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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mehr als ein rot entzündetes Loch. Seine Lippen waren wie in diabolischem Lächeln erstarrt, und die Augen wirkten unnatürlich nackt und groß. Die ganze Haut war von einem groben Narbengeflecht überzogen.
    Ingerimm setzte die Maske wieder auf. »Überall am Körper
trage ich Brandmale. Meine linke Hand ist verstümmelt.« Er hob den zerrissenen Handschuh.
    »Aber Clara wartet doch immer noch auf dich.«
    »Nicht auf mich!« Seine Stimme klang aufgeregt. »Auf Heinrich wartet sie! Auf ihren Ritter des Winters! Nicht auf ein Ungeheuer. Heinrich ist tot. Er ist vor fünfundzwanzig Jahren in Galiläa gestorben.« Ingerimm gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon.
    Hartmann folgte ihm. Lange ritten sie schweigend. Die Sonne war hoch über den Horizont gestiegen, als der Ritter es wagte, seinen Begleiter erneut anzusprechen. »Wer liegt in dem dritten Grab bei der Ölpresse?«
    »Steine, die in ein Leichentuch eingeschlagen wurden.« Ingerimms Stimme klang wieder gefasst. »Salah ed-Din Yusuf war von meiner Tapferkeit beeindruckt. Davon, wie ich brennend seinen Kriegern entgegenstürmte und immer noch mein Schwert hielt, so als wolle ich selbst im Tode nicht aufgeben. In Wahrheit wusste ich nicht, wohin ich lief. Die Flammen hatten mich geblendet. Der Sarazene schickte seinen Übersetzer zu Lupo, um mehr über die drei Ritter in dem Haus zu erfahren. Als er die Geschichte des Falkners kannte, fürchtete er, Lupo würde mich auf dem Totenbett ermorden, um seine Suche endlich beenden zu können. Deshalb ließ er Steine in ein Leichentuch einschlagen und ins Grab legen. Der Falkner hat nie nach mir gefragt. Mich brachte man schließlich nach Damaskus. Ich weiß nicht, wie ich die Reise überlebte. Ich kann mich nur an wenig erinnern. An schmale Hände, die Salbe auf mein Gesicht tupften. Daran, dass ich ganz in Tücher gehüllt wurde und man selbst mein Gesicht bedeckte, um mich vor der Sonne zu schützen. Die Schmerzen waren unerträglich. Ich bekam einen milchigen
Trank, der mich manchmal für Tage schlafen ließ. Doch was mich am Leben hielt, war nicht die Heilkunst der Sarazenen.
    Der Übersetzer Salah ed-Dins hatte mir die ganze Geschichte erzählt. Durch ihn erfuhr ich von Lupo, unserem Verfolger, den wir in all den Monaten nicht bemerkt hatten. Und ich erfuhr, dass meine beiden Gefährten entkommen waren. Ich wollte Rache! Fast ein Jahr lebte ich bei den Sarazenen. In den Schmieden von Damaskus wurde meine Klingenfaust gefertigt. Sosehr ich mich bemühte, mit der Rechten wurde ich nie mehr gut genug, um darauf hoffen zu dürfen, gegen einen erfahrenen Krieger im Schwertkampf zu bestehen. Auch war ich so sehr entstellt, dass ich mich vermummen musste, denn mein Äußeres schreckt selbst die Tapfersten. So kam ich dazu, eine Mönchskutte anzulegen und eine lederne Maske zu tragen.
    Da ich wusste, wohin meine Gefährten gehen würden, hielt ich mich nicht lange in Outremer auf, sondern segelte von Akkon nach Sizilien und reiste quer durch Italien bis Lodi. Nur um drei Tage verfehlte ich den Abzug des Erzbischofs, doch noch bevor er Burgund erreichte, hatte ich ihn eingeholt. Doch dann brachte ich es nicht über mich, meine ehemaligen Gefährten zu töten. Als ich Anno am Leben ließ, habe ich mir noch gesagt, es sei nicht ritterlich, einen Sterbenden niederzustechen. Und Ludwig … Als ich mich über ihn beugte, musste ich an Zenon denken, daran, wie er mir in dem Garten über dem Katharinenkloster vorgeworfen hatte, ich könne nicht verzeihen. Und Ludwig beteuerte, unschuldig zu sein. Welchen Beweis hatte ich? Mein Zorn forderte sein Leben. Aber durfte ich ihn nur wegen eines Verdachts töten? Es kostete mich viel Kraft, es nicht zu tun.

    Als ich mit dem Erzbischof ritt, begann ich über Annos letzte Worte nachzudenken. Darüber, dass der dritte König zu ihm gesprochen habe. Und ich fragte mich, was Zenon entdeckt haben mochte? Es gab noch eine Spur, der wir bei unserer Suche nicht bis zum Ende gefolgt waren. In der Heiligenvita Helenas, die wir auf dem Sinai gefunden hatten, gab es eine Notiz am Rand der Seite: Josephos. Ich versuchte herauszufinden, was es damit auf sich hatte. Es dauerte lange, bis ich begriff, welch ungeheuerlicher Betrug an den Pilgern begangen wurde, die nach Cöln kamen.«
    Hartmann hatte gebannt gelauscht. Als Ingerimm nicht weitersprach, blickte er verärgert auf. »Zwei Tage hast du mich gezwungen, deiner Geschichte zuzuhören. Nun bring sie auch zu Ende!«
    »Du solltest

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