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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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festhalten. Ihn schwindelte. Seit dem Sturz hatte er ununterbrochen Schmerzen im linken
Arm. Außerdem spürte er immer wieder Wellen von Übelkeit. Doch das hatte er vor den anderen verheimlicht. Sie hielten ihn ohnehin für schwächlich. Das verfluchte Fieber! Lange hatte er gehofft, mit der Zeit würde er sich ganz erholen, wieder so kräftig werden, wie er es früher einmal gewesen war. Aber das schien ein Irrglaube gewesen zu sein. Er wurde alt. Seine Zeit war abgelaufen. Dies war der letzte Kriegszug, zu dem ihn noch der Heerruf erreicht hatte.
    Nervös glitt sein Blick über den Waldrand. Sie hatten bei einem kleinen Bach gehalten, um die Pferde zu tränken. Es war fast so heiß wie in Outremer.
    Hatte sich da im Schatten unter den Bäumen etwas bewegt? Den ganzen Morgen über fühlte sich Anno beobachtet. Es lag eine Bedrohung in der Luft. Mehr als nur die drückende Schwüle und die unnatürliche Stille im Wald. Etwas lauerte auf ihn. Etwas Böses, das sich hier irgendwo im Schatten verborgen hielt und auf seinen Augenblick wartete. Sollten die anderen nur über ihn lachen. Er wusste, dass der schwarze Mönch hier irgendwo auf der Lauer lag.
    Der Sennberger wischte sich den Schweiß von der Stirn. Auch Ricardo war inzwischen abgestiegen. Der Kerl sprach nicht viel, er wirkte noch sehr jung, und ihm schien die Hitze nichts auszumachen. Ja, der Lombarde schwitzte nicht! Unglaublich bei dieser Hitze! Als würde statt Blut Eiswasser durch seine Adern rinnen.
    »Behalte den Waldrand im Auge«, sagte Anno leise und kniete am Bach nieder. Bedächtig tauchte er die Hände in den Bach und genoss die Kälte. Er schöpfte Wasser an die Lippen. Es war so kühl, dass es an den Zähnen schmerzte.
Doch alles, was die Hitze vertrieb, war ihm willkommen. Langsam kroch die Kälte seine Arme hinauf.
    Ein stechender Schmerz fuhr in seinen Rücken. Anno stöhnte auf und sackte nach vorn. Sein Gesicht schlug ins Wasser. Schmutzigrote Schlieren tanzten um ihn herum. Immer schneller breitete sich die Kälte in ihm aus. Mit eisernem Willen spannte er die Muskeln und versuchte sich aufzurichten. Er rollte halb herum, lag auf dem Rücken und sah Ricardo breitbeinig über sich stehen. Der Lombarde setzte ihm sein blutiges Schwert auf den Bauch.
    »Lebe wohl, alter Mann.«
    Die Spitze der Waffe verschwand zwischen dem Tuch des Waffenrocks. Anno fühlte keinen Schmerz, nur Kälte, die in Wellen durch seinen Körper flutete und wieder zurückebbte. Jede neue Welle schien ihm ein Stück Leben zu entreißen.
    In Ricardos Gesicht zeigte sich keinerlei Regung, kein Hass oder Stolz. Er drehte die Klinge ein wenig und wollte sie zurückziehen, als Annos Linke vorschnellte und sich um den scharfen Stahl schloss. Gleichzeitig tastete er nach dem Dolch an seinem Gürtel.
    Der Lombarde wirkte verwirrt. Anno konnte sehen, wie sich die Sehnen an Ricardos Hals spannten, als er versuchte, die Waffe zu befreien. Mit letzter Kraft schleuderte der Ritter den Dolch. Die Klinge bohrte sich in den rechten Arm des Lombarden. Er stieß einen spitzen Schrei aus und schnellte zurück. Dunkles Blut sickerte über sein gelbes Hemd.
    »Ein wackeres Ende, alter Krieger«, presste Ricardo hervor und zog mit einem Ruck den Dolch aus der Wunde. Plötzlich weiteten sich seine Augen wie bei einem jähen, unerwarteten Schmerz. Er wich zurück.

    Anno hörte Hufschlag hinter sich. Er wollte sich umdrehen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Der Lombarde lief zu seinem Pferd, sprang in den Sattel und preschte, wie von Teufeln gejagt, davon.
    Zaumzeug klirrte leise, Leder knirschte, dann Schritte. »So sehen wir uns also wieder, Anno von Sennberg, Vertrauter des Erzkanzlers und kaltblütiger Mörder.« Eine Gestalt in schwarzer Mönchskutte trat neben ihn.
    »Du bist gekommen, den König zu holen«, brachte Anno stöhnend hervor. Er versuchte, das Gesicht des Mönchs zu erkennen. Doch dessen Antlitz verschwand vollkommen unter der Kapuze seiner Kutte.
    »Nein, du bist gekommen, meine Seele zu holen …« Anno spürte die Kälte den Rücken hinaufkriechen. Nun, da er nicht mehr vor dem Mönch davonlaufen konnte, fühlte er sich seltsam ruhig.
    »Deine Seele hast du längst verloren. Ich bin hier, um mich zu rächen. Doch selbst um diese Genugtuung hast du mich betrogen.«
    Der Schwarze kniete nieder. Anno konnte dessen Gesicht eher erahnen als wirklich sehen. Es war seltsam flach und reglos, ohne richtige Konturen. Trotz der Hitze trug der Mönch Handschuhe.
    »Es tut

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