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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sah die Anzeichen für Marys bevorstehenden Aufbruch zu einer Verabredung – ihren Blick zu der Leuchtanzeige an der Wand, auf der bald ihr Symbol erscheinen würde – und gab ihr eine Karte. »Ich bin für eine Woche unten. Hab viel zu tun, würde mich aber freuen, wenn wir uns mal treffen könnten. Wir können in alten Katalogen blättern und in Erinnerungen schwelgen.«
    Mary lachte, nahm die Karte und gab der Frau ihre eigene. »Wäre mir ein Vergnügen.«
    »Steht alles auf der Karte.« Der Name auf der Karte: Sandra Auchouch. »Wird ›Ohschack‹ ausgesprochen.«
    »Natürlich. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Die orbitale Transformierte neigte den Kopf, und sie legten die Fingerspitzen aneinander. Darin lag nichts Sexuelles; die Transformierte war von ihrer Kleidung und ihrem Benehmen her hetero, so gradlinig, wie kein Orbit sein konnte, und Mary wilderte nur selten auf dem anderen Ufer. Aber unter Berufstätigen mit guten Jobs war Freundschaft eher etwas Zufälliges, und dem Zufall mußte man auf die Sprünge helfen.
    R Ellenshaw ging es gut in seiner gehobenen Stellung; man brauchte kein detektivisches Gespür, um das zu sehen. Der Leitungsbeamte an der Nahtstelle zwischen der städtischen Behörde und dem Bundesamt hatte das Aussehen eines Mehrfachtherapierten, eines Mannes mit Mut Zähigkeit und vielfältigen Problemen, die auszugleichen ihn Jahre und Hunderttausende von Dollars gekostet hatte.
    Mary hätte sein Büro mit genau der gleichen Haltung betreten, wenn er ein besonders begabter Natürlicher gewesen wäre; er war eine höhere Instanz, und sie kam mit einem Problem zu ihm, auf das sie bei vertauschten Rollen gut hätte verzichten können. Mary Choy respektierte Leitungspositionen und wußte Flakpanzerung von oben zu schätzen.
    »M Choy. Willkommen in Walhalla.« Ellenshaw stand vor seinem Schreibtisch, Memo und Tafel in der Hand. Er war keineswegs begeistert. »Da sind Sie ja in ein verdammtes Wespennest gestolpert.«
    »Ja, Sir.«
    »Bitte nehmen Sie Platz.« Er musterte sie scharf, ohne eine Spur von Bewertung oder auch nur männlichem Interesse. Marys Achtung vor ihm wuchs. Es war schwer, professionelles Eis zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, ohne zum Eisklotz zu werden, und Ellenshaw sah nicht wie ein Eisklotz aus. Dafür war er zu therapiert und zu selbstbewußt. »Ich habe ein paar Fragen, und dann zu Ihren Anweisungen.«
    Sie setzte sich und schlug lange Beine übereinander. Die schwarze Arbeitshose raschelte leise.
    »Sie sind persönlich davon überzeugt, daß dieser Emanuel Goldsmith der Mörder ist?«
    »Ja, Sir.«
    »Wir haben diesen Brief überprüft. Er kommt in der Tat von Colonel Sir John Yardley.« Das Eis war transparent genug, daß Mary Ellenshaws politische Einstellung erkennen konnte. Wie die meisten anderen Westküsten-PDs hatte er Raphkind und die Geschwulst des Schmutzigen Ostens verabscheut. Alte Politik, alter Schmutz. »Haben Sie eine Ahnung, wo Goldsmith jetzt steckt?«
    »Nein, Sir.«
    »Ist er abgetaucht?«
    »Das weiß ich nicht, Sir.«
    »Hispaniola?«
    »Schon möglich.«
    »Aber hätte Yardley ihn reingelassen?«
    Mary riskierte keine Vermutung.
    »Sie wissen, daß das ein überregionales Footballspiel werden wird. Die Möglichkeit, daß Goldsmith nach Hispaniola gegangen sein könnte, ruft auf den Gängen und Fluren ein Echo hervor, M Choy.«
    »Ja, Sir.«
    »Das kann das Bundesamt unmöglich unter den Teppich kehren. Zu viele Gold- und Platinnamen, zuviel hohes Geblüt. Deshalb haben sie den Football uns übergeben. Als erstes ist die Justiz an der Reihe. Wenn Sie nicht wollen, daß man Ihnen den Football wieder wegnimmt, M Choy, müssen Sie so rein sein wie frischgefallener Schnee. Sind Sie das?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich habe mir Ihre Akte angesehen, und ich bin der gleichen Meinung. Ich beneide Natürliche, M Choy. Ich beneide Sie um Ihre Akte.«
    »Danke, Sir.«
    »Ich mußte ein Vermögen für die Therapie ausgeben, um alles zu entwirren und glattzubügeln. Das war’s mir wert, aber… Na ja.« Das war eine kalkulierte Verdünnung des Eises gewesen, und es hatte funktioniert. Er hatte genug von sich selbst enthüllt, um Mary das Gefühl zu geben, daß er sie ins Vertrauen zog, daß er Vertrauen zu ihr hatte.
    »Ich glaube, man nennt es jetzt Flakpanzerung, M Choy. Rückendeckung von dieser Ebene, so daß Sie sich auf Ihre Arbeit konzentrieren können. In diesem Fall ist die Panzerung dünn. Sie sind nicht völlig auf sich allein gestellt, und Sie

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