Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
ich
werde dich in Streifen schneiden und an die Lagerhunde verfüttern, du …«
»Ihr habt heute Nacht ein gestohlenes Pferd verkauft. Ich möchte, dass Ihr herauskommt und es Euch anschaut.« Ludwig legte die Hand auf sein Schwert.
Der Grauhaarige lachte ihn aus. »Du bist wohl betrunken, Kerl. Ich habe Besseres zu tun, als draußen durch den Regen zu laufen. Ich bin der Baron von Greven! Also scher dich davon!«
Ludwig betrachtete den geilen Alten einen Augenblick lang voller Verachtung, dann trat er gegen die Fackel, die im Boden steckte. Augenblicklich fing das Stroh Feuer. »Jetzt habt Ihr einen Grund, hinaus in den Regen zu gehen.«
Das Mädchen kreischte und war mit einem Satz auf den Beinen. Der Baron hingegen wirkte ein wenig benommen. Vielleicht hatte er zu viel getrunken. Ludwig wandte sich ab und trat aus dem Zelt.
Das Feuer griff vom Stroh auf die Zeltwände über. Ein Alarmhorn wurde geblasen, und Waffenknechte stürmten heran. Im nächsten Augenblick hastete auch von Greven aus dem brennenden Zelt. Er hatte ein Kettenhemd übergestreift und hielt das blanke Schwert in der Rechten. »Packt diesen Brandstifter!« Er wies mit der ausgestreckten Klinge auf Ludwig.
Der Firneburger sah verächtlich zu den Bewaffneten. Einige der Männer hatten drohend ihre Spieße gesenkt. »Im Namen des Fürsterzbischofs Rainald von Dassel fordere ich vom Baron von Greven Rechenschaft.« Ludwig deutete auf Rothers Stute. »Der Baron hat an diesem Abend ein Pferd verkauft, das einem Gesandten Rainalds
von Dassel gehört. Einem Gesandten, der seit zwei Tagen verschwunden ist!«
Der Baron machte einen bedrohlichen Schritt auf Ludwig zu. »Ich weiß nicht, wovon du redest! Ich habe das Pferd herrenlos auf einem Gräberfeld vor Mailand gefunden.«
Für einen Moment war Ludwig so überrascht, dass er zu keiner Antwort fähig war. Mochte es sein, dass der Baron die Wahrheit sagte? Ganz gleich! Wenn er hier ungeschoren wieder herauskommen wollte, durfte er jetzt nicht einknicken!
»Ihr habt das Pferd eines Vertrauten des Erzbischofs verkauft, der mit einer wichtigen Mission betraut war und der spurlos verschwunden ist. Ich hoffe, Euch ist klar, was für ein Verdacht unter diesen Umständen auf Euch fällt.«
Von Greven trat noch einen Schritt vor, um einigen Stallburschen und Dienern Platz zu machen, die sich inzwischen bemühten, das Zelt zu löschen. Er stand nun unmittelbar vor Ludwig. »Für deine dreisten Worte wirst du büßen, ganz egal, ob du ein Speichellecker des Erzkanzlers oder gar des Kaisers bist«, zischte er leise. Dann fuhr er lauter fort. »Auf einem Streifritt vor der Stadt habe ich dieses Pferd auf dem Gräberfeld der kleinen Kirche Sankt Eustorgio gefunden. Ein halbes Dutzend Männer hat mich begleitet. Sie sind meine Zeugen!«
»Sankt Eustorgio«, wiederholte er leise. Das war …. Das Dreikönigsgrab! Die Kinder und die Brotschmuggler. Nun verstand er, warum Rother das Brot gestohlen hatte. Dieser verdammte Narr!
»Nehmt das Pferd und geht, Ritter.« Von Greven stieß sein Schwert in den Boden. Der Brand hinter ihm war fast gelöscht. »Ich werde den Bruder des Kaisers zum Richter in
unserem Streit anrufen. Es wird Euch noch leidtun, meinen Namen geschmäht zu haben!«
Ludwig hörte dem Baron nicht mehr zu. Er musste Anno und Heinrich finden. Vielleicht lebte Rother noch, irgendwo in Mailand. Sie mussten in die Stadt!
7
Die beiden Bewaffneten, die Rother am Nachmittag aus seiner Zelle geholt hatten, hielten vor einer kleinen Kirche inmitten Mailands. Der Knappe sah sich verwundert um. Er hatte erwartet, zu einem Hinrichtungsplatz geführt zu werden. Oder wollten sie ihm nur Gelegenheit geben, ein letztes Mal zu beten? Einer seiner Bewacher nickte stumm in Richtung des niedrigen Portals.
Zögernd blickte Rother von den Kriegern zur Kirche. Die beiden machten keine Anstalten, ihm zu folgen. Schließlich ging er die wenigen Stufen hinauf und trat in das düstere Kirchenschiff. Es gab nur wenige Fenster, deren buntes Glas mit Staub bedeckt war. Gleich Speeren aus gleißendem Licht stach der Sonnenschein an drei Stellen durch die Finsternis des Mittelschiffs.
Rother bekreuzigte sich hastig. Vor dem Bildnis eines gemarterten Heiligen knieten Mönche in dunklen Kutten und murmelten in frommer Eintönigkeit.
Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten einer Säule und
schritt auf ihn zu. Angelo! »Komm, du bist nicht hier, um den Mönchen zuzusehen.«
»Aber …«
Angelo hob den Finger an die
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