in den grasbedeckten Hang hinein.
Die anderen folgten neugierig und fanden einen schmalen Türbogen, der ganz offensichtlich von Menschenhand erbaut worden war. Das lange Gras darüber und zu beiden Seiten hatte ihn überwuchert, bis er kaum noch zu sehen war. Dankbar schob Garion das Gras zur Seite und tauchte durch die Öffnung in eine stille, modrige Dunkelheit.
»Hat jemand daran gedacht, Fackeln mitzubringen?« fragte Sadi.
»Sie befanden sich leider beim Proviant«, bedauerte Durnik.
»Sehen wir mal, was ich tun kann.« Garion spürte eine schwache Bewegung und hörte ein leises Zischen. Dann erschien ein Lichtpunkt auf Durniks Handfläche, der allmählich wuchs, bis sie das Innere dieser alten Ruine sehen konnten.
Wie so viele Bauten aus alter Zeit war auch der niedrige Keller dieses ehemaligen Turms ein Gewölbe. Steinbogen stützten die Decke und die Wände. Genau diese Bauweise hatte Garion in König Anhegs äonenaltem Palast gesehen sowie in den Ruinen von Vo Wacune, in den unteren Stockwerken seiner eigenen Zitadelle in Riva und sogar in der hallenden Gruft des einäugigen Gottes in Cthol
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