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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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dem Sennberger die rechte Hand entgegen.
    Anno gab ihr eine Kupfermünze. Für einen Herzschlag lang glänzten die Augen der Kleinen, dann blickte sie wieder so teilnahmslos wie zuvor. Sie führte die Ritter durch einen langen Flur und über zwei weitere Hinterhöfe zu einem Keller. Vor einer massiven Tür blieb sie stehen und gab ein Klopfzeichen. Dreimal lang und zweimal kurz. Es dauerte eine Weile, bis ein Riegel zurückgeschoben wurde und ein hageres, von einem kurzgeschorenen weißen Bart gerahmtes Gesicht hinter einem Fensterchen in der Tür erschien. »Ah, der fränkische Ritter«, gurrte der Mann hinter der Tür. Er hatte einen so starken Akzent, dass man schon sehr genau hinhören musste, um ihn zu verstehen. »Herein kommt in mein bescheiden Heim. Ich erwartet habe Euch schon.« Die Tür öffnete sich.
    »Wer ist das?«, fragte Heinrich leise.
    »Ein Mann, der sich mit Heiligen auskennt. Komm!« Anno konnte es kaum abwarten, seinem Gefährten zu zeigen, was er gestern im Keller von Alexandros gefunden hatte.

    Sie stiegen eine Treppe mit ausgetretenen Stufen hinab und folgten dem Griechen in ein staubiges Kellergewölbe. Anno beachtete die Schätze kaum noch, die fast jeden Fußbreit des Kellers ausfüllten. Er hatte sich schon gestern all die angekohlten oder schimmelnden Ikonen angesehen, das verbeulte Altargerät, aus dem alle Edelsteine herausgebrochen waren, die steinernen Sarkophage mit den verwitterten Gesichtern, Messingkistchen mit verschrumpelten Hautfetzen, die abgehackte Hand auf dem rosa Samtkissen und all die anderen skurrilen Kostbarkeiten, die Alexandros hier unten hortete.
    Ab und an klopfte der Grieche auf eines der Holzkästchen oder deutete mit verschwörerischem Lächeln auf einen seiner obskuren Schätze und murmelte dabei: »Eine Haarsträhne der heiligen Helena. Der große rechte Zeh des heiligen Marcos! Ein Stück der Kette, mit der er gefesselt war, Petros, als gefangen hielten ihn die Römer.«
    Heinrich blickte sich zweifelnd um. »Was willst du mir hier unten zeigen? Weiß der Alte etwa, wo der dritte König ist?«
    »Noch besser«, entgegnete Anno geheimnistuerisch. »Gleich wirst du es sehen.«
    Plötzlich blieb Alexandros stehen und nahm ein vergoldetes Kästchen mit einem Deckel aus geschliffenem Kristall aus einer Wandnische. Er spuckte kurz darauf und rieb es dann an seinem Gewand, während er mit der Rechten ein Kreuz schlug. »Hier wir haben eine der heiligsten Schätze der Christenheit. Ist sich unfasslich. Sie berühren, bringt Lahme von den Krücken herunter.« Er lächelte stolz und reichte Anno den Reliquienbehälter.
    Unter dem Kristall konnte man verzerrt einen winzigen
weißen Gegenstand erkennen, der auf roten Stoff gebettet lag. Er sah aus wie ein Stein.
    »Ist Milchzahn von Christos, unserem Herrn!« Wieder schlug der Grieche ein Kreuz. Dann ging er hinüber zu einer langen Kiste und nahm den Deckel ab. »Und hier wir haben vermissten König!«
    Anno beobachtete Heinrich aus den Augenwinkeln, und was er, sah, gefiel ihm nicht. Sein Kamerad runzelte die Stirn, dann lächelte er abfällig. »Erst ein Milchzahn unseres Herrn Christus und jetzt das …« Er wandte sich um. »Anno, wie kannst du diesem Betrüger glauben? Du hast ihn doch nicht etwa bezahlt?«
    »Sieh dir die Reliquie doch erst einmal richtig an!« Der Sennberger trat an den offenen Sarg. »Hier, das braune Gesicht mit einer Haut wie Pergament. Das ist genau wie bei den Heiligen aus Mailand. Wie sollte sich ein Körper auf diese Art erhalten, wenn er nicht von einem Heiligen wäre? Normale Sterbliche werden von Würmern gefressen!«
    Alexandros nickte bestätigend und klopfte vorsichtig auf die Brust der Leiche. »Kein Wurm! Nichts faul! Ist Heiliger!«
    »Verdammt, Anno, wie kannst du diesem Kerl aufsitzen? Einem Alten, der in einer nach Fisch stinkenden Bruchbude lebt, aber einen Keller mit mehr Reliquien besitzt, als der Papst in Rom sein Eigen nennen kann! Das stinkt doch zum Himmel! Gott allein weiß, woher er diesen Plunder hat! Vielleicht ist er ein Leichenräuber?«
    »Und was sind wir? Was haben wir aus Mailand geholt? Sieh dir den Leichnam wenigstens an! Er ist genau das, was wir suchen! Lass ihn uns kaufen und nach Lodi bringen. Vielleicht ist es wirklich der fehlende König. Wer kann
das wissen? Wenn er neben den beiden anderen Heiligen liegt, wird man ihn nicht mehr von ihnen unterscheiden können.«
    »Ich habe Rother an seinem Totenbett gelobt, dass ich den fehlenden König finden

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