König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
früher hier gewohnt hat und auch hier ermordet wurde“, fuhr sie fort. „Ein Dämon namens Asasel hat sie betrogen und hält sie nun hier fest, weil sie ihm seine Seele verkauft hat.“
„So was geht wirklich?“, entfuhr es Michael. Er grinste gequält. „Ich dachte, solche Dinge gibt’s nur im Märchen.“
„Nein. Das gibt es tatsächlich. Du bleibst entweder hier auf der Erde, wenn du so schwer gesündigt hast, dass du nicht in das Licht Gottes gehen kannst, weil du es nicht siehst. Oder du kannst das Licht vielleicht sehen und kannst doch nicht hinein, weil ein Dämon dich festhält, dem du deine Seele verkauft hast.“
„Finster!“, stellte Michael fest. „Warum hat diese Elizabeth das getan?“
„Wegen ihres Vaters. Er muss ein grausamer Mensch gewesen sein. Ich habe nur ein einziges Mal Elizabeths Emotionen gespürt, während sie an ihn dachte. Aber dieses eine Mal hat mir schon gereicht.“ Eleanor schüttelte sich, als sie an diese Nacht denken musste.
„Ich nehme an, sie hat diesem ‚Asasel‘ ihre Seele angeboten, wenn er sie von ihrem Vater befreit?“, folgerte Michael.
„Allerdings“, schaltete Raphael sich erneut ein. „Aber ich sage dir gleich – lass dich nie auf einen solchen Handel ein. Dabei kannst du nur verlieren.“
Michael nickte nachdenklich. Er wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, einen solchen Handel mit einem Dämon einzugehen. Zumindest verstand er jetzt besser, was hinter dem Leichenfund vor einigen Wochen steckte, in den Eleanor verwickelt gewesen war. Immerhin waren die Zeitungen voll davon gewesen und von dem üblichen Zufallsfund bis hin zu merkwürdigen Verschwörungstheorien war an Erklärungen tatsächlich alles dabei gewesen.
„Heißt das, dass diese Elizabeth also nicht bösartig ist?“, fragte er.
Eleanor lächelte. „Nein, das ist sie absolut nicht. Sie ist ein wunderbarer Mensch und sie hat es nicht verdient, hier sein zu müssen.
„Wer ist dieser William, den du erwähnt hast?“, wechselte er das Thema.
„Ein Mann, der bis vor kurzem in einer Burgruine hinten im Wald lebte.“ Eleanor wies grob in die Richtung, in der sie die verfallenen Reste der Burg wusste.
„Ah, du meinst Crowstone.“
„Du kennst die Ruine?“
„Aber ja. Wer hier lebt und zur Schule geht, macht mit Sicherheit irgendwann einen Schulausflug dorthin. Aber sag mal, wo wohnt der Geist denn dort? Bis auf das Kellergewölbe steht doch dort nichts mehr.“
„Genau dort lebte er. Er saß immer hinter dem Mittelpfeiler auf dem Fußboden. Als ich ihn zum ersten Mal wahrnahm, bin ich wie um mein Leben gerannt.“
Michael erschauerte, als er daran dachte, wie er damals während des Schulausflugs mit seinen Klassenkameraden in das Gewölbe hinabgestiegen war. Eiskalt war es dort gewesen.
„Und jetzt ist er nicht mehr dort? Warum nicht?“
„Nach meiner Begegnung mit ihm konnte er das Licht sehen.“
„Das Licht? Du meinst Gott?“
Eleanor nickte stumm.
„Eleanor war seit mehreren Jahrhunderten der erste Mensch, der ihn in seiner völligen Isolation erreichte“, erklärte Raphael. „Als sie Mitleid für ihn empfand, weil er seine Sünden ehrlich bereute, da wusste er, dass auch Gott ihm vergeben hatte.“
Michael wandte sich an Eleanor. „Woran hast du erkannt, dass seine Reue ehrlich war? Vielleicht hat er dir nur etwas vorgemacht. Würde jemand in seiner Situation nicht alles tun, um da heraus zu kommen?“
Eleanor schüttelte den Kopf. „Geister haben zwar keinen Körper mehr, aber sie strahlen ihre Emotionen sehr stark aus. Das Deutlichste ist ihre Angst. Geister leben ununterbrochen mit der Angst, die durch ihre Einsamkeit entsteht. Dem Wissen, dass sie vor dem Tag des Jüngsten Gerichts nicht vor Gott werden bestehen können. Außerdem der Angst in einer Welt zu leben, die sie sich mehr beeinflussen können. Stell dir vor, du würdest jetzt und in diesem einen Augenblick deine Arme, deine Beine und deinen Mund verlieren. Du würdest einen Riesenschrecken bekommen, dann Panik und pure Angst. Du könntest deine Umwelt noch immer sehen und hören, aber du kannst nicht mehr gehen, nichts mehr berühren, mit niemandem mehr Kontakt aufnehmen. Dieses Grausen ist der elementarste Bestandteil eines Geistes, er strahlt dieses Gefühl unablässig aus weil er es unablässig empfindet.“
„Dann hatte ich selbst gar keine Angst?“, schloss Michael. „Es war die Angst des Geistes, die ich empfunden habe?“
Eleanor nickte. „Zu diesen Ängsten des Geistes
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