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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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Sprache. Dieser Luxus erinnerte sie an die Tafel von Charley Balls. Ihre
Augen leuchteten. Allein, was sich in diesem kleinen Raum befand, war der Mühe wert.
    »Was für eine Pracht, Mr. Hudson!« Hudson rückte ihr galant einen Stuhl zurecht.
    »Im Glanz Ihrer Schönheit, Miss Cormac, verblassen die kostbarsten Edelsteine, vom einfachen Silbergeschirr ganz zu schweigen.«
    Während Hudson Wein und Speisen kräftig zusprach, nippte Anne nur an ihrem Glas und aß kleine Portionen. Je mehr er trank, umso deutlicher wurden Hudsons Absichten. Anne erwiderte seine Anspielungen auf eine gemeinsame Nacht mit fröhlichen Scherzen, hielt ihn hin und gab ihm gleichzeitig das betörende Gefühl, seinem Ziel ganz nahe zu sein.
    Zwei Pagen trugen die noch halbvollen Platten hinaus und stellten Früchte, Konfekt, Käse und Gebäck auf den Tisch. Hudson winkte einen der Knaben zu sich und flüsterte: »Ich wünsche keine weiteren Störungen. Die Männer sollen unter Deck gehen und in ihren Hängematten bleiben.«
    Anne wartete ungeduldig auf einen günstigen Moment. Endlich war es so weit.
    »Bevor ich Ihnen den köstlichen Dessertwein kredenze, bitte ich Sie, mich für einen Augenblick zu entschuldigen.« Hudson erhob sich und verließ mit schweren Schritten die Kajüte, um sich zu erleichtern. Anne holte die kleine Opiumkugel aus ihrem Mieder hervor und zerbröselte sie über seinem leeren Glas. Dann füllte sie es mit Rotwein und rührte kräftig um. Als Hudson sich wieder auf seinen Platz gesetzt hatte, hob sie ihr Glas und prostete ihm zu.
    »Einen großen Schluck auf Sie, lieber Mr. Hudson. Selten habe ich mich so wohlgefühlt, wie in Ihrer Gegenwart. Es war ein zauberhafter Abend, und ich hoffe in unser beider Interesse, dass er noch nicht zu Ende ist.« Freudig überrascht, leerte Hudson sein Glas und leckte sich die Lippen. Noch ein oder zwei Gläschen Dessertwein, und er würde diesen herrlichen Mund küssen.
    Seine Lider wurden schwer. Hudson fuhr sich mit der Hand über die Augen und versuchte, das lähmende Gefühl zu verscheuchen. Aber die Müdigkeit wurde von Sekunde zu Sekunde stärker. Anne sah, wie er kämpfte. Sie erhob sich und nahm seine Hand.

    »Ich denke, dass es an der Zeit ist, sich ein wenig auszuruhen. Kommen Sie, mein Lieber, lassen Sie uns zu Bett gehen.« Benommen folgte er ihr und ließ sich schwer in die Kissen fallen. Mit letzter Kraft streckte er die Hände nach Anne aus, dann gewann das Opium die Oberhand. Harry Hudson sank in einen tiefen Schlaf.
    Anne verlor keine Zeit. Flink zog sie ihm Stiefel, Hose und Hemd aus und zwickte ihn in den Arm, um sicherzugehen, dass er wirklich schlief. Hudson rührte sich nicht. Sie legte Ring und Handschuhe auf den Tisch, öffnete vorsichtig die Tür und lauschte. Außer dem Schnarchen der Männer drang kein Laut an ihre Ohren. Auf leisen Sohlen huschte sie auf Deck. Der Wachmann stand mit dem Rücken zu ihr an der Reling. Anne ergriff einen gefüllten Wassereimer und verschwand damit im Zwischendeck. Sie löste die Schlagbolzen der zwanzig Kanonen, tauchte sie einzeln in den Wassereimer und steckte sie wieder an ihren Platz. Die Pulverkammer lag im Unterdeck, direkt neben der Bilge. Anne kletterte die schmale Leiter hinunter, öffnete die drei Pulverfässer und schüttete das restliche Wasser hinein. Mit gerafften Röcken stieg sie in die Bilge, hielt die Luft an, füllte den Eimer und entleerte die stinkende Flüssigkeit über dem Pulver. Dreimal musste sie schöpfen, dann schien ihr das Pulver unbrauchbar. Sie legte die Deckel wieder auf die Fässer, schloss den Verschlag und gelangte unbemerkt zurück in die Kajüte.
    Hudson lag schnarchend auf dem Rücken. Er hatte sich nicht bewegt. Anne setzte sich in einen der beiden Sessel, zog Handschuhe und Ring wieder an und wartete auf den Morgen. Mit dem ersten Tageslicht hörte sie vor der Tür Männerstimmen und Schritte. Die Mannschaft versammelte sich zum Frühstück an Deck. Anne stand auf und setzte sich auf die Bettkante. Hudson öffnete verschlafen die Augen. Mit einem Lächeln strich sie ihm die Haare aus der Stirn.
    »Guten Morgen, mein Lieber. Gut geschlafen? Was für ein herrlicher Abend! Und was für eine unvergessliche Nacht! Ich werde mich an meinen Besuch auf der Royal Queen erinnern, solange ich lebe.« Hudsons Zunge klebte an seinem Gaumen, seine Augen waren verquollen. Er fühlte sich wie gerädert. Der Abend war schön gewesen, aber die Nacht? Unvergesslich? Er sah an sich herunter und

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