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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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und all meine Mittel stehen Ihnen zur Verfügung.«
    »Ja. Das haben Sie schon mal gesagt.«
    »Ich halte meine Versprechen, Dr. Burke.«
    »Das bezweifle ich nicht.« Martin schluckte. »Wir sind auf einige unerwartete Umstände gestoßen, Mr. Albigoni. Ich weiß nicht recht, wie ich es Ihnen beschreiben soll… Unsere Sondierung war anders als alle, die ich bisher durchgeführt habe. In Anbetracht der Art von Goldsmiths vorherigen Aktivitäten hatten wir mit etwas Ungewöhnlichem gerechnet, schätze ich… Aber wir sind in die Landschaft gegangen, ohne uns ganz über das Ausmaß seiner Probleme im klaren zu sein. Ich bin ziemlich sicher, daß Ihre Experten seine Diagnose verflunzt haben. Wissen Sie viel über seine Kindheit und seine Jugend?«
    »Nicht viel«, sagte Albigoni.
    »Irgend etwas über seine Mutter, seinen Vater?«
    »Ich habe sie nie kennengelernt. Sie sind vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Sein Vater ist tot?«
    »Er ist eines natürlichen Todes gestorben.«
    »Wir haben in der Landschaft starke Figuren gefunden, die seinen Vater repräsentieren. Gewalttätige, schreckliche Figuren, alle mit Bildern von Colonel Sir John Yardley vermischt. Wir haben Hinweise darauf gefunden, daß sein Vater ermordet worden ist, und seine Mutter vielleicht auch. Was wir nicht gefunden haben, ist eine zentrale, beherrschende Persönlichkeit.«
    Lascals Armbanduhr piepte. Er entschuldigte sich und verließ die Galerie.
    »Was hat das zu bedeuten, Dr. Burke?« fragte Albigoni mit verhangenen Augen.
    »Carol Neuman und ich sind auf eine dominante Kraft gestoßen, welche anscheinend die zentrale Persönlichkeit in Emanuel Goldsmith repräsentiert – eine Figur, die Zugang zu sämtlichen Erinnerungen und Routinen Goldsmiths hat. Aber diese Routine kann nicht von Anfang an die Primärpersönlichkeit gewesen sein. Sie ist etwas Neues, eine niedrigere Form, die zur Macht aufgestiegen ist. Wir haben Anhaltspunkte dafür gefunden, daß die Primärpersönlichkeit jetzt ausgelöscht ist.«
    »Sie drücken sich immer noch nicht klar aus.«
    »Emanuel Goldsmiths primäres Ich ist in seinem mentalen Apparat nicht mehr vorhanden«, erklärte Martin. »Was seine Zerstörung verursacht hat, kann ich nicht sagen. Bei jeder anderen Sondierung habe ich einen Repräsentanten der Primärpersönlichkeit gefunden. In Goldsmiths Landschaft gibt es keinen. Es hat den Anschein, daß eine Routine – vielleicht eine Nebenpersönlichkeit – in eine Machtposition aufgerückt ist. Das war das Vaterbild, das ich erwähnt habe, das jetzt mit einem sehr mächtigen Symbol der Gewalt und des Todes vermischt ist.«
    Lascal kam in die Galerie zurück. »Sir…«
    Martin zuckte zusammen. Lascal warf ihm einen befremdeten Blick zu und fuhr dann fort: »Mr. Albigoni, County-PDs sind auf unsere Anwesenheit hier aufmerksam geworden. Sie besorgen sich gerade die Genehmigung des Bundesamtes, Nachforschungen anstellen zu dürfen. Diese Genehmigung werden sie in den nächsten zwei Stunden bekommen.«
    Martin starrte ihn an. »Was hat das zu bedeuten? Ich dachte…«
    »Dann müssen wir weg von hier«, sagte Albigoni. Er konzentrierte sich wieder auf Martin. »Ich will versuchen, es zu verstehen. Mit Emanuel ist etwas geschehen, so daß er nicht mehr als vollständiges menschliches Wesen existiert?«
    »Etwas Drastisches. Ich habe so etwas noch nie gesehen, obwohl ich zugeben muß, daß ich auch noch nie einen schwer gestörten Menschen sondiert habe.«
    »Hat er deshalb meine Tochter und die anderen ermordet?«
    »Ich kann nicht sagen, wie lange dieser Zustand schon besteht… aber meiner Schätzung nach ein paar Monate oder vielleicht Jahre. Einige Dinge sind mir völlig unklar.«
    »Könnte ihn das dazu gebracht haben, meine Tochter zu ermorden?« formulierte Albigoni seine Frage neu.
    »Eine Nebenpersönlichkeit, die an die Oberfläche kommt und die Macht an sich reißt, wird nicht unbedingt das ganze Kleid der sozialen Routinen übernehmen. Sie muß sich im Grunde nicht einmal ihrer selbst bewußt sein. Wenn sie erst einmal an der Macht ist, kann die Bandbreite ihrer möglichen Handlungen den Rahmen des sozial Akzeptablen durchaus überschreiten, weil sie keine Angst vor Schmerzen oder vor Strafe hat; sie fürchtet keinerlei Sanktionen, geschweige denn gesellschaftliche Mißbilligung. Sie weiß nicht, daß sie existiert, ebensowenig wie das ein Arbeiter tut. Wir haben alle schon Theorien gehört, daß manche Verbrecher möglicherweise nicht viel mehr als

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