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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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wer aus dem geöffneten Schlag stieg. Benjamin Hornigold höchstpersönlich rückte seinen Dreispitz zurecht, überprüfte den Sitz seines bestickten Rockes und wurde von Balls ebenso herzlich begrüßt wie Blackbeard. Von Hornigold hieß es überall, er sei der freundlichste und mildeste Pirat der Gegend. Matrosen, die unter seinem Kommando gesegelt waren, berichteten eine Episode, die diesen Leumund bestätigte. Mit einem ausschweifenden Gelage hatten sie eines Tages eine erfolgreiche Kapertour gefeiert und dabei im Übermut alle ihre Hüte über Bord geworfen. Die karibische Sonne stach erbarmungslos, und es war gefährlich, sich ihr ohne Kopfbedeckung auszusetzen. Wieder nüchtern, gab Hornigold Kommando, einen am Horizont gesichteten Kauffahrer zu verfolgen. Als die Brigg geentert war, forderte er von Kapitän und Mannschaft nichts als deren Hüte. Die erstaunten Seeleute beeilten sich, dem ungewöhnlichen Befehl Folge zu leisten, und durften wenig später ungehindert mit ihrer Fracht weitersegeln.
    Im Speisesaal feierten Blackbeard und Hornigold ihr unerwartetes Wiedersehen so überschwänglich, dass der Lärm bis in Annes Zimmer drang. Gespannt wartete sie auf den nächsten Gast.
    Der kam auf einem schweißbedeckten Rappen vor das Haus geritten. Samuel Bellamy schwang sich vom Pferd, warf dem bereitstehenden Sklaven die Zügel zu und stürmte ins Haus. Anne hörte erneut die laute Begrüßung aus dem Speisesaal, offensichtlich waren Hornigold und Blackbeard hocherfreut, den Neuankömmling zu sehen.
    Bellamy war einer der aktivsten Freibeuter der Region, auch er hatte seinen Werdegang im Dienst der britischen Krone begonnen und war
nach 1714 entlassen worden. Mit der Unterstützung wohlhabender Verwandter hatte er sich ein eigenes Schiff gekauft, um eine Schaluppe zu bergen, die angeblich vollbeladen mit Gold und Edelsteinen auf Grund gegangen war. Bei seiner Ankunft musste er feststellen, dass ihm ein anderer zuvorgekommen war, und widmete sich seither dem einträglichen Gewerbe der Piraterie.
    Kaum hatte er das Haus betreten, fuhren nacheinander sechs edle Zweispänner vor. Ihnen entstiegen Geschäftsleute, die Anne aus Nassau vom Sehen kannte.
    Nach diesen Herren traf Stede Bonnet ein. Von ihm wusste Anne, dass man ihn den »Gentleman-Piraten« nannte. Bonnet war ein reicher Mann, der auf Barbados eine riesige Zuckerplantage besaß. Um seiner nörgelnden Frau zu entkommen, hatte er sich eine Schaluppe gekauft und fuhr zur See. Hier machte er Bekanntschaft mit Blackbeard und segelte eine Weile mit diesem gemeinsam.
    Aus dem Speisesaal tönten Stimmen, da fuhr ein letzter Wagen vor. Aus dem Inneren stiegen kichernd und schwatzend Kupfer-Cissy und sechs ihrer tüchtigsten Mädchen.
    Anne ging aufgeregt in ihrem Zimmer auf und ab, als es klopfte und Jubilo rief: »Mr. Balls hat gesagt, du sollst bitte herunterkommen.« Mit einem letzten Blick in den Spiegel kontrollierte Anne ihr Aussehen und folgte Jubilo die Treppe hinab.
    Charley Balls erhob sich von seinem Platz und schlug mit der Gabel gegen sein Glas. Das Stimmengewirr ebbte ab.
    »Liebe Freunde, erlaubt mir, euch Anne, die Zierde meines Hauses vorzustellen.« Er ging ihr entgegen, reichte ihr die Hand und führte sie wie eine Königin zum Tisch. Blackbeard schnalzte mit der Zunge.
    »Donnerwetter! Charley, in welcher Auster hast du denn diese Perle gefunden?« Er stand auf und verbeugte sich vor Anne.
    »Freunde! Ein dreifaches Hoch und ein ordentlicher Applaus für die Dame des Hauses.« Anne fühlte, wie eine leichte Röte ihren Hals heraufstieg, und nahm ihren Platz an Charleys Seite ein. Kupfer-Cissy prostete Anne zu und zog anerkennend die Augenbrauen hoch. Mit verschwörerischem Zwinkern stieß sie mit Anne an und flüsterte: »Für die Kette kannst du ein halbes Haus kaufen. Denk dran, dass ein Teil davon mir gehört.« Anne lachte leise.

    »Daran denke ich, seit ich sie habe - seit gestern.«
    Jubilo stand etwas abseits und drehte an einem Spieß, auf dem er ein ganzes Ferkel knusprig braun und glänzend garte. Charley Balls hatte auffahren lassen, was es für Geld zu kaufen gab. Gebratenes Geflügel, gedünstete Fische, Pasteten, Süßkartoffeln, Früchte, Gebäck, aber vor allem Wein, Bier, Punsch, Rum und sogar französischen Cognac.
    Begleitet wurde der Festschmaus von vier Musikern, die jedes Mal einen Tusch spielten, wenn einer der Männer das Glas auf den Gastgeber hob. Der Alkohol floss in Strömen, die Piraten überboten sich gegenseitig

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