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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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höflich und wollte die Kajüte wieder verlassen.
    »Nicht so eilig, junger Mann. Erst musst du noch den Vertrag unterschreiben. Für dich und deinen Jubilo.«
    »Was für einen Vertrag?« Anne hatte noch nie gehört, dass Piraten an Bord ihrer Schiffe Verträge schlossen. Vane legte ihr ein schmutziges Papier vor, das auf beiden Seiten beschrieben und unten auf der zweiten Seite mit Unterschriften und merkwürdigen Hieroglyphen versehen war.
    »Du kannst doch lesen und schreiben, oder?« Anne nickte.
    »Dann los.« Vane deutete auf Federkiel und Tintenfass, die auf einem kleinen Tisch standen. Anne hatte Mühe, die Schrift zu entziffern. Fettflecken, verschmierte Tinte, Risse und Knicke erschwerten die Lektüre.
    Anne überflog die ersten sieben Paragraphen. Sie regelten die Strafen an Bord für Vergehen wie Diebstahl, Ungehorsam und Feigheit vor dem Feind.
    Beim achten Artikel des Vertrages las sie unwillkürlich laut: Für einen verlorenen rechten Arm gibt es 600 Achter oder sechs Sklaven, für den linken Arm 500 Achter oder fünf Sklaven. Für ein verlorenes rechtes Bein 500 Achter oder fünf Sklaven, ein linkes 400 Achter oder vier Sklaven. Für ein verlorenes Auge gibt es ebenso viel wie für einen Finger, 100 Achter oder einen Sklaven. Ein steifer Arm wird ebenso hoch bewertet wie ein verlorener. Für eine Wunde im Leib, aus der Eiter mit einer Röhre abgesaugt werden muss, gibt es 500 Achter oder fünf Sklaven.
    Anne stutzte und wandte sich um.
    »So viele Sklaven, die müssen dann ja alle an Bord verpflegt werden?« Sie sah den Kapitän fragend an.
    »Nein, die Sklaven gibt es nur dann, wenn sich einer entschließt, nicht mehr zur See zu fahren. Hier an Bord haben die nichts zu suchen«, antwortete Vane. Anne fuhr fort:
    » Artikel 9: Sollte ein Mann einer ehrbaren Frau begegnen und sich ihr ohne ihr Einverständnis nähern, wird er mit dem Tode bestraft.

    Artikel 10: Männer, die an Bord um Geld spielen, höher als ein Achterstück, werden erschossen oder ausgesetzt.
    Artikel 11: Jeder Mann hat ein Anrecht auf frischen Proviant und Alkohol, wann immer dieses ausgegeben wird. Wer sich betrinkt und Streit anfängt, bekommt keinen Alkohol mehr.
    Artikel 12: Wer Beute im Wert von mehr als einem Achter bei sich behält und nicht binnen 24 Stunden beim Quartiermeister abgibt, wird so bestraft, wie es Kapitän und Mannschaft für richtig halten.
    Artikel 13: Wer ein Segel zuerst sieht, soll die beste Waffe an Bord des gekaperten Schiffes als Belohnung erhalten.
    Artikel 14: Wenn im Kampf ein Gegner um Pardon bittet, muss es gewährt werden.
    Artikel 15: Die Musiker haben samstags frei, an den anderen Tagen müssen sie spielen, wann immer es gefordert wird.
    Artikel 16: Kämpfe an Bord sind verboten, Duelle nur an Land erlaubt.
    Artikel 17: Wer heimlich eine Frau an Bord bringt, wird mit dem Tode bestraft.«
     
    Während sie las, stand Vane dicht hinter ihr. Anne spürte seinen Atem im Nacken und bekam eine Gänsehaut. Schnell griff sie zur Feder und unterschrieb. Das Verbot, Frauen an Bord zu bringen, machte ihr Sorgen, doch sie beruhigte sich mit dem Gedanken, dass es immerhin der Kapitän und sein Quartiermeister, also die beiden mächtigsten Männer auf dem Schiff waren, die sie auf die Treasure geholt hatten.
    »So und jetzt melde dich bei Mr. Rackham«, entließ der Kapitän sie.
    Calico Jack stand am Bug und überprüfte das Tauwerk.
    »Hab schon auf dich gewartet. Als Erstes zeige ich dir das Schiff, und dann geht’s an die Arbeit.« Anne folgte ihm unter Deck. Es war bedrückend eng. Anders als Rackham, der den Kopf einziehen musste, konnte sie eben aufrecht gehen. Jede noch so kleine Ecke war vollgestopft mit Ersatzteilen, Werkzeug und Waffen. Alles war mit Tauen festgezurrt, damit die Ladung im Falle eines Sturmes nicht verrutschte, das Schiff aus dem Gleichgewicht und schlimmstenfalls sogar zum
Kentern brachte. Je weiter sie in das Innere des Rumpfes vordrangen, umso erbärmlicher war der feuchtwarme Gestank, der in Annes Nase drang. Eine Mischung aus Schweiß, Urin, Kot und verfaulten Lebensmitteln waberte durch den Schiffsbauch.
    Calico zeigte ihr die Kanonen, die Geschützpforten und vor allem das Vorratsdeck. Hier lagerte Wasser, Bier und Rum in großen Fässern.
    »Pures Wasser und Bier halten bei diesen Temperaturen meistens nicht lange, deswegen versetzen wir es mit Rum. Obst und Fleisch müssen schnell gegessen werden, faulen uns sonst unter den Augen weg, und am Ende bleibt oft nur hartes

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