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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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hinter alle dem steckt!“
    „Das macht Sinn!“ Raphael schob entschlossen den Unterkiefer vor. „Und ich kann auch sagen, was der Grund dafür ist. Wer immer es ist, will seine Zeit hier auf der Erde beenden, indem er die Voraussetzungen für das Jüngste Gericht erschafft. Er geht davon aus, dass er danach wieder in den Himmel kommt, wenn alle Menschen gerichtet wurden und die Welt nutzlos geworden ist. Was ich nicht verstehe, ist, wie er die Toten in die Welt der Lebenden führen will. Die Toten sind substanzlos, sie können keinerlei Einfluss auf die Lebenden nehmen. Mir ist schleierhaft, wie er das umgehen will!“
    Eleanor nickte nachdenklich. Auch Elizabeths Schatten bewegte sich, als würde sie nicken.
    „Muss es denn ein gefallener Engel sein?“, fragte Eleanor schließlich. „Oder könnte auch Lilith dahinter stecken?“
    Raphael grübelte einen Augenblick. „Ich denke, dass sie am wenigsten von all dem hätte. Wenn sie das Ende der Welt herbeiruft, wird auch sie gerichtet werden. Und so wie ich die Dinge sehe, würde ich sagen, dass sie bei ihrer Vergangenheit nicht vor Gott wird bestehen können. Nein, Lilith dürfte nicht unser Unbekannter sein.“
    „Das klingt logisch“, gab Eleanor zu.
    Eine Weile diskutierten die Drei noch miteinander. Dann mahnte Raphael zum Aufbruch, um nicht ein Zusammentreffen mit dem Pflegepersonal zu riskieren. Auch des Nachts konnte man sich in Stratton Hall nie vollends sicher sein, auf den Fluren nicht einer Nachtschwester über den Weg zu laufen. So verabschiedeten Eleanor und Raphael sich von Elizabeth. Jedoch nicht ohne das Versprechen, dass zumindest Eleanor in der kommenden Nacht wieder zu Besuch käme. Dann führte Raphael sie sicher wieder auf ihre Zimmer zurück. Tatsächlich wusste Raphael immer dafür zu sorgen, dass sie unterwegs niemandem begegneten und als sie endlich wieder vor ihren Zimmern standen, schien ganz Stratton Hall noch immer wie ausgestorben.
    „Hab keine Angst, Eleanor“, sagte Raphael zum Abschied. „Ich werde heute Nacht in meinem Zimmer gleich neben dir sein. Sollte irgendetwas geschehen, werde ich es ganz sicher mitbekommen.“
    Eleanor schmiegte sich in seine Arme. „Bist du sicher, dass du nicht in meinem Zimmer auf mich aufpassen willst?“
    „Was meinst du was passiert, wenn das rauskommt!“
    „Ich nehme an, dann… hm, vermutlich nicht allzu viel. Immerhin sind wir beide volljährig.“
    „Hab ich was verpasst? Ich bin ein paar tausend Jahre alt, aber du bist siebzehn.“
    Eleanor schmollte. „Vielleicht solltest du mir ein paar Jahre abgeben.“
    Raphael lachte leise, er drückte Eleanor noch einmal fest an sich, dann küsste er sie. „Geh jetzt“, sagte er. „Wir sehen uns morgen.“
    Eleanor seufzte noch einmal enttäuscht auf. Dann löste sie sich von Raphael und öffnete die Zimmertür. Sie sah Raphael nach, wie er seine Tür öffnete. Er lächelte ihr noch einmal zu, dann schloss er die Tür.
    Eleanor betrat ihr Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Sonderbarerweise empfand sie in diesem Augenblick keinerlei Angst um sich selbst. Nicht allein, weil Raphael gleich nebenan wachte und jede ungewöhnliche Gemütsregung in ihrem Zimmer wahrnehmen würde. Immerhin war es Lilith schon einmal gelungen, bis auf Armeslänge an sie heranzukommen. Doch Eleanor wusste, dass noch ein anderer Engel über sie wachen musste. Jener, der Lilith auf der Landstraße vor Stratton Hall vertrieben hatte, würde auch jetzt ein Auge auf sie haben. Mit diesen beiden fühlte Eleanor sich sicher und geborgen. Weitaus mehr Angst bereitete ihr, dass eine unbekannte Macht in diesem Augenblick auf den Untergang der Welt hinarbeitete. Wer immer in dieser Nacht zu den Toten gesprochen hatte, wollte den Tag des Jüngsten Gerichts herbeirufen. Eleanor musste sich eingestehen, dass sie zwar keine Ahnung hatte, wie er das bewerkstelligen wollte, aber wenn es ihm tatsächlich gelingen sollte, die Seelen der Verstorbenen in die Welt der Lebenden zu holen, würde sein Plan sicher aufgehen. Dann würde Eleanor den Untergang der Welt erleben müssen. Und sie hatte es ausgelöst – durch ihren Kontakt mit der Welt der Lebenden und jener der Toten hatte sie eine Entwicklung in Gang gesetzt, die niemand mehr aufhalten konnte und die sich jetzt verselbstständigte.
    Sie fröstelte und zog unwillkürlich die Decke höher. War es eben schon so kalt in ihrem Zimmer gewesen oder bildete sie sich die Kälte nur ein? Verunsichert sah sie sich um, halb in Sorge

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