Königin der Piraten
erkannte Maeve, in welch missliche Lage sie sich gebracht hatte. »Oh, verdammt.« Sie versuchte, die schwere Klinge aus dem Holz zu ziehen, doch das Schwert saß fest. Sie umklammerte den Griff und wollte die Waffe auf und ruckeln - vergeblich. Der Schweiß trat ihr auf die Stirn, und sie lief feuerrot an. »Oh, verdammt!«
Gray rieb sich das Kinn, als wollte er ein Grinsen verbergen. »Braucht Ihr Hilfe, Majestät?«
»Wage es zu lachen, und ich ramme dir dieses Ding in den ...«
»Na, na, na, Maeve, so etwas sagt eine Monarchin doch nicht.«
»Du findest das wohl komisch, was?« Maeve stemmte den nackten Fuß gegen die Sitzfläche des Stuhls, packte das Entermesser und zog mit aller Kraft daran, sodass ihre Röcke mit jedem Ruck um sie herumschwangen. »Himmelherrgott! Verfluchte ...«
»Warte.« Gray legte den Hut auf den Tisch und stand auf, groß und gut aussehend wie immer. Er stieß fast an die Decke über seinem Kopf - und er grinste boshaft. »Lass mich mal.«
»Ich kann das selbst, verdammt!«
Gray zog zweifelnd eine Augenbraue nach oben, schob Maeve mit dem Körper beiseite, hob den Stuhl hoch - und ließ ihn krachend auf den Boden niedersausen, dass die Holzstücke nur so flogen und das Entermesser scheppernd hinunterfiel. Dann bückte er sich, hob die schwere Klinge auf und überreichte sie Maeve mit einer schwungvollen Verbeugung, so galant, wie er es als edler Ritter des Bath-Ordens nur vermochte.
»Euer Schwert, Majestät.«
Da war wieder das unverschämte Grinsen mit dem Grübchen am Kinn, das sie inzwischen so gut kannte. Gedemütigt warf sie einen Blick auf den immer noch reglosen Colin Lord und riss Gray dann das Entermesser aus der Hand.
»Danke.«
»Gern geschehen.«
»Ich ... ersetze dir den Stuhl.«
»Das ist nicht nötig.«
»Doch, ich bestehe darauf.«
»Ich habe gesagt, das ist nicht nötig.« Grays Mund verzog sich zu einem feinen, anerkennenden Lächeln, als er Maeves weibliche Aufmachung musterte. »Es gibt andere, ebenso gute Möglichkeiten, mich dafür zu entschädigen.« Sein Lächeln wurde träger, schmachtender, glutvoller. »Bessere sogar.«
Er machte einen Schritt auf sie zu.
Maeve wich zurück.
Er kam näher.
Sie reckte die Brust vor und zwang sich, stehen zu bleiben.
Dann streckte Gray die Hand aus, nahm ihr das Entermesser aus der plötzlich erschlafften Hand und legte es betont vorsichtig auf den Tisch neben seinen Hut. Er nahm ihre Ellbogen, ließ die Hände an ihren Armen hinaufwandern, und als er sie zu sich zog, spürte sie, wie ihr Widerstand bröckelte, wie sie dahinschmolz und ihr Herz ihm zuflog. »Oh, Gray«, murmelte sie und schmiegte sich verzweifelt und dankbar zugleich an ihn, wie ein verloren gegangenes Kind, das man wiedergefunden hatte.
Er küsste sie leidenschaftlich, vergrub eine Hand in ihrem Haar und schlang den anderen Arm fest um ihre Taille. Maeve reckte sich ihm entgegen, klammerte sich an ihn und ließ ihre Zunge mit seiner spielen. Am liebsten hätte sie geweint vor Dankbarkeit, dass er verschont worden war. Endlich löste sie sich mit verschwommenem Blick von ihm.
»Mir ist noch nie etwas so schwer gefallen, wie dich zu verlassen, obwohl dir die Schlacht mit Villeneuve bevorstand. Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen. Ich hätte nie geglaubt, dass du gegen so viele Schiffe eine Chance haben könntest ...«
Gray schob sie ein Stückchen von sich, um ihr in die Augen zu sehen. Er grinste amüsiert. »Aber, aber, meine Liebe«, sagte er leise. »Hast du etwa so wenig Vertrauen in meine Fähigkeiten?«
»Um Himmels willen, Gray. Ich habe schon gehört, was du getan hast - du hättest tot sein können!«, fuhr Maeve ihn an.
»Und du hättest mich meinem Schicksal überlassen können.« Mit den Daumen strich Gray ihr das Haar von den Schläfen zurück, und sein dunkler Blick wurde vor Staunen ganz weich. »Und doch ...«
»Und doch was?«
»Bist du zu mir zurückgekommen«, sagte Gray sanft.
»Na ja, ich ...« Maeve senkte den Kopf, weil sie bestimmt knallrot im Gesicht war. »Mir ist klar geworden, dass ich wegen dieser ... dieser Frau etwas übereilt gehandelt habe.«
»Du hast getan, was dir am besten erschien.«
Ruckartig hob Maeve den Kopf und funkelte Gray herausfordernd an. »Du denkst also nicht, dass ich mich wie eine verdammte Närrin benommen habe?«
»O doch, durchaus, Majestät.« Lächelnd drückte Gray ihr einen Kuss auf die Stirn. »Aber ich liebe Euch trotzdem.«
Als Maeve hinter sich einen leisen
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