Koenigin der Meere - Roman
Verhältnis mit Phibbah nicht beendet. Mehrmals in der Woche suchte er sie auf, und heftiger denn je träumte Phibbah ihren Traum von einem gemeinsamen Leben mit dem Mann, den sie liebte.
Eines der kleinen Häuschen in der Sklavensiedlung wurde von einer alten Frau bewohnt, von der es hieß, sie habe magische Kräfte. Phibbah fasste sich ein Herz, suchte Nana auf und bat sie um Hilfe.
»Du willst ihn also für immer an dich binden? Aber er ist verheiratet.« Nana wiegte ihren Kopf bedächtig hin und her.
»Das ist nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Komm morgen wieder, dann gebe ich dir einen Trank, den du ihm einflößen musst. Und wenn er alles getrunken hat, werden wir in der Nacht die Schlangen tanzen lassen. Halte dich bereit.«
Phibbah hatte schon von Schlangentänzen gehört, jedoch noch nie einen erlebt.
Jubilo schlief tief und fest. Seine Mutter saß vor ihrer Hütte und wartete darauf, dass man sie holte. Es war kurz vor Mitternacht, als zwei junge Mädchen, mit bunten Ketten geschmückt, vor ihr standen und ihr wortlos bedeuteten zu folgen. Vor Nanas Hütte hatten sich alle Frauen der Siedlung versammelt. Sie bildeten einen Kreis, der von vier Feuern beleuchtet wurde. In der Mitte stand ein geflochtener Käfig, darin ringelten sich ein halbes Dutzend Schlangen, die aufgebracht zischten. Die Frauen klatschten leise rhythmisch in die Hände, jetzt erst sah Phibbah, dass außerhalb des Kreises ein Mann stand, der den Takt mit sanften Schlägen auf eine große Trommel vorgab. Das Klatschen und die Trommelschläge wurden lauter. Nana trat aus ihrer
Hütte; der Kreis öffnete sich, ließ sie eintreten und schloss sich wieder. Die alte Frau zitterte am ganzen Körper. Ihre Schritte folgten dem Takt des Klatschens, als sie den Schlangenkäfig auf dem Boden ein ums andere Mal umrundete. Phibbah fühlte, wie sie von unsichtbaren Händen ebenfalls in die Mitte des Kreises geschoben wurde. Erbost züngelten die Schlangen aus ihrem Käfig. Phibbah hatte Angst. Klatschen und Trommelschläge waren noch lauter geworden und wurden jetzt von einem stetig anschwellenden Summen begleitet. Nana bewegte sich mit für ihre Körperfülle erstaunlich anmutigen Schritten um den Schlangenkäfig. Sie hatte die Augen geschlossen und schien sich in einer Art Trance zu befinden. Auf einmal verstummte das Summen, die Frauen hörten auf zu klatschen, und der Trommler schlug sein Instrument mit solcher Kraft, dass die gespannte Tierhaut vibrierte. Ein nackter Schwarzer, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, sprang über die Frauen hinweg in den Kreis und vollführte einen akrobatischen Tanz, der Phibbah das Blut in den Adern gefrieren ließ. Seine Bewegungen waren geschmeidig wie die einer großen Raubkatze. Mit obszönem Schwung bewegte er seine Hüften und näherte sich dem Schlangenkäfig. Sein Griff war geübt, als er die erste Schlange aus dem geflochtenen Behälter nahm. Das gereizte Tier schlug seine Zähne in einen Schwamm, den der Mann ihm entgegenhielt. Kaum hatte die Schlange ihren Biss wieder gelockert, griff der Schwarze nach dem nächsten Reptil und wiederholte die Prozedur. Eine halbe Stunde später, die Trommel war noch immer nicht verstummt, wanden sich sechs Schlangen um Hals und Oberarme des Tänzers. Er näherte sich Phibbah.
Anne hatte Zebrony außerhalb der Siedlung an einen Baum gebunden und sich vorsichtig angeschlichen. Gebannt verfolgte sie das Spektakel und wich entsetzt zurück, als der Schwarze vor Phibbah stand. Die Sklavin bebte vor Furcht, bewegte sich aber keinen Millimeter. Der Mann nahm eine der Schlangen und legte sie Phibbah um den Hals. Was um Himmels willen tat Phibbah da, warum setzte sie sich dieser Gefahr aus, und warum war da diese alte Frau, die den Schlangenkäfig noch immer mit geschlossenen Augen umrundete. Anne fand keine Erklärung für das bizarre Schauspiel und nahm sich vor, Phibbah bei nächster Gelegenheit zu fragen. Die Klänge der Trommel
wurden leiser, die Frauen begannen wieder zu summen, der Tänzer legte die Schlangen behutsam zurück in ihren Käfig, und Nana verließ den Kreis. Zurück blieb Phibbah, die jetzt von den beiden jungen Mädchen an den Händen genommen und wieder nach Hause geleitet wurde.
Anne beeilte sich, den Ort des Geschehens zu verlassen. Sie gelangte unbemerkt in ihr Zimmer, war jedoch so aufgewühlt, dass sie nicht schlafen konnte. Bei Tagesanbruch hatte sie entschieden, Phibbah lieber nicht zu erzählen, was sie gesehen hatte. Selbst um den
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