Koenigin der Meere - Roman
unsere Pistolen und Messer von der Dragon mitgenommen?« Brady nickte.
»Liegen alle in der Waffenkammer. Da komme ich ohne Weiteres dran.«
Glenn Morry hatte genug gehört und entfernte sich so leise, wie er gekommen war. Als Brady an Deck erschien und den Kupfertopf mit den Resten in die Kombüse bringen wollte, nahmen ihn zwei seiner Kameraden gefangen, legten ihn in Ketten und schleppten ihn zu Barnett.
»Mr. James Brady, wie ich höre, haben Sie nichts dazugelernt. Sie werden den Rest unserer Fahrt als Gefangener der britischen Krone verbringen und sich in Nassau vor Gericht wegen Hochverrats und Verschwörung verantworten.« Brady erhielt keine Gelegenheit, sich zu rechtfertigen, und wurde in der Bilge angekettet.
-41-
J onathan Barnett und die Marinesoldaten der Harbinger hatten ihre Pflicht getan. Mit dem britischen Schiff segelte die Nachricht von Rackhams Festnahme nach New Providence. Woodes Rogers bereitete seinem Kapitän einen glänzenden Empfang, auf dem Glenn Morry schweigend zusehen musste, wie Barnett die Lorbeeren einheimste, von denen zumindest ein Teil auch ihm zugestanden hätte.
Die Besatzung der Harbinger erhielt zusätzlich zu ihrer Heuer eine Belohnung, die die Männer stehenden Fußes in die Tavernen rund um den Hafen von Nassau trugen.
Mulatto-Molly konnte kaum so schnell kochen, wie die ausgehungerten Seeleute sich auf ihr Salamgundi stürzten.
Bier und Rum flossen in Strömen. Jubilo brachte Krug um Krug an die Tische und füllte die leeren Becher. Aus dem Knaben war ein junger Mann geworden. Sein Wuchs war makellos. Die seidenschwarzen Locken fielen weich auf seine Schultern. Seine Augen glänzten wie Onyx und waren umrahmt von langen, dichten Wimpern. Blitzweiße Zähne strahlten unter den fein geschwungenen Lippen.
»Drei Teller an den ersten Tisch. Die Männer sind eben erst an Land gegangen und warten auf ihr Essen.« Mulatto-Molly wischte sich den Schweiß mit der fleckigen Schürze vom Gesicht und schöpfte mit der Kelle den Eintopf aus dem Kessel. Jubilo balancierte die Speisen geschickt zwischen Tischen und Bänken und stellte sie vor den Gästen ab. Die Männer unterhielten sich so angeregt, dass sie nicht einmal die Köpfe hoben, als das Essen vor ihnen stand.
»Den Prozess hätte ich gerne noch miterlebt. Sie werden Rackham hängen, und diesem Bonny wird es nicht besser ergehen. Ein Teufelskerl.
Wie der in den Wanten stand und gekämpft hat, wie ein Löwe. Wenn man das nicht mit eigenen Augen gesehen hat, mag man es kaum glauben.« Der Seemann schob sich einen vollen Löffel in den Mund und sprach weiter.
»Aber dem geht es jetzt auch an den Kragen. Aus dem Kerker in Jamaika ist kein Entkommen, und einen Freispruch hat der sicher nicht zu erwarten.« Als Jubilo die Worte hörte, wurden seine Knie so weich, dass er sich auf der Tischplatte abstützen musste.
»Was sagen Sie da, man hat Rackham und Bonny gefangen?«, fragte er mit belegter Stimme.
»Was heißt man! Wir haben die ganze Horde hochgenommen und ihr Schiff versenkt. Das Wasser in der Negril-Bucht war rot vom Blut der Toten«, brüstete sich der Marinesoldat. Von entsetztem Schwindel erfasst, stürzte Jubilo zu Molly.
»Sie haben Bonny erwischt und Rackham und sicher auch Read. Sie sitzen alle im Gefängnis von Jamaika und sollen an den Galgen!«
Molly ließ die Kelle sinken. Ihr rundes Gesicht wurde grau.
»Was sagst du da? Wer redet denn solch einen Unsinn?« Sie rüttelte Jubilo an den Schultern.
»Das ist kein Unsinn, Molly. Die Männer da drüben haben sie persönlich gefangen genommen und ihr Schiff versenkt. In der Negril-Bucht. Frag sie doch selbst.« Molly reichte ihm den Schöpflöffel und ging zu den Soldaten.
»Ich hoffe, die Herren sind zufrieden«, sagte sie so beherrscht, wie es ihre Gemütslage zuließ. Die Männer sahen sie freundlich an.
»Es ist das Beste, was wir seit Monaten bekommen haben«, sagte einer und prostete Molly zu.
»Lange unterwegs gewesen?« Die Stimme der Wirtin zitterte.
»Kann man so sagen. Ein paar Monate. Aber jetzt ist alles vorbei, und die Schurken sitzen hinter Schloss und Riegel.«
»Schurken, welche Schurken?« Mollys Anspannung stieg von Sekunde zu Sekunde.
»Der eine heißt Calico Jack Rackham, von dem hast du sicher schon gehört, und dann noch einen gewissen Bonny, so ein rothaariger Teufel. Noch nicht alt, haut aber drauf für drei. Wir können froh sein, dass wir nichts abgekriegt haben.« Der Seemann langte erneut
zu. In Mollys Ohren rauschte
Weitere Kostenlose Bücher