Koenigin der Meere - Roman
Ärmeln waren sie besser als alles, was er sonst besaß.
Anne stieg die imposante Treppe hinauf. Kupfer-Cissy hatte nicht übertrieben. Die steinernen Mauern waren blitzweiß gekalkt, überall blühten Blumen und Sträucher, und die Einrichtung war prächtiger als alles, was Anne jemals gesehen hatte. Die Wände waren geschmückt mit feinst gestickten Wandteppichen aus reiner Seide, üppig gerahmten Ölgemälden und Masken aus purem Gold. Auf den Fußböden aus spiegelndem Marmor lagen vereinzelt dicke Teppiche. Ihre handgeknüpften farbigen Ornamente hoben sich leuchtend vom hellen Untergrund ab. Die Möbel waren mit zierlichen Schnitzereien und Intarsien aus Perlmutt und Elfenbein verziert. Auf dem glänzend polierten Esstisch stand, von schwerem Silberbesteck eingerahmt, Porzellan so fein, dass man beinahe hindurchsehen konnte. Die Kandelaber bestanden aus Hunderten blinkend geschliffener Kristallteile und warfen ihre farbigen Prismen auf die Polster der samtbezogenen Sessel. Auf schwarzen Ebenholzsockeln standen in allen Räumen verteilt Alabasterstatuen von vollendeter Schönheit, von Meisterhand geschaffen, den Luxus zu bewachen.
»Und das, meine Liebe, sind deine Zimmer. Dein kleiner Jubilo wird oben bei meinen Sklaven schlafen.« Charley Balls öffnete eine schwere Holztür mit blanken Messingbeschlägen. Anne betrat einen Raum, mindestens dreimal so groß wie der Salon ihrer Mutter und mit zierlichen Sesseln, Tischchen, einer Chaiselongue und einem Harmonium ausgestattet. Schwere Vorhänge aus bestickter Seide hielten
die Hitze ab. Das Zimmer war angenehm kühl. Balls durchquerte den Raum und öffnete eine weitere, etwas kleinere Tür. Anne folgte ihm und klatschte vor Entzücken in die Hände. Vor ihr stand ein Bett, dessen Himmel auf vier kunstvoll gestalteten Säulen ruhte. Das Kopfende war über und über mit Kissen aus Seide und hauchzart geklöppelter Spitze bedeckt. An der Wand hing ein riesiger Gobelin. Anne strich bewundernd mit dem Zeigefinger darüber.
»Mr. Balls, Sie müssen ja halb Europa leer gekauft haben für all diese Kostbarkeiten. Und ich darf wirklich hier wohnen?«
Balls legte ihr den Arm um die Schulter.
»Ich bitte darum, und ich bitte auch gleich um noch etwas, nenn mich in Zukunft nicht mehr Mr. Balls. Sag Charley, so wie alle meine Freunde, du würdest mir eine Freude damit machen.« Ihm diesen Gefallen zu tun, fiel Anne nicht schwer. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Gestern noch hatte sie sich Gedanken darüber machen müssen, wo sie mit Jubilo bleiben sollte, und heute fand sie sich in einem Palast wieder.
Charley Balls erwies sich als vollendeter Gentleman. Er ließ Anne die Zeit, die sie brauchte, um sich an ihn und die neue Umgebung zu gewöhnen. Mit keinem Wort, keiner Geste bedrängte er sie, sondern warb vielmehr um ihre Zuneigung wie ein Kavalier alter Schule. Kein Frühstück, bei dem sie nicht einen frisch geschnittenen Strauß neben ihrem Gedeck vorfand. Mittags speiste man im Freien. Der Tisch bog sich vor feinen Kleinigkeiten, nie fehlten Obst und eine ganze Auswahl gepresster Säfte. Je nachdem, an welchem schattigen Platz Anne zu essen wünschte, wurde die ganze Pracht von Balls’ Haussklaven hin und her getragen.
Jubilo hatte bei Molly so viel gelernt, dass Charley Balls ihm erlaubte zu servieren. Der Junge fasste schnell Vertrauen zu dem reichen, freundlichen Kaufmann und unterhielt ihn und Anne mit seinen Parodien und Stimmimitationen.
Die Tage in den Hügeln von Providence folgten einem festen Ablauf. Nach dem Frühstück ging Balls bis zum Mittag seinen Geschäften nach und hielt nach dem Essen eine ausgiebige Siesta. Anne hatte das Gefühl, im Paradies angekommen zu sein. In Balls’ Pferdestall standen neben den Kutschpferden vier rassige Hengste und sechs prächtige
Stuten. Wenn Balls ihre Gesellschaft entbehren konnte, nutzte Anne die Zeit und unternahm in Jubilos Begleitung Ausritte durch das weite Gelände. Wenn es in der Sonne zu heiß war, zog sie sich in die große Bibliothek des Hauses zurück und las in einem der kostbar in Leder gebundenen Bücher. Balls selbst war der Literatur nicht sonderlich zugeneigt, hatte aber im Laufe der Jahre eine wertvolle Sammlung zusammengetragen und freute sich, dass Anne Gefallen daran fand.
Es war ein lauer Abend, und Charley Balls hatte die Köchin angewiesen, ein besonderes Mahl zu servieren. Ein Zicklein hatte sein Leben lassen müssen. Geschickt tranchierte Jubilo den Braten und legte Anne die
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