Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
ritt, würde man ihm den Kopf vor die Füße legen. Der Basileios musste das Schreiben als eine Provokation auffassen, einen Versuch, ihn vor dem versammelten Hofstaat zu diskreditieren. Ihm blieb gar keine andere Wahl, als den Boten zu richten, wenn er sein Gesicht nicht verlieren wollte.
Ritt der Archipoeta hingegen nach Sens, dem Sitz Alexanders in Frankreich, so mochte er mit dem Leben davonkommen. Zunächst würde Alexander versuchen, das vermeintliche Bündnis mit dem Basileios zu zersprengen, und all seine Kräfte darauf konzentrieren. In dieser Zeit, dachte Rainald, könnte er ungefährdet durch Burgund reisen, ja, er würde sogar in Vienne, unter den Augen des falschen Papstes, eine Synode des burgundischen Episkopats abhalten, um die Kirchenfürsten auf den neuen Papst Paschalis III. einzuschwören.
Doch zunächst musste er seinen eigenen Kaiser überzeugen, dass mit Paschalis eine gute Wahl getroffen war. Ohne Rücksprache mit Friedrich hatte er die Gelegenheit vertan, das Schisma in der Kirche zu beenden. Bei einer ordentlichen
Papstwahl wäre mit Sicherheit Alexander auf den Stuhl Petri gehoben worden. Doch es war keine Zeit gewesen, den Kaiser über seine Pläne zu unterrichten.
Er würde sich mit Barbarossa streiten und anschließend wieder versöhnen. So ging es immer zwischen ihnen. Er hatte sogar ein Geschenk bereit, das der Kaiser ihm als Zeichen seiner Gunst überlassen konnte. Friedrich liebte große Gesten. Und da ihr Streit kaum dem Hofstaat entgehen mochte, musste es eine öffentliche Versöhnung geben. Auch Friedrich würde das einsehen, wenn sie erst einmal wieder ihren Frieden gemacht hatten. Er würde dem Herrscher vorschlagen, ihm vor versammeltem Hofstaat als Zeichen ihrer Aussöhnung die Drei Könige zu schenken. Jeder, der bei der Eroberung Mailands geholfen hatte, hatte ein Geschenk bekommen, nur er, der Erzbischof, war noch nicht belohnt worden.
Wichtiger noch war, dass er, wenn er die Reliquien aus der Hand Barbarossas erhielt, nicht als ihr Dieb dastehen würde. Dem Kaiser hingegen stand es zu, eine Stadt, die gegen ihn rebelliert hatte, zu bestrafen und eine andere, die ihm die Treue gehalten hatte, zu belohnen. So würden die Reliquien fortan unter kaiserlichem Schutz stehen, und keiner würde anzweifeln können, dass sie zu Recht nach Cöln gelangt waren!
28
Seit ihrem überstürzten Aufbruch aus Vienne ritten Anno und seine drei Begleiter wieder in Verkleidung. Anno verstand nicht viel von Politik, aber das war auch nicht nötig, um zu begreifen, dass Rainald von Dassel es zu weit getrieben hatte. Allerorten munkelte man darüber, auf welch schändliche Weise der neue Papst in sein Amt erhoben worden war. Das Episkopat in Vienne hatte den Erzbischof eisig empfangen und zuletzt sogar offen gegen ihn gesprochen. Die meisten Kirchenfürsten in Burgund standen nun auf der Seite Alexanders. Außerdem gab es Gerüchte, dass sich der Bruder des Kaisers, der Pfalzgraf Konrad, der Landgraf von Thüringen und der Herzog Friedrich von Schwaben bei der Burg Stahleck mit Heeresmacht versammelten, um von dort aus auf Cöln zu marschieren und den Erzbischof gefangen zu setzen.
Von Vienne aus waren sie bis an den westlichen Rand der Eifel geflohen und hatten sich von dem erzbischöflichen Gefolge getrennt. In einem hohen Planwagen waren die Särge mit den Heiligen unter Stoffballen versteckt.
Der Erzbischof saß im Gewande eines Händlers auf dem Kutschbock. Neben ihm hockte dieser verdammte Italiener Ricardo. Weshalb der Fürst dem zwielichtigen Kerl vertraute, konnte Anno nicht begreifen. Er und Ludwig ritten im Gewande von Waffenknechten als Eskorte bei dem Wagen.
Bis Cöln würden sie noch fünf oder sechs Tage brauchen. Wenn der schwarze Mönch sie nicht vorher in einen Hinterhalt lockte. Anno hatte ihn einige Male in der Ferne
gesehen, wie er sie beobachtet hatte. Er wusste, dass die anderen ihn für verrückt hielten, aber er würde ihnen die Wahrheit noch beweisen. Nur war es dann wahrscheinlich zu spät.
Nein, verrückt waren allenfalls die anderen. Obschon Anno zugeben musste, dass er nicht begriffen hatte, was in Lodi vor ihrer Abreise geschehen war. Der Kaiser hatte viele Edle und Ritter zusammengerufen und dann Rainald von Dassel in prunkvoller Zeremonie mit den Reliquien der Drei Könige beschenkt. Dabei hatten die Heiligen Friedrich niemals gehört! Rainald selbst hatte sie doch aus Mailand geholt. Dass mit den Drei Königen die ruhmvolle Macht Mailands auf Cöln
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