König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
mit der Kraft Gottes geheilt habt. Ich dachte mir, dass eine einfache Berührung von euch sicher das kann, was niemandem sonst gelungen ist…“
„Du hast geglaubt, dass die Macht in mir so groß ist, dass schon eine einfache Berührung reichen kann? Selbst, wenn ich gar nichts dazu beitrage?“
Die Frau nickte eifrig. Noch immer flossen ihr Tränen übers Gesicht und sie wurde unablässig von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt.
„Geh jetzt nach Hause“, sagte Jeshua sanft. „Dein Glaube hat dir geholfen und dein Leid ist von dir genommen.“
Mit diesen Worten erhob sich Jeshua. Die Frau hörte schlagartig auf zu weinen. Unsicher kam sie auf die Beine, dann verließ sie den Menschenring, selig lächelnd.
Jeshua hingegen wandte sich gerade eben wieder Jaïr zu, als erneut am Rande der Menschenmenge Unruhe ausbrach.
„Jaïr! Jaïr!“, rief eine helle Männerstimme.
Der Neuankömmling kämpfte sich durch die Menschen, die ihm nur widerwillig Platz machten. Endlich aber blieb er schwer atmend vor Jeshua und Jaïr stehen.
„Herr!“, sprach er zu Jaïr gewandt. „Es ist zu spät. Eure Tochter ist soeben gestorben! Ihr müsst den Meister nicht weiter bemühen.“
Ein gequälter Laut verließ Jaïrs Lippen. Unwillkürlich ergriff er Jeshuas Arm, um sich festzuhalten. Dann begann er hemmungslos zu weinen. Jeshua zog ihn sanft an sich heran und nahm in tröstend in die Arme.
„Erschrick nicht! Hab nur Vertrauen, dann wird deiner Tochter geholfen!“, sagte er leise. Er trat einen Schritt von Jaïr zurück, jedoch ohne seine Hand loszulassen. Jaïr blickte ihn mit verquollenen Augen und tränennassem Gesicht verwirrt an. Dann jedoch nickte er zaghaft.
Es war vollkommen still auf dem Dorfplatz geworden, als Jeshua nun mit Jaïr an der Hand durch die Menge ging, die sich vor ihm teilte und dann sofort wieder hinter ihm schloss um ihm zu folgen. Sie gingen einige Gassen entlang, bogen um enge Kurven und stiegen mehrere Treppen empor, um zum oberen Teil des Dorfes zu gelangen. Zu ihrer Rechten blitzte die blaue Oberfläche des Sees zwischen weißgetünchten Häuserwänden hervor. Jenseits desselben sah man in der Ferne das Gebirge im staubigen Dunst des Sonnenlichts liegen. In dieser Richtung lag Jerusalem, jene Stadt, zu der es Jeshua zog und die ihn doch nicht wollte.
Schließlich hielten sie vor einem schmucken, kleinen Haus. Es war ebenso wie die anderen strahlend weiß gestrichen, verfügte über zwei Stockwerke und ein Flachdach, auf dem man in warmen Nächten besser schlief als in einem der stickigen Zimmer. Schon von draußen sah man, dass die Bewohner des Hauses in Trauer waren. Die Läden waren sämtlich geschlossen und aus dem Innern des Hauses klangen dumpfe Geräusche von Wehklagen und Trauergesang.
„Kephas, Johanan, Jakob. Ihr dürft mit hinein. Ansonsten nur die Eltern des Mädchens. Alle anderen bleiben draußen.“
Jeshua blickte in die Gesichter um sich herum, wie um sich zu vergewissern, dass jeder ihn verstanden hatte. Dann nickte er, atmete tief durch und öffnete die Tür. Er trat über die Schwelle des Hauses und sofort umfing ihn wohltuende Kühle und Dunkelheit. Die Klagerufe kamen aus dem ersten Stock und so wandte Jeshua sich der Treppe auf der rechten Seite des Hauses zu. Er spürte die Bewegungen seiner Begleiter hinter sich , als er die steilen Stufen der Treppe erklomm. Oben angekommen wies ihm der Lichtschein und das Wehgeschrei erneut den weiteren Weg und schließlich fanden sie sich in einem engen Flur vor einer offenen Zimmertür wieder, vor der ein halbes Dutzend Mitglieder des Haushaltes von Jaïr auf den Knien lagen und weinten und jammerten.
„Ist es wahr?“, vernahm Jeshua Jaïrs verängstigte Stimme hinter sich. „Ist sie tot?“
Als Antwort schien sich die Lautstärke des Klagegesangs noch zu verdoppeln, doch einige Gesichter wandten sich den Neuankömmlingen zu und mehrere nickten mit tränennassen Gesichtern.
Jeshua blickte sich nach Jaïr um. Dann trat er entschlossen an den knienden Menschen vorbei in das Zimmer, welches ebenso wie der Rest des Hauses in Dunkelheit lag. Zumindest brannten hier noch mehr Kerzen , so dass alles in ein gelbes und flackerndes Licht getaucht war. Zugleich aber war die Luft hier so verbraucht und abgestanden, dass das Atmen schwerfiel und einige hinter Jeshua husten mussten.
Dort an der Wand stand ein kleines Bett, umgeben von einem Meer kleiner, tönerner Öllampen. Davor kniete die Mutter des Kindes, sie hielt sich an der
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