König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
wollte ich. Es hätte mich fast erwischt.“
„Was hätte dich erwischt?“
„Der unsichtbare Dämon in meinem Zimmer.“
„Ein unsichtbarer Dämon?“, fragte Raphael skeptisch. „Bist du sicher, dass es ein Dämon war? Es ist eher ungewöhnlich, dass ein Dämon unsichtbar bleibt, wenn er mit einem Menschen Kontakt aufnimmt.“
„Ich weiß nur, dass es kein Mensch gewesen ist. Es war nur eine Stimme. Sie klang, als käme sie aus weiter Ferne und doch war sie mir ganz nah. Ich hatte ein unglaubliches Angstgefühl und konnte mich kaum rühren.“
„Was hat die Stimme gesagt?“
Michael hielt inne und sah Raphael verwirrt an. Er musste sich einen Augenblick lang konzentrieren, um sich die Worte ins Gedächtnis zurückzurufen.
„Erst sagte sie ‚Du kannst mich sehen, Kleiner‘, begann er zögernd. „Dann sagte sie so etwas wie ‚Der Tag ist nahe. Die Stimme des Meisters hat nicht gelogen. Bald sind wir frei und können in diese Welt zurück‘. So oder so ähnlich ist es gewesen… glaube ich.“
Raphael und Eleanor sahen sich an. Dann nickten sie beide.
„Das war kein Dämon“, begann Eleanor. „Du hast einen Geist gehört.“
„Einen Geist?“ Michael wirkte fassungslos.
Eleanor nickte. „Ja. Als Lilith dich berührte und dir die Macht gab, in die andere Welt zu blicken, da hat sie dir nicht erzählt, dass es in dieser Welt nicht nur Engel und Dämonen gibt.“
„Nicht?“ Michael war sein Entsetzen um das, was er nun hören würde, deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Nein. In dieser Welt befinden sich auch die Geister der Toten. Du hast einen Toten in deinem Zimmer gesehen. Eine verdammte Seele, die nicht zu Gott gelangen kann.“
Einen Moment lang zögerte Michael. Dann begann er zu grinsen.
„Einen Geist“, stellte er belustigt fest. „Ein Gespenst. Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen müsste?“
„Du tätest gut daran, Eleanor zu glauben“, schaltete sich Raphael ein. „Sie sieht die Geister der Toten auch. Es sind all jene, die auf dieser Welt fest hängen, weil ihre Sünden sie an den Ort ihres Todes fesseln.“
„Den Ort ihres Todes?“. Michael erstarrte. Sein Grinsen gefror und er sah Raphael ungläubig an. „Heißt das, dass dieser… dieser Tote in meinem Zimmer gestorben ist?“
„Vielleicht nicht in deinem Zimmer, aber sicher in deinem Haus. Es steht ja schon seit über zweihundert Jahren.“
„Und er ist böse?“
„Nach allem was du sagst, ist es wohl so.“
Michael ließ fassungslos die Schultern hängen. „Mein Gott. Es war grauenhaft. Ich… ich traue mich kaum zurück.“
Der Satz war raus, noch bevor er nachgedacht hatte. Jetzt stand er vor Eleanor sicher als Feigling da. Er sah sie gequält an.
„Ich weiß genau, was du meinst“, sprudelte es zu seiner Überraschung jedoch aus ihr heraus. „Als ich Elizabeth zum ersten Mal traf, wäre ich vor Angst fast gestorben. Ich wollte wegrennen und konnte es nicht. Ich hätte mich vor Angst fast übergeben. Bei William war es fast noch schlimmer, aber am übelsten war es auf dem Feld vor Tintagel. Du warst ja dabei, als sie mich zu Boden gerissen haben. Ich dachte, ich würde sterben, als sie alle auf mich einschrien.“
Verstand einer die Frauen! Sie schien ihn gar nicht für seine Angst zu verachten. Es schien ihr vollkommen natürlich zu sein, dass er sich nicht nach Hause traute. Oder hatte sie den Sinn seiner Worte nicht ganz verstanden?
„Tintagel?“, wagte er einzuwerfen. „Auf dem Feld waren Geister?“
„Mehrere hundert“, schaltete Raphael sich ein. „Eine Söldnerarmee. Ihre Gebeine wurden auf dem Feld direkt bei der Kirche von St. Materiana begraben. Fast alle von ihnen waren als Berufsmörder verdammt und sind an diesen Ort gebunden. Sie erkannten, dass Eleanor sie wahrnehmen konnte und stürmten auf sie ein. Das hat sie in Ohnmacht fallen lassen.“
Langsam begann Michael zu verstehen. Er nickte, während er seine Gedanken zu ordnen versuchte.
„Und wer ist Elizabeth und dieser William?“
„Elizabeth ist das Mädchen, deren Leiche ich im Treppenhaus gefunden habe“, erklärte Eleanor erregt. Sie war jetzt kaum noch zu halten. Es tat so unendlich gut, über diese Dinge endlich mit jemand anderen als Raphael reden zu können. Mit einem Menschen. Einem von ihrer Art. Er verstand, was sie sagte und glaubte ihr zudem noch. Und zu allem Überfluss war es nicht irgendjemand, es war Michael! Der wunderbare Michael!
„Ihr Geist sitzt hier in Stratton Hall fest, weil sie
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