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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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bedeutet ›Gott mit uns‹. Mein Nachname bedeutet ›jemand, der mit Gold arbeitet‹. Ich arbeite statt dessen mit Worten; sie sind weitaus wertvoller, weil sie so normal sind, weil sie derart mißbraucht und mißverstanden werden. Und was die Frage betrifft, ob Gott mit mir ist: Irgendwie glaube ich das nicht.
     
9
     
    Während Mary Choy am Süd-Comb Zwei nach oben fuhr, beobachtete sie, wie die riesigen, verspiegelten Arme rotierten, um die tiefstehende Sechzehnuhrsonne auf Pasadena zu richten. Sie hatte einen externen Expreßlift genommen und einen ihrer städtischen Notfallkredite eingesetzt, um eine Fahrstuhlkabine für sich allein zu haben.
    Es würde gefährlich sein, der Colonel-Sir-John-Yardley-Connection nachzuspüren. Sie wußte genug über die nationale Politik, um das Janusgesicht zu sehen, das die Vereinigten Staaten Yardley zeigten. Raphkind hatte ihn in die Arme geschlossen; jetzt wurde er nach außen hin gemieden, aber hinter verschlossenen Türen waren sie vielleicht immer noch die dicksten Freunde. Es konnte sein, daß Yardley für den Staat nützlich war, und letzten Endes mußte sich das LAPD dem Bundesamt gegenüber verantworten. Das Department wurde zu mehr als fünfzig Prozent vom National Public Defense finanziert, dem Bundesamt für Bürgerschutz. Es wäre politisch unklug, ohne die Zustimmung des Departments weiter zu gehen. Mary wollte diese Zustimmung haben, bevor der Tag um war.
    Das Los Angeles Public Defense Command nahm einen dreistöckigen Block auf der bevorzugten Westseite von Süd-Comb Zwei ein. Die lange Bohnenstange des Expreßlifts, die in der Proportion viel Ähnlichkeit mit einem straff gespannten Menschenhaar hatte und außer ihrem eigenen sechseckigen Zehn-Meter-Querschnitt keine sichtbaren Träger besaß, enthielt drei Expreßkabinen. Diese hielten im Gegensatz zu den internen Arterien von Fahrstühlen und Transportschächten im Inneren des Combs ausschließlich auf den von ihren Passagieren gewählten Stockwerken an.
    Mary nahm in dem dick gepolsterten Sessel Platz und ließ die rapide Beschleunigung über sich ergehen.
    Als der Fahrstuhl langsamer wurde, hatte sie in den Augenblicken, bevor die Tür aufging, das Gefühl zu schweben. Das war nur geringfügig unangenehmer als das normale Gefühl der Schwere.
    Die Westseite ging auf die alten Gemeinden Inglewood Culver City und Santa Monica hinaus, in denen jetzt riesige, rötlichbraune Schnittwunden klafften, wo die Altstädte eingeebnet worden waren und neue Combs in den Schatten vordrangen. In den vollgebauten Hügeln von Santa Monica wuchsen Schicht um Schicht der ›Inseln‹, wie sie irgendein Schwachkopf vor gut dreißig Jahren genannt hatte, wie Kristalle an einer Höhlenwand; mittags waren sie blendend weiß, jetzt bei Anbruch des Abends jedoch blaugrau. Hier und in den stabilisierten, tief abgesunkenen Buden von Malibu warteten die Nochnichterwählten auf freie Wohnungen in den Combs. Diese wurden jedoch immer knapper, weil Verjünger ihr kontroverses Gewerbe betrieben und gute Bürger in mehrhundertjährige Eloi verwandelten.
    Mary Choy war zu jung, um von einem Verjünger angequatscht zu werden, aber sie hatte an Eloi-Parties teilgenommen und viele Platin-Comb-Domizile von innen gesehen.
    Sie trat aus dem Fahrstuhl und ging zielstrebig ins Foyer. Erst der akrophobische Ausblick auf die Stadt, dann diese große, nach innen gerichtete, in sich geschlossene Höhle mit horizontalen Fensterschlitzen auf Hüfthöhe, die wenig Erleichterung boten – das war immer ein kleiner Schock für sie. Mary empfand es als abrupte Diskontinuität, wie ein Wechsel der Tonart oder sogar der Tonhöhe in der Musik. Arbeiter bewegten sich zielstrebig auf engen Wegen an den Wänden entlang und überließen das Zentrum den Fußgängern. In der Mitte ragte ein kreisrundes Pult, an dem zwei junge Männer in grünen Bürouniformen saßen, aus dem Boden. An der Apsis oben schimmerten Flächen und spiralförmig gewundene Bänder sanften Lichts in der kirchlichen Stille.
    »Ermittlerin M Choy«, sagte der junge Mann an ihrer Seite des Pults, als sie auf ihn zukam. »Sie haben noch eine Viertelstunde bis zu Ihrem Termin mit Bundeskoordinator R Ellenshaw.«
    Sie hatte den Termin mit PD-Supervisor D Reeve vereinbart. Die Neuigkeit sprach sich schnell herum, und sie hatte richtig vermutet. Die großen grünen Augen stetig auf das Gesicht des Empfangsmannes gerichtet, sagte sie: »Gut. Soll ich warten?«
    »Nicht hier, bitte«, sagte der

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