Koenigin der Meere - Roman
Foster wickelte das Buch aus dem gewachsten Segeltuch.
»Sir, ich komme im Auftrag einer Dame, die überzeugt davon ist, dass sie Ihnen vor einiger Zeit schon einmal persönlich begegnet ist. Es handelt sich um Lady Anne Cormac. Sie ist die Tochter eines Plantagenbesitzers aus Charleston und sagt, dass Sie vor Jahren
einmal Gast im Haus ihres Vater gewesen sind.« Hudson schmunzelte.
»Ich kenne einen William Cormac in Charleston, und wenn ich mich recht erinnere, bin ich tatsächlich seiner Tochter vorgestellt worden. Sie war damals ein äußerst reizvolles junges Mädchen mit roten Haaren und viel Temperament.«
»Besser kann man Miss Cormac nicht beschreiben, Sir.« Foster reichte ihm das Buch.
»Miss Cormac lässt Grüße ausrichten. Sie wünscht, dass ich Ihnen diesen Prachtband überbringe.« Hudson nahm das Geschenk entgegen und blätterte mit leuchtenden Augen darin.
»Was für eine außerordentliche Geste. Bitte sagen Sie Miss Cormac, dass es mir eine Ehre und ein Vergnügen wäre, sie heute Abend zum Diner auf meinem Schiff zu Gast zu haben.« Foster verneigte sich formvollendet und atmete erleichtert auf. Die Sache war einfacher gewesen als gedacht.
Als Anne aus der Kajüte kam und das Deck betrat, ging ein Raunen durch die Mannschaft. Fetherston fasste in Worte, was alle dachten.
»Bonny, wenn ich nicht wüsste, dass du es bist, würde ich dich auf der Stelle um ein Rendezvous bitten.« Im Hintergrund murmelte James Dobbins: »Was heißt hier, um ein Rendezvous bitten? Ich würde Bonny in die nächste Ecke zerren und einen gezielten Blick unter ihre Röcke werfen.« Laut sagte er: »Ein Hoch auf den schönsten Kapitän der Karibik!« Die Mannschaft ließ Anne hochleben. Anne bedankte sich mit einem strahlenden Lächeln und machte einen tiefen Hofknicks.
»Meine Herren, zu viel der Ehre! Sie dürfen mich feiern, wenn meine Mission erfolgreich beendet ist. Wünschen Sie mir Glück.« Sie kletterte in das Beiboot und ließ sich zur Royal Queen rudern. Hudson trug einen goldbestickten Überrock, hatte sich den Bart stutzen lassen und ein teures Duftwasser verwendet.
»Was für ein besonders schönes Schiff Sie haben, Mr. Hudson. Ich habe schon viel von der Royal Queen gehört, aber die Wirklichkeit übertrifft jede Schilderung.« Hudson verneigte sich.
»Zu freundlich, Miss Cormac. Wenn Sie wünschen, ist es mir eine
Freude, Sie ein wenig herumzuführen.« Hudson reagierte, wie Anne es sich erhofft hatte. Sie legte ihre rechte Hand auf seinen Unterarm und folgte ihm. Im Vorbeigehen wurde sie ehrerbietig von der Besatzung gegrüßt und stellte fest, dass es nicht mehr als fünfzig Männer waren. Harry Hudson führte sie unter Deck.
»Hier sind, wie Sie sehen, die Geschützpforten. Die Royal Queen verfügt über zwanzig stattliche Kanonen. Recht ansehnlich für ein Handelsschiff, nicht wahr? Aber wir haben immer so kostbare Güter geladen, dass ich sehr viel Wert darauf lege, das Schiff im Notfall angemessen verteidigen zu können. Sehen Sie nur, die Pulverkammer.« Hudson platzte schier vor Stolz.
»So viele Kanonen! So viele Männer! Sie müssen ja wahre Schätze im Laderaum verborgen haben«, hauchte Anne bewundernd.
»Nun ja, ich bin ein sehr erfolgreicher Kaufmann, handele mit allerlei und übernehme auch Transporte für Geschäftsleute, die kein eigenes Schiff besitzen.« Hudson zögerte einen Augenblick, doch dann überwog seine Eitelkeit, und er gab das Geheimnis preis.
»Gerade jetzt zum Beispiel habe ich den Auftrag, zwei Kisten bis zum Rand gefüllt mit goldenen Achterstücken nach Havanna zu bringen. Von dort sollen sie nach Spanien verschifft werden. Vorher werde ich allerdings noch in Hispaniola an Land gehen. Dort findet dieser Tage eine große Auktion statt, auf der ich einen Teil meiner Ladung veräußern werde.« Er strich sich über seinen Bart und bot Anne erneut den Arm.
»Was für ein aufregendes Leben! Immer unterwegs, und mit so wertvoller Fracht. Was sind denn das für Waren, die Sie nach Hispaniola bringen?«
Hudson war in seinem Element. Eine schöne Frau, die ihm aufmerksam zuhörte. Er führte Anne in den Laderaum und machte eine ausladende Handbewegung.
»Zucker, Wein, Konfekt, Felle und, nicht zu vergessen, über vierhundert Pipen Madeirawein.« Die Leute auf den Inseln sind ganz verrückt danach.« Anne prägte sich die Ladung ein.
Ihr Gastgeber führte sie in seine Kajüte. Beim Anblick des mit feinstem Silbergeschirr gedeckten Tisches verschlug es Anne die
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