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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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die Bohnen her, wischte sich den Mund ab, stieß einen lauten Rülpser aus, zwang Mary die Hälfte ihres Essens stehen zu lassen und stürmte los.
    Der Fußmarsch in der Hitze des frühen Nachmittags war anstrengend. Rackham stapfte voran, sein rotes Halstuch war schweißgetränkt, und Mary fragte sich, was Anne nur an einem Mann finden konnte, der so stank. Nach drei Stunden waren sie am Ziel. Vor ihnen lag ein kleines Holzhaus, in dessen Schatten ein paar Hühner im Schmutz scharrten.
    Rackham schlug mit der Faust gegen die verschlossene Tür. Drinnen regte sich nichts. Ungeduldig holte er aus und wollte gerade gegen die Tür treten, da hörte er schlurfende Schritte. Eine dicke, zahnlose Frau mit verfilzten Haaren öffnete die Tür.
    »Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?« Sie blinzelte den ungebetenen Besuch mürrisch an.
    »Ich bin’s Calico Jack! Erkennst du mich nicht? Ich bin seit drei Tagen auf der Suche nach Grandma Del. Ich war bei ihrem Haus, aber da ist nur noch ein Haufen Asche.« Die Alte breitete die Arme aus. Mary sah Risse, dort wo der Stoff ihres fleckigen Kittels zu morsch war, die fleischigen Massen zu bezwingen.
    »Calico! Junge! Lass dich drücken!« Rackham befreite sich aus der Umarmung.
    »Grandma Del! Ich muss sie finden, weißt du, wo sie ist?« Die Alte nickte.

    »Natürlich weiß ich das. Nachdem ihre Baracke abgebrannt war, hat sie ihre Ziegen, Hühner und die vier Nigger genommen und sich mit einem Boot nach Pinos bringen lassen. Frag mich nicht, woher sie das Geld hatte, aber sie wollte sich dort ein Stück Land kaufen und ein Häuschen bauen.« Rackham grinste.
    »Die schlaue Del. Hat wahrscheinlich jeden Achter, den ich ihr jemals zugesteckt habe, im Garten verbuddelt für schlechte Zeiten.« Er griff in seine Tasche und drückte der Alten eine Münze in die Hand.
    »Du hast mir sehr geholfen.« Mit diesen Worten machte er kehrt und marschierte den Hügel wieder hinunter.
    »Hätten wir nicht wenigstens etwas trinken können?«, maulte Mary.
    Wieder im Hafen, verloren sie keine Zeit und ruderten zur Juliana . Calico erzählte Anne, was er herausgefunden hatte.
    »Ich rudere gleich wieder zurück zum Strand, um dort die Mannschaft zusammentrommeln. Wir segeln mit der nächsten Flut nach Pinos.«
    Der Wind stand günstig, die Juliana durchpflügte das ruhige Meer, als sie in der Straße von Yucatán um Kap San Antonio herumfuhren und Kurs auf die Insel der Jugend nahmen. Die kleinen versteckten Buchten der Insel dienten Piraten seit eh und je als Schlupfwinkel. Von früheren Unternehmungen kannte Rackham die Küste und fand eine versteckte Bucht. Wieder musste Anne an Bord bleiben, während er an Land ging und sich auf die Suche nach Grandma Del machte.
    Delilah, so ihr eigentlicher Name, war eine ehemalige Sklavin, die sich um Rackham gekümmert hatte, als seine Eltern bei einer Epidemie ums Leben gekommen waren. Als Calico erwachsen war und seine Piratenlaufbahn begann, schenkte er ihr die Freiheit und kaufte ihr die kleine Hütte, deren Reste er vor ein paar Tagen gefunden hatte.
    Diesmal brauchte er nicht lange zu suchen. Jeder kannte die alte Frau, die unweit des Hafens ein winziges Häuschen bewohnte. Calico sah sie schon von weitem. Pfeife rauchend saß sie im Schatten. Kleine weiße Rauchwölkchen tanzten um ihr Gesicht.
    »Grandma Del! Steh auf, nimm deinen Rotzkocher aus dem Mund und lass dich umarmen!« Die Alte blinzelte ungläubig gegen die gleißende Sonne.

    »Jack! Du verwanzter Lausejunge, sag bloß, du hast mich gefunden! Dass ich dich noch einmal sehe, das hätte ich nicht zu träumen gewagt.« Ihr Gesicht war dunkel und pelzig wie die Schale einer Kokosnuss. Sie wischte sich eine Träne von der Wange. Calico gab ihr einen Kuss.
    »Hast du Hunger, willst du etwas essen? Ich habe frisches Maisbrot gebacken und gerade die Ziegen gemolken. Magst du Ziegenmilch noch immer so gern wie früher?« Calico nickte. Während er das Maisbrot in die Milch tunkte, erzählte er, warum er auf die Insel gekommen war.
    »Sie heißt Anne und ist nicht nur ein mutiges und tapferes, sondern vor allem ein wunderschönes Mädchen. Bis heute hat keiner an Bord gemerkt, dass sie kein Seemann ist. Und das soll so bleiben. Ich möchte, dass du sie aufnimmst, bis sie das Kind bekommen hat. Später hole ich sie wieder ab.«
    »Du willst doch einem kleinen Würmchen nicht das Leben auf einem Schiff zumuten?« Grandma Del sah ihn missbilligend an. Calico Jack schüttelte den Kopf.
    »Was mit dem

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