König der Vampire - Nikolay, S: König der Vampire
fragte er leise.
„Nein. Ich sah deinen Schimmer, als du im Wasser standest und ich dich unschicklich anstarrte“, gab sie leise zu.
„Auch du hattest diesen Schimmer. Ich sah dich, bevor du verschwandest. Es hat mir sehr gefallen, Adriana“, seine Stimme war kaum noch zu hören, so leise hatte er gesprochen.
Adriana räusperte sich.
„So sehr ich das hier möchte, genauso gewiss bin ich mir, das Anderes im Vordergrund stehen muss, Seth. Ich möchte nicht, dass die Gedanken abschweifen.“
Er blinzelte. Der Glanz seiner Augen erlosch.
„Wie du wünschst“, gab er zurück.
„Bitte, sei mir nicht böse“, flehte sie.
„Nein. Es ist in Ordnung. Du hast recht. Aber wenn der Prinz tot ist, komme ich wieder und dann nehme ich dich.“
Adriana sog die Luft ein, angesichts dieses zweideutigen Versprechens.
Sie nickte.
Seth löste sich in die Natur auf. Mit keinem Zeichen war mehr zu erkennen, dass er eben noch hier gestanden hatte.
Adriana seufzte und lehnte sich an einen Baumstamm. Das Zwitschern der Vögel beruhigte ihr flatterndes Herz. Sie hörte ihn nicht kommen, erst als er vor ihr stand, bemerkte sie ihn.
„Vater!“, sagte sie erschrocken.
„Adriana“, donnerte er. „Was sollte das eben? Vergnügst du dich mit diesem Elfen, ohne gebunden zu sein? Das ist nicht tragbar! Wie kannst du so etwas tun?“, herrschte er sie an.
„Vater, wir haben uns gerade erst kennengelernt“, wich sie aus.
„Ach. Und da lässt du dir gleich seinen Mund aufdrücken? Wie unschicklich! Du wirst schnellstmöglich eine Verbindung mit ihm eingehen! Ob du das willst, spielt keine Rolle. Das ist ein Befehl! Ich bin der Elfenprinz!“
Adriana reagierte sofort. Selbst als ihr Vater hatte er nicht so mit ihr zu sprechen. Eine Heirat zu fordern, wegen eines Hauchs von Kuss! Der Elf wurde immer verrückter. Diese ganze auferlegte Etikette ihres Prinzen ging ihr schon lange auf den Senkel. Sie gab ihm eine schallende Ohrfeige.
„Dass lasse ich mir nicht mehr bieten!“, fauchte sie und löste sich.
Der Prinz stand da, erstarrt über die Dreistigkeit seiner Tochter. Seines eigen Fleisch und Blut. Und dann wurde er fuchsteufelswild.
„Wo bist du? Komm heraus, oder bist du zu feige?“, brüllte er durch den Wald.
Mehrmals drehte er sich um die eigene Achse, keine Spur von Adriana.
„Ich werde dich verbannen. Das Volk wird dich meiden. Du bist es nicht wert, meine Tochter zu sein!“, rief er in seiner Rage.
Das brachte Adriana zum Ausrasten. Sie formte sich hinter ihm.
„Ich habe deine Verachtung so satt!“, brüllte sie.
Leonidas fuhr herum und starrte seine Tochter an. Wie konnte sie es wagen?
Eine Antwort konnte er ihr nicht mehr geben. Erschrocken und ungläubig starrte er an sich herunter. Seine Tochter hatte ihm einen Dolch in die Brust gerammt. Durch die Rippen, ins Herz. Das in ihm steckende Metall hinderte sein Herz am schlagen, still hing es in seiner Brust. Er nahm einen letzten Atemzug, dann fiel er auf die Knie. Leonidas kippte zur Seite und kam auf dem weich gepolsterten Waldboden zum Liegen. Der Dolch in seiner Brust glitzerte im Sonnenlicht, der Prinz der Elfen hatte sein Leben ausgehaucht.
Adriana glaubte es selbst nicht. Nie hätte sie erwartet, diesen Mut aufzubringen. Sonst hätte sie Sethorian nicht gebeten das zu tun, was sie gerade getan hatte.
Sie ließ ihren Dolch, wo er war, nie wieder würde sie dieses Ding anfassen.
Sie bat die Natur um Hilfe, bewegte die Erde neben ihrem Vater durch ihre Kräfte. Der Boden tat sich auf, Steine und Sand rieselten, Vögel flatterten aufgeregt umher. Die Bäume schienen zu flüstern. Adriana ließ den Leichnam von der Erde verschlucken. Eine würdige Elfenbestattung hatte er nicht verdient. Anschließend verschloss sie den Waldboden wieder. Niemand würde je die Ruhestätte des verrückten Prinzen finden.
Erleichtert und von einer tonnenschweren Last befreit, löste sie sich auf. Sie streifte durch die Luft des Waldes und rief zu ihrem Volk: Höret, der Prinz der Elfen ist verschieden. Leonidas weilt nicht mehr unter uns. Fortan bin ich, Adriana, eure Prinzessin!
Von dieser bedeutsamen Wendung bekamen die Wölfe und Vampire erst einmal nichts mit. Erst als der Brief kam.
Adriana hatte eine kleine Mitteilung geschickt, dass sie als die neue Elfenprinzessin ein Treffen wünscht.
Zuvor jedoch wünschte sich jeder im Haus von Vincent, er wäre taub.
Das Mädchen schrie sich die Seele aus dem Leib. Seit zwei Stunden ging das nun schon
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