Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
Vom Netzwerk:
wuchtete schwitzend eine Kanone in Stellung.
    Inzwischen waren ein Dutzend Männer aus dem Schlafraum an Deck gewankt und standen an der Reling.
    »Wer noch zu besoffen zum Schießen ist, soll laden!«, befahl Anne, die mit wehenden Haaren in der Takelage stand und einen Schuss nach dem anderen abfeuerte.
    Auf der Harbinger gab Barnett das Kommando für die nächste Salve. Sie hatte verheerende Folgen. Zwei Tote und vier Verletzte lagen auf den Planken der Dragon .
    »In Deckung, ihr Idioten! Sonst können wir uns gleich ergeben!« Anne legte eine Muskete an und zielte. Die Harbinger war von Pulverdampf umnebelt. Anne konnte kaum etwas erkennen und feuerte auf gut Glück.
    Endlich war Fetherston so weit, die erste Kanone zu zünden. Die Kugel verfehlte ihr Ziel und versank im Meer. Tucker lud Waffe um Waffe und reichte sie abwechselnd Anne und Mary. Die beiden Frauen schossen um ihr Leben, doch Barnetts geschulte Männer waren in der Überzahl. Die Harbinger kam immer näher.
    Im Zwischendeck der Dragon saßen die Zecher der vergangenen
Nacht und wagten sich nicht aus der Deckung. Calico Jack Rackham hielt sich den dröhnenden Kopf.
    »Furzdonnerschlag! Wir haben keine Chance, ich schon sowieso nicht. Was soll ein Krüppel wie ich ausrichten.« In der Luke erschien Marys Kopf.
    »Was sitzt ihr hier rum? Wir brauchen euch oben! Wenn ihr sonst nichts tun könnt, kümmert euch wenigstens um die Verletzten!« Der Kopf verschwand wieder. Rackham erhob sich mühsam.
    »Verletzte gibt’s also auch schon!« Statt Marys Aufforderung zu folgen, machte er sich auf die Suche nach einem noch nicht geleerten Schnapsfass.
    »Das tut gut!« Rackham rülpste laut und vernehmlich. »Wenn ich schon draufgehen muss, dann lieber besoffen als nüchtern!« Drei Kameraden folgten seinem Beispiel. Carry, Corner und Howell hatten inzwischen ihre Musketen und Pistolen geladen und gingen an Deck. Die Harbinger war so nah herangekommen, dass Anne nur noch eine Möglichkeit sah.
    »Es hat keinen Sinn. Die nächste Kanonenkugel trifft, und dann sind wir verloren! Wir müssen die weiße Fahne hissen und so tun, als ob wir uns ergeben. Vielleicht haben wir noch eine Chance, wenn sie erst mal an Bord sind und wir von Mann zu Mann kämpfen.«
    Robert Tucker hisste die weiße Flagge, und Barnett gab sofort Befehl, das Feuer einzustellen. Minuten später lagen die beiden Schiffe Seite an Seite. Die Gewehre im Anschlag, kamen die britischen Offiziere und Marinesoldaten an Bord der Dragon . Statt mit erhobenen Händen empfingen Anne, Mary und eine Handvoll ihrer Männer die Feinde mit gezückten Säbeln und schlugen einigen von ihnen die Waffen aus den Händen.
    Barnetts Wut kannte keine Grenzen.
    »Macht sie nieder!«, schrie er und schoss dem ihm am nächsten stehenden Piraten in die Brust. Sein Zorn und die über Wochen aufgestauten Aggressionen seiner Männer entluden sich in einem grausamen Gemetzel. Barnett schnappte sich Tucker, der zitternd und wehrlos hinter einer Kiste verschwunden war und hielt ihm eine Pistole an die Schläfe.
    »Wo ist Rackham! Bring mich sofort zu deinem Kapitän.« Tucker
brachte vor Schreck kein Wort hervor, stattdessen deutete er auf die Luke. Barnett tötete ihn mit einem Schuss in die Stirn und stürmte mit Morry und drei weiteren Offizieren unter Deck. Sie fanden Calico und ein Dutzend Männer im hinteren Teil des Laderaumes.
    »Wer von euch ist Kapitän Rackham? Ich will ihn sprechen.« Rackham stand auf und trat ihm entgegen. Seine Augen waren blutunterlaufen, seine Jacke schmutzig. Er stank nach Alkohol. Barnett schnippte mit den Fingern, und zwei seiner Offiziere nahmen Rackham in ihre Mitte und bedrohten ihn mit ihren Pistolen.
    Vom Deck drang Kampfgebrüll und das Schreien der Verletzten nach unten. Anne und Mary schlugen wie die Furien um sich. Immer wieder entwischten sie ihren Häschern, kletterten in die Wanten, sprangen herab und stachen erbarmungslos auf die Engländer ein. Die revanchierten sich mit schrecklicher Brutalität. Einer von ihnen schnitt einem Piraten die Gurgel durch. Der Soldat trat mit dem Fuß auf den Brustkorb des Sterbenden, sodass das Blut in einem dicken Schwall aus seinem Hals spritzte. Ein anderer hielt mit wütender Kraft seine leergeschossene Muskete am Lauf, schwang sie kreisend um sich und erschlug einen Freibeuter. Auf dem Achterdeck waren vier Männer ineinander verkeilt und droschen mit den bloßen Fäusten aufeinander ein, bis zwei von ihnen mit blutüberströmten Gesichtern

Weitere Kostenlose Bücher