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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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anderen Verbündeten der mailändischen Verräter bestimmt. Deine Auftraggeber haben wohl geglaubt, ein Junge würde nicht auffallen. Aber wir sind gewarnt worden! Der letzte Wachkommandant hat hier das Pferd eines Mailänder Boten gefunden.« Ungehalten winkte er seinen Männern.
    »Das ist ein Irrtum, ich …« Einer der Waffenknechte legte Rother eine Schlinge um den Hals und zog zu. Zwei andere banden ihm die Hände auf den Rücken.
    Rother konnte es nicht fassen. Er war in einem Alptraum gefangen! Das war Teufelsspiel! Nach all den Gefahren den Mailändern entronnen zu sein, nur um dann von den eigenen Leuten gehenkt zu werden! »Ich bin…«
    Der Ritter schlug ihm erneut ins Gesicht. »Halt’s Maul, du Wicht! Wir haben genug von deinen Lügen.«

    Rother stemmte die Beine gegen den Boden. Jemand trat ihm von hinten ins Kniegelenk. Er brach nieder. Ohne Gnade schleiften sie ihn zum Baum neben der Kirche.
    »Ihr dürft mich nicht …« Ein Tritt traf ihn ins Gesicht. Blut schoss ihm aus der Nase. Ihm wurde schwarz vor Augen. Heftig schüttelte er den Kopf, kämpfte gegen die Ohnmacht an. Und gegen die tödliche Erkenntnis. Sie würden es tun. Sie würden ihn aufknüpfen! Und er war zu schwach, um sich ihrer zu erwehren!
    Das lange Ende des Seils wurde über einen starken Ast geworfen. Zwei Waffenknechte begannen ihn hochzuziehen. Der dünne Strick schnitt ins Fleisch seiner Kehle. Rother streckte sich. Machte sich so lang er nur konnte. Solange seine Zehenspitzen den Boden berührten, würde er leben. Er durfte nicht … Er schwebte! Das Seil pendelte. Verzweifelt traten seine Füße ins Leere. Das Seil drückte ihm die Kehle zu. Er rang um Luft. Vergebens!
    Hufschlag dröhnte unnatürlich laut. Drei Reiter brachen aus der Finsternis. Ein Schwert aus gleißendem Silber blitze auf.
    Rother stürzte. Einer der Reiter zerrte ihn vor sich auf den Sattel. Rother erkannte das bärtige Gesicht. Heinrich! Dem Himmel sei Dank! Rother versuchte etwas zu sagen, doch die Schlinge lag noch immer so eng um seinen Hals, dass er kaum Luft zum Atmen bekam.
    »Wer seid Ihr, Mann?«, fragte der Anführer der Fußsoldaten barsch. Er hielt ein blankes Schwert in der Hand und stand leicht geduckt, bereit, dem Angriff der Reiter auszuweichen. Hinter ihm versammelten sich die Waffenknechte mit drohend erhobenen Spießen.

    »Wir sind Ritter des Reiches und Boten des Erzkanzlers!« Rother erkannte Annos Stimme.
    Heinrich nahm ihm die Schlinge vom Hals. Röchelnd rang Rother um Luft. Mit zitternder Hand deutete er auf den fremden Ritter. »Der da … Er hat … meine Botschaft gestohlen …« Jedes Wort schien sich mit tausend Widerhaken in seine Kehle zu krallen.
    Von den nahen Mauern erklang ein Signalhorn.
    »Die Botschaft!«, drängte Anno und richtete seine Lanze auf den Kommandanten der Fußsoldaten.
    »Wir sind vor Spitzeln gewarnt worden. Der Baron von Greven hat uns befohlen …«
    Anno setzte dem Mann die Speerspitze auf die Brust. Von den Mauern der Stadt waren Alarmrufe zu hören.
    »Gebt ihm die Botschaft!«, befahl der Ritter zornig.
    Einer der Fußsoldaten warf Anno die Lederrolle zu. Augenblicklich rissen die Reiter ihre Pferde herum. So schnell es die Dunkelheit und das unebene Gelände erlaubten, preschten sie davon.
    Rother konnte vor dem Stadttor Fackeln sehen. Die Mailänder bereiteten einen Ausfall vor!
    »Dem Kleinen werd ich das Leder gerben, sobald wir wieder in Lodi sind. Verfluchter Mistkerl! Was hast du dir dabei gedacht, einfach so davonzulaufen?«, tobte Anno. »Ich werde ihn …«
    »Lass ihn in Ruhe!«, fuhr Heinrich den Sennberger an. »So, wie er aussieht, hat er schon weit mehr als eine Tracht Prügel abbekommen.« Er hielt Rother fest im Arm, damit der Junge während des Ritts nicht aus dem Sattel fiel.
    Rother wollte ihnen erklären, was geschehen war, aber seine Kehle brannte so sehr, dass er kein Wort hervorbrachte.
Es war ihm peinlich, dass Heinrich ihn wie ein Kind in den Armen hielt. Und zugleich war er unendlich glücklich. Er war einer von ihnen. Endlich! Sie waren um seinetwillen gekommen. Erschöpft sank sein Kopf gegen Heinrichs Brust.
     
    Es war unerträglich heiß an diesem Nachmittag. Das Feldlager vor Lodi war wie ausgestorben. Wer keine unaufschiebbaren Dinge erledigen musste, hatte Schutz im Schatten gesucht.
    Lupo blickte zum roten Zelt des Erzbischofs hinüber. Endlich war die Gelegenheit gekommen, auf die er so lange gewartet hatte. Dieser Bastard von Erzkanzler hatte hohen Besuch.

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