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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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hatten. Wie hätte Raphael darauf reagieren sollen?
    Eleanor begann zu weinen. Ihre Umwelt verschwamm vor ihren Augen und nur der Schmerz blieb übrig, eben jener Schmerz, der sie schon einmal fast in die Arme des Todes getrieben hatte. Dieses Mal aber schien er hundertmal so stark zu sein. Tausendmal. Er drang in jeden Winkel ihres Körpers und fraß sie von innen heraus auf, höhlte sie vollkommen aus und ließ nur ein Wrack zurück, zitternd und schwach. Sie bemerkte nicht mehr, wie Elizabeth sie in den Arm nahm und sanft hin und her schaukelte. Jetzt war die Welt endgültig tot und sinnlos geworden, ebenso, wie ihr Herz und ihre Seele es nun waren.
     
    Die folgenden Tage verschwammen in Eleanors Wahrnehmung. Sie bekam wenig von den Ereignissen mit, die um sie herum das gesamte Sanatorium in Aufruhr versetzte. Das Pflegepersonal hatte bei Eleanor einen Rückfall feststellen müssen. Einen Rückfall, der mit dem spurlosen Verschwinden des jungen Raphael zusammenfiel. Jener Raphael, von dem bekannt war, dass er irgendeine Beziehung zu Eleanor unterhalten hatte. Es schien auf der Hand zu liegen, dass diese beiden Vorkommnisse miteinander in Verbindung stehen mussten.
    Das Problem war allein, dass Eleanor die einzige war, die etwas zu beidem hätte sagen können. Eleanor Storm aber sprach nicht mehr. Sie starrte nur noch mit leerem Blick an die Wand. Sie schlief praktisch nicht mehr, musste schließlich gar gefüttert werden. Es konnte keinen Zweifel daran geben, dass sie ihre Umwelt nicht länger wahrnahm und sich die Reste ihrer zertrümmerten Seele tief in ihren Körper zurückgezogen hatten. So tief, dass sie nichts mehr sah oder hörte, nicht mehr auf Reize oder Geräusche reagierte. Mehrmals besuchte ihre Familie sie. Ihre kleine Schwester Nora, ihre Mutter, Onkel Max. Doch sie selbst sah niemanden von ihnen, hörte und spürte sie nicht.
    Dr. Marcus beriet sich mit seinem Team. Man diskutierte unter anderem die Frage, ob sie zurück auf die Sicherheitsstation verlegt werden sollte. Dort wäre es leichter, eventuellen Suizidversuchen zu begegnen. Schließlich aber entschied man sich dagegen: Eleanor Storm hatte so weit abgeschaltet, dass niemand ihr einen Selbstmord zutraute. Sie nahm ja nichts wahr, tat nichts mehr, was nicht von außen unterstützt wurde. Sie in ihrer gewohnten Umgebung zu belassen, würde wohl förderlicher sein.
    Ebenso problematisch war das Verschwinden Raphaels. Die Polizei setzte ihn zur Fahndung aus, doch außer einigen kaum ernst gemeinten Hinweisen aus der Bevölkerung ergab sich hier nichts. Man schickte einen Polizeipsychologen in der bangen Hoffnung bei Eleanor vorbei, dass er ihr einige Informationen entlocken könnte, wo Dr. Marcus gescheitert war. Doch auch er zerbrach an der Mauer, die Eleanor um sich herum errichtet hatte. Raphael war und blieb verschwunden. Niemand in Stratton Hall würde ihn je wiedersehen.
    Eleanor hingegen lebte wie in einer anderen Welt. Einer Welt, in der es keine Zeit mehr gab und nichts, das eine Reaktion von ihr verlangt hätte. Sie weinte oft und nahm es selbst nicht einmal wirklich wahr. In den langen Stunden der Nacht saß Elizabeth oft bei ihr, hielt ihr die Hand, sprach mit ihr oder wiegte sie sanft. Doch es dauerte lange, bis Eleanor es wahrnahm. Sie wusste nicht, wie sie hätte reagieren können, doch sie bemerkte, dass ihre Freundin sich um sie bemühte und sie aus dem tiefen, schwarzen Loch herausholen wollte, in das sie gefallen war.
    In ihrem Geist drehte sich in dieser Zeit alles um Raphael, den wunderbaren Raphael. Noch vor ganz kurzer Zeit schien alles perfekt gewesen zu sein, makellos und rein. Doch dann hatten wenige Augenblicke alles zunichte gemacht. Ob er sich ebenso nach ihr sehnte, wie sie nach ihm? Bestimmt würde er alles tun, um wieder zu ihr gelangen zu können. Er hatte es schon einmal getan, war schon einmal durch die Hölle zu ihr gekommen. Er würde es wieder tun, ganz sicher. Doch die Zeit verging und mit ihr die Hoffnung auf Raphaels Rückkehr. Vielleicht konnte er nicht kommen. Vielleicht war es dieses Mal an ihr, einen Weg zu ihm zu finden. Doch wie sollte sie das tun? Sie konnte nicht einfach in die Geisterwelt eintauchen und dort nach ihm suchen. Aber ihn in der realen Welt zu suchen, würde noch weniger Erfolg haben. Hier brauchte man Geld um zu reisen und selbst dann war es vollkommen aussichtslos, eine einzelne Person zu finden, die sich versteckt hielt und nicht gefunden werden wollte. Zumal, wenn es sich bei

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