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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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uns
noch eine Scheibe abschneiden. Wir fangen gleich an, die Sachen auf die Royal Queen zu schaffen. Das meiste sind Stoffballen, und wenn mich nicht alles täuscht, stehen da hinten ein paar Fässer mit Koschenille. Seid vorsichtig damit, die Farbe ist ein Vermögen wert. Milliarden roter Läuse haben ihr Leben dafür gelassen.«
    Anne ging zurück an Deck. Die Inder saßen noch immer verängstigt auf dem Boden. Anne reduzierte die Bewachung auf das notwendige Minimum und schickte die restlichen Männer unter Deck, die Beute heraufzubringen. Mit Tränen in den Augen verfolgte der indische Kapitän das Geschehen.
    Vier Stunden später quoll das Deck der Royal Queen über vor Stoffballen, Kisten, Fässern, Truhen und Kleidungsstücken.
    »Noch einen Gang, dann ist es geschafft, und wir hauen ab«, sagte Anne zu Carry, der das Verladen der Beute überwachte. Da gellte ein Schrei durch die Nacht. Sekunden später zerriss ein Schuss die Luft. Anne rannte zur Reling und brüllte: »Was, zum Teufel, ist los! Ich habe gesagt, nicht schießen! Welcher Idiot ballert da herum?«

-36-
    A uf der Royal Queen sorgte Fetherston dafür, dass die indischen Waren übersichtlich gestapelt wurden. Mike Foster stand neben der Luke, die ins Zwischendeck führte, und wusch sich die Kohle vom Körper, als er Schritte auf der Leiter hörte. Polternd erklomm der betrunkene Rackham die Stufen.
    »Furzdonnerschlag! Ich bin der Kapitän! Wieso hat mir niemand etwas gesagt?« Er zog seine Pistole und fuchtelte damit in der Luft herum. Foster wischte sich die nassen Hände an der Hose ab und ging auf ihn zu.
    »Beruhig dich, Rackham, es ist alles in Ordnung. Steck die Waffe, weg, die brauchst du nicht.« Rackham sah ihn aus blutunterlaufenen Augen an. Schwankend zielte er auf Foster.
    »Du hast mir nichts zu sagen! Wo ist Bonny?« Unsicher stützte er sich auf einen Stapel Stoffballen. Foster streckte die Hand nach der Pistole aus, bekam den Lauf zu fassen und sagte freundlich: »Gib mir das Ding, bevor ein Unglück geschieht.« Rackham versuchte, ihm die Waffe zu entwinden. Plötzlich löste sich ein Schuss, und Foster zuckte mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen. Entsetzt griff er nach seiner linken Schulter. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Er taumelte und brach zusammen. Rackham machte keine Anstalten, ihm zu helfen, ließ sich die Waffe aber widerstandslos von Fetherston abnehmen. Der steckte sie in seinen Gürtel und kniete sich neben Foster. Der Segelmacher blutete heftig. Fetherston riss einen Streifen von seinem Hemd und drückte ihn auf die Wunde. Mike Foster stöhnte auf, verdrehte die Augen und verlor das Bewusstsein.
    »Brown und Fenwick, hierher! Foster hat was abbekommen, bringt
ihn nach unten. Earl, lauf an die Reling und sag Bonny Bescheid!«, rief Fetherston.
    Anne reagierte prompt.
    »Read, zurück aufs Schiff! Sieh nach, was Foster fehlt! Wir sind gleich fertig hier. Dann komme ich selbst.« In heller Aufreg ung schwang sich Mary mit einem Tau auf die Royal Queen und eilte in den Schlafraum der Männer. Foster lag in seiner Hängematte. Er war noch nicht wieder zu sich gekommen. Seine Schulter blutete stark. Mary entfernte den durchtränkten Stofffetzen und schnitt sein Hemd mit ihrem Messer auf. Fosters Schulterblatt war zerschmettert. Knochensplitter ragten aus einem blutigen Brei aus Haut, Sehnen und Muskeln. In ihrer Verzweiflung stürmte Mary in die Kapitänskajüte, holte ein Kissen und drückte es auf die Verletzung. Fosters Gesicht war wachsbleich, die Lippen bläulich verfärbt, er atmete flach. Mary nahm seine kalten Hände und schrie: »Dobbins! Wo ist Dobbins. Er soll herkommen und mir helfen.« Fetherston hörte ihren Hilferuf und schickte Dobbins unter Deck. Mary zitterte.
    »Dobbins, du kennst dich doch aus, tu etwas, sonst verblutet er!« Dobbins hob das Kissen. Getrieben von Fosters Pulsschlag, spritzte ihm das Blut entgegen. Er drückte das Kissen wieder fest auf die Schulter und flüsterte: »Lauf und hol ein glühendes Holz aus der Kombüse. Wir müssen die Ader abbrennen.« Mary hetzte in die Küche und zerrte ein rotglühendes Scheit aus dem Feuer. Dobbins presste die Spitze in die Wunde.
    Mit einem Schrei erwachte Foster aus seiner Ohnmacht, verlor aber sofort wieder das Bewusstsein. Der Geruch von verbranntem Fleisch erfüllte den Raum. Mary hielt sich die Hand vor Mund und Nase. Dobbins herrschte sie an: »Reiß dich zusammen und bleib bei ihm, bis ich wiederkomme. Ich sage Carry, dass er

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