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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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kamen, um Brot zu schmuggeln. Doch jetzt trug er die Gewänder eines jungen Adeligen. Enge Hosen, Stiefel aus gutem Leder, ein Hemd mit weiten Ärmeln und einen Gürtel, der mit Silber beschlagen war.
    »Wir haben deine Aussagen überprüft, Junge.« Der Mann, der in Begleitung des Jünglings eingetreten war und neben ihm verharrte, richtete das Wort an Rother. Er schien ungefähr so alt wie Anno zu sein. Er war von kräftiger Statur und hatte dunkelblondes Haar. Wie der Jüngling war auch er in reiche Gewänder gekleidet. Um den Hals trug er eine schwere Goldkette.
    »Du scheinst uns nicht belogen zu haben, Rother, auch wenn deine Worte mir noch immer sehr unglaubwürdig erscheinen. Mein Sohn Angelo war noch einmal in der kleinen Kirche vor der Stadt und hat den Sarkophag der Heiligen geöffnet gefunden, ganz so, wie du es beschrieben hast. Für mich sieht es allerdings so aus, als hättet ihr Franken die Heiligen gestohlen, um unser Volk zu demütigen.« Die dunklen Augen des Mannes schienen Rother durchbohren zu wollen. »Doch was will man von einem Kaiser, der Frauen und Kinder dahinschlachten lässt, anderes erwarten. Möge seine Seele dereinst die ewige Verdammnis erfahren!«
    »Das sind Lügen, Herr!« Rothers Stimme klang nicht
halb so selbstbewusst, wie er es sich gewünscht hätte. »Warum hätte man uns ausschicken sollen, um in der Kirche nach den Heiligen zu suchen, wenn sie schon längst auf Geheiß des Kaisers fortgebracht worden wären?«
    »Und warum hätte man sie in aller Heimlichkeit nach Mailand schaffen sollen?«, entgegnete der andere barsch. »Sage mir einen Grund, warum der Erzbischof Obert die Heiligen vor uns verstecken sollte, wo wir doch in Zeiten dieses schrecklichen Krieges ihren Beistand so sehr gebrauchen könnten!«
    Rother senkte den Blick. »Ich weiß es nicht, Herr …« Er zögerte einen Herzschlag, bevor er trotzig fortfuhr: »Und doch muss es so geschehen sein!«
    Der Mann bedachte ihn mit einem müden Lächeln, dann blickte er zu dem Jungen, den er Angelo genannt hatte. Der lehnte noch immer lässig an der Tür. »Was sollen wir mit ihm tun? Er ist dein Gefangener. Entscheide!«
    Angelo sah Rother lange an. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich weiß es nicht. Gib mir bis morgen Bedenkzeit, Vater.«
    Der Ältere runzelte die Stirn. Einen Moment lang schien es so, als wolle er etwas entgegnen, doch dann senkte er nur den Blick. »Wie du meinst.«
    Die beiden verließen schweigend die Kammer. Kaum dass die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, ließ sich Rother gegen die Wand seines Gefängnisses sinken. Seine Beine zitterten so sehr, dass er nicht mehr stehen konnte. Noch eine Nacht in dieser finstern Zelle! Noch eine Nacht voller Angst und Ungewissheit. Er kannte die Geschichten darüber, was die Mailänder gefangenen Rittern antaten.
     
    »Das ist sein Zelt«, stöhnte der junge Reiter. Er hatte Mühe, sich im Sattel zu halten. Sein Gesicht war aschfahl.
    Ludwig musterte den Wappenschild, der an einem der Zeltpflöcke lehnte. Es zeigte einen schwarzen Raben auf rotem Grund.
    »Er ist ein Adliger. Ein Freund des Pfalzgrafen Konrad. Ihr könnt dort nicht einfach …«
    Der Firneburger achtete nicht weiter auf den eingeschüchterten Burschen. Er nahm den vom Regen schweren Wollmantel von den Schultern und schwang sich aus dem Sattel. Ohne zu zögern, ging er auf das Zelt zu. Eine fast heruntergebrannte Fackel steckte hinter dem Eingang im Boden und tauchte das schäbige Quartier in flackerndes Licht. Auf einem Lager aus Decken und Stroh räkelten sich zwei kaum bekleidete Gestalten. Ein großer Mann mit kurzgeschorenem grauen Haar und ein junges Mädchen, dem kaum die Brüste zu sprießen begonnen hatten. Der Grauhaarige tauchte die Hand in ein Tongefäß. Als er sie zurückzog, troff goldener Honig von seinen Fingern. Vor Geilheit keuchend, strich er dem Mädchen mit dem Honig über Hals und die Brüste. Sie beugte sich zurück und kniff so entschieden die Augen zu, dass ihre Brauen zu einer waagrechten Linie wurden.
    Ludwig sah den beiden schweigend zu. Er hätte nicht hier sein sollen. Doch … Plötzlich riss das Mädchen die Augen wieder auf und starrte ihn geradewegs an.
    »Was ist?«, keuchte der Alte, als seine Gespielin erstarrter. Das Mädchen antwortete nicht. Abrupt drehte er sich um. Eine rot entzündete Narbe lief über seine Stirn. Für einen Herzschlag lang blickte er Ludwig erstaunt an, dann brüllte er: »Scher dich hier heraus, du Bastard, oder

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