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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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lächelte über die überraschende Enthüllung, beinahe erleichtert von dieser Wendung; sie sah eine gute Möglichkeit, hinter die Fassade seines Benehmens zu schauen und etwas zu sehen, das der Wahrheit nahekam. »Sie sind ein Assistent des Generalinspektors?«
    Als ob er ihr ein kindliches Geheimnis verraten hätte, erwiderte Soulavier das Lächeln entzückt, nickte eifrig und tippte auf die Armlehne seines Sitzes. Die Limousine rollte lautlos unter den gewölbten Eingang der Zitadelle. »Es ist ein sehr guter Job«, sagte er, »der Job, für den mich meine Mutter erzogen hat. Er hilft mir, ein noch besserer Avocat für Besucher zu sein, weil ich die Gesetze kenne und Bescheid weiß.«
    Stocksteife Oncs in schwarzroten Uniformen standen schweigend starr argwöhnisch an den Glastüren. Sie zwinkerten weder Soulavier noch seiner Begleiterin zu. Eine geflieste Schlange mit schönen Farben schlängelte sich durch das kühle, stille Foyer hinter den Glastüren; ihr großer Kopf mit den vorquellenden Augen endete vor der Doppeltür zum Büro von Generalinspektor Legar.
    In einem Vorzimmer, in dem es nach Desinfektionsmitteln und altmodischem Bohnerwachs roch, nahm Mary auf einem institutionellen Plastikstuhl Platz, der mindestens zehn Jahre alt war. Die Ränder des Stuhls waren rissig und abgenutzt, die Armpolster geflickt. Hier wurde kein Geld verschwendet, um Eindruck zu schinden.
    Soulavier blieb stehen, hatte jedoch glücklicherweise aufgehört zu reden. Er lächelte Mary hin und wieder zu und ließ sie zweimal mit gemurmelten Entschuldigungen allein, um durch eine schmale Milchglastür ins innere Heiligtum zu entschwinden. Drinnen ertönte die Stimme einer Frau; sie sprach Kreolisch, schnell und wohlklingend. Es war unmöglich, sie zu verstehen.
    »Madame Aide Ti Francine Lopez wird uns empfangen«, erklärte Soulavier nach seinem dritten Gang. Mary folgte ihm durch das kalte, harte Milchglas in ein bescheidenes Nebenbüro. Bunte naive Kunst aus dem letzten Jahrhundert hing an den Wänden. Hinter einem kleinen Mahagonischreibtisch saß eine große, schlanke Frau mit einem zwar hübschen, aber nicht sehr weiblichen Gesicht, schmalen Händen und dick lackierten roten Fingernägeln. Aide Ti Francine Lopez lächelte breit.
    »Bienvenue«, sagte sie. Ihre Stimme – ein Tenor – klang wie die eines großen jungen Mannes. »Monsieur Aide Soulavier sagt, Sie kommen aus Los Angeles. Ich habe einen Cousin, der dort wohnt. Er ist auch bei der Polizei – beim Bürgerschutz, wie Sie sagen. Henri Jean Hippolyte. Kennen Sie ihn?«
    »Tut mir leid, ich glaube nicht«, sagte Mary.
    Aide Lopez hatte sie mit dem ersten Blick gewogen und eingeschätzt. »Bitte setzen Sie sich, alle beide. Ich soll Sie fragen, in welcher Form wir Ihnen helfen können.«
    Mary warf einen Blick auf die Gemäldesammlung über dem Kopf der Frau. »Ich scheine hier festzusitzen«, sagte sie. »Ich glaube nicht, daß ich unter diesen Umständen meine Arbeit tun kann.«
    »Sie sind hergekommen, um einen Mann zu suchen, der früher einmal ein Bekannter von Colonel Sir war.«
    »Ja. Ich habe Unterlagen mitgebracht, die helfen könnten…«
    »Ich glaube nicht, daß wir so einen Mann auf Hispaniola haben.« Sie schlug einen Schnellhefter auf und warf einen Blick in ein Printout-Dossier. »Goldsmith. Bei uns gibt es viele Dichter, schwarze und weiße, aber den nicht.«
    »Ein von Goldsmith gekauftes Flugticket nach Hispaniola ist benutzt worden.«
    »Vielleicht von einem Freund.«
    »Vielleicht. Aber man hat uns gesagt, Sie würden bei unseren Nachforschungen mit uns zusammenarbeiten.«
    »Wir haben schon nach ihm gesucht. Er ist nicht hier, außer vielleicht, wenn er in die Berge gegangen ist, um als Holzfäller oder in den Kupferminen zu arbeiten. Unwahrscheinlich?«
    Mary schüttelte den Kopf. »Man hat uns angeboten, daß wir unsere eigenen Nachforschungen anstellen könnten.«
    »Les Oncs sind gründlich«, sagte Aide Lopez. »Wir sind gut ausgebildete Profis wie Sie selbst. Schade, daß Ihre Kollegen nicht zu uns kommen können.«
    Mary schaute wieder zu den ungerahmten Bildern auf gespannter Leinwand und Holztafeln hinauf. Ihr Blick wurde von den leuchtenden Primärfarben angezogen. Götter in förmlicher Kleidung und im Partyaufzug schwebten über üppigen Frauen und Männern mit strengen Gesichtern, Bäume spreizten sich wie Vaginas und erlaubten verstohlene Blicke auf Skelette, fröhlichbunte Taptap-Busse brachten eine Hochzeitsgesellschaft in die

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