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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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Kind ist, werden wir dann sehen. Jetzt muss es erst mal geboren werden.«
    »Gar nichts werden wir später sehen. Das Kind bleibt bei mir, bis du sesshaft wirst und eine richtige Familie gründest. Ich kümmere mich darum, so wie ich mich um dich gekümmert habe.« Calico umarmte sie herzlich.
    »Ich weiß keinen Platz, an dem ein Kind besser aufgehoben ist, als bei dir. Und wegen des Geldes brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich lasse dir genug da.« Grandma Del verschwieg, dass sie hinter dem Haus eine kleine Schatulle vergraben hatte, in der unangetastet das lag, was er ihr bei seinem letzten Besuch in Havanna gegeben hatte.
    Der Abschied von Calico, Jubilo und Mary fiel Anne sehr schwer. Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie ihren Halbbruder umarmte. Sie gab ihm ein kleines, fest in Wachstuch genähtes Briefchen, das an einem kurzen Lederband befestigt war.
    »Jubilo! Für den Fall, dass wir uns nicht wieder sehen, aber nur dann, hörst du!«, sagte sie mit Nachdruck und zog sie Nase hoch.
»Also, wenn irgendetwas passiert, öffnest du diesen Brief. Häng ihn dir um den Hals und leg ihn niemals ab. Und merk dir: nur wenn mir etwas passiert!« Jubilo sah sie erschrocken an.
    »Was soll dir denn passieren? Der Kapitän hat gesagt, du bist nur ein bisschen schwach auf den Beinen, und in ein paar Wochen holen wir dich wieder ab.«
    »Es werden eher ein paar Monate als ein paar Wochen.« Anne drückte ihn fest an sich und warf Mary einen Blick zu, der sagte: Pass gut auf ihn auf. Mary nickte.
    Ausgestattet mit Rackhams Geld machte Anne sich daran, Grandma Dels Häuschen vom Boden bis unter die Spitze des Giebels umzukrempeln. Die alte Delilah sah die Aktivitäten ihres Gastes mit gemischten Gefühlen und wehrte sich zunächst dagegen.
    »Ich schlafe seit Jahren auf diesem Strohsack, ich brauche kein Bett. Der Kessel ist noch gut, es muss doch kein neuer sein. Was hast du gegen den Besen, er kehrt doch noch.« Anne antwortete geduldig, aber bestimmt.
    »Du wirst sehen, wie viel besser es sich in einem Bett schläft. In einem Kessel aus Kupfer kocht es sich leichter, und mit einem neuen Besen brauchst du nur noch die Hälfte der Zeit, um die Stube auszufegen.« Glücklich, sich nach so langer Zeit endlich wieder ganz frei bewegen zu können, tauschte sie mit wachsendem Bauchumfang ihre Hosen gegen ein weites Kleid. Sie erinnerte sich an die Koppel, die Kabelo für Zebrony gebaut hatte, und errichtete ein Gehege für die Ziegen.
    »So musst du sie nachts nicht anbinden, sie können sich frei bewegen und dir nicht davonlaufen.«
    Mit einer kleinen Säge beraubte sie einen jungen Bock seines Hornes, durchbohrte das geschlossene Ende und übte täglich hinter dem Haus zu urinieren, wie Mary es ihr beschrieben hatte. Das Unterfangen stellte sich mit fortschreitender Schwangerschaft als zunehmend schwierig heraus.
     
    Anne war im siebten Monat, da fiel ihr auf, dass das Dach an einigen Stellen ausgebessert werden müsste. Eigenhändig schnitt sie große Wedel von den umstehenden Palmen und kletterte auf die Hütte. Grandma Del schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

    »Wirst du wohl sofort herunterkommen! Du bist kein Affe, sondern eine Frau in anderen Umständen. Ich dulde nicht, dass du das Leben des kleinen Jack gefährdest!«
    Die letzten Wochen der Schwangerschaft waren beschwerlich. Anne saß meist auf der kleinen Bank vor dem Haus und sehnte den Geburtstermin herbei.
    »Jetzt will ich nur noch eins! Es soll endlich herauskommen. Ich bin es so leid, mit diesem dicken Bauch herumzulaufen. Ich kann ja meine Füße kaum noch sehen. Wenn das so weitergeht, platze ich irgendwann! Schrecklich!«
    Sie ging zum Hafen, um ein wenig Seeluft zu schnuppern. Auf der Hälfte des Weges zwang sie ein stechender Schmerz in die Knie. Anne stützte sich gegen einen Baum und atmete tief durch. Kurz darauf war der Schmerz verschwunden. Sie setzte ihren Weg fort. Wieder zog es in ihrem Unterleib so, dass sie nicht weitergehen konnte. Anne beschloss, auf den Besuch am Hafen zu verzichten und zu Grandma Del zurückzukehren. Sie musste mehrere Pausen einlegen, und als endlich das kleine Häuschen am Wegrand auftauchte, war die Fruchtblase bereits geplatzt. Grandma Del gab Anne etwas zu trinken und untersuchte ihren Bauch.
    »Das dauert noch«, stellte sie fest. »Wenn du dich gut genug fühlst und die Schmerzen nicht zu stark sind, kannst du ruhig noch ein wenig herumlaufen. Je mehr du dich bewegst, umso schneller geht

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